Absenkung der Raumtemperatur in den Betriebsräumlichkeiten
Worum geht es?
Seit dem 01.09.2022 gilt die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSikuMaV) – zunächst bis zum 28.02.2023. Diese sieht insbesondere vor, dass öffentliche Gebäude und Büros in der kommenden Heizperiode nur bis maximal 19 Grad Celsius beheizt werden dürfen. Was aber gilt bei privaten Unternehmen?
Welche Spielregeln gibt es?
- Aus den Regelungen zum Arbeitsschutz ergibt sich, welche Temperaturen in Werkstätten, Büros oder Lagerhallen angemessen sind. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) fordert für Arbeitsräume „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperaturen“. Belastungen durch Hitze, aber auch durch Kälte sind zu vermeiden. Diese Anforderung wird durch die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ (ASR) für Raumtemperatur konkretisiert.
- Als untere Schwelle sehen die ASR konkrete Mindestwerte vor: Je nach Schwere der Tätigkeit betragen sie zwischen 12 und 20 Grad Celsius. Der höchste Wert, 20 Grad, gilt als Mindesttemperatur für „leichte Arbeit“, also beispielsweise bei ruhigem Sitzen und gelegentlichem Gehen im Büro. 12 Grad sind nötig, wenn es um harte körperliche Arbeiten geht.
- Die am 01.09.2022 in Kraft getretene Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) schreibt, je nach Art und Schwere der Tätigkeit, Höchsttemperaturen vor, die nicht überschritten werden dürfen. Verpflichtend sind diese Temperaturen jedoch nur für öffentliche Arbeitgeber oder wenn die Betriebsräume in öffentlichen Gebäuden liegen. Ein Gebäude ist öffentlich, wenn es im Eigentum oder in der Nutzung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts steht.
- Private Arbeitgeber in privaten Betriebsräumen sind an diese Höchsttemperaturen nicht gebunden. Jedoch dürfen sie für die Geltungsdauer der Verordnung (bis 28.02.2023) die Mindesttemperaturen der ASR bis zu den Höchsttemperaturen der Verordnung unterschreiten. D.h. private Unternehmen haben die Wahl! Diese Ausnahme gilt ausschließlich für Arbeitsräume, nicht aber Toiletten- oder Pausenräume. Hier sollte die Temperatur wenigstens 21 Grad betragen. In Waschräumen, in denen Duschen installiert sind, sollen es während der Nutzungsdauer sogar mindestens 24 Grad sein.
- Um Energie zu sparen, sind übergangsweise folgende Mindesttemperaturen im Büro zulässig
- für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit 19 Grad Celsius,
- für körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 18 Grad Celsius,
- für mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeit 18 Grad Celsius und
- für mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 16 Grad Celsius betragen.
- Selbst wenn am Arbeitsplatz eine – nach dem Empfinden einzelner Beschäftigter – zu niedrige Temperatur herrscht, dürfen Beschäftigte nicht einfach die Arbeit verweigern. Ein Leistungsverweigerungsrecht ist erst gegeben, wenn die Verstöße gegen den Arbeitsschutz schwerwiegend sind, also ein konkretes, erhebliches Gesundheitsrisiko für die Beschäftigten ohne Abhilfemöglichkeit besteht. Eine solche Abhilfe könnte jedoch schon das Tragen eines warmen Pullovers sein.
Was ist bei der Umsetzung zu beachten?
Entschließt sich ein Arbeitgeber, die Raumtemperatur im Büro auf 19 Grad zu senken, kann dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zustehen. Das gilt insbesondere, wenn die Gesundheit der Arbeitnehmer betroffen ist (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) oder wenn das Energiemanagementsystem abstrakt dazu geeignet ist, Verhalten und Leistung der Beschäftigten zu kontrollieren (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG).
Praxistipp Viele Beschäftigte sind bereit, Energie zu sparen. Diese Bereitschaft sollten Unternehmen nutzen. |
Die Rechtsprechung wird für Sie aufgearbeitet von Frau Dr. Felisiak von ADVANT Beiten Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH.