Befristungsrecht: Eingescannte Unterschrift des Geschäftsführers reicht nicht für Schriftformerfordernis
Befristete Einstellungen sind in Deutschland weit verbreitet, da sie Arbeitgebern (noch) die Möglichkeit einer gewissen Flexibilität geben. Dennoch stehen die Befristungsmöglichkeiten im Spannungsverhältnis mit dem Fachkräftemangel und dem Kampf um „Talents“. Manchmal muss es daher mit der Vertragsunterzeichnung schnell gehen.

Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.03.2022 – 23 Sa 1133/21
Befristete Einstellungen sind in Deutschland weit verbreitet, da sie Arbeitgebern (noch) die Möglichkeit einer gewissen Flexibilität geben. Dennoch stehen die Befristungsmöglichkeiten im Spannungsverhältnis mit dem Fachkräftemangel und dem Kampf um „Talents“. Manchmal muss es daher mit der Vertragsunterzeichnung schnell gehen.
Die Digitalisierung ist in vielen Bereichen auf dem Vormarsch – nicht so aber, wenn es um die Wahrung des Schriftformerfordernisses von befristeten Verträgen geht. Das LAG Berlin-Brandenburg stellt klar, dass eine eingescannte Unterschrift nicht den Anforderungen an das für eine Befristungsabrede erforderliche Schriftformerfordernis genügt. Dies gilt selbst dann, wenn die Unterschrift des Arbeitgebers eingescannt wurde und das Vertragsverhältnis nur ein paar Tage andauern soll.
Worum geht es?
§ 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) regelt das Schriftformerfordernis, um das es in dem entschiedenen Fall ging und stellt klar, dass jede Befristung eines Arbeitsverhältnisses zu ihrer Wirksamkeit einer vorherigen, schriftlichen Befristungsabrede bedarf.
Der Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses bei befristeten Arbeitsverträgen besteht darin, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Beweisführung im Falle eines Streits der Arbeitsvertragsparteien über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristung zu erleichtern. Es ließe sich daher argumentieren, dass dies auch durch eine eingescannte Unterschrift erreicht werden kann und alles andere nicht mehr zeitgemäß wäre.
Die Arbeitsgerichte waren aber schon bisher in Bezug auf die Einhaltung der Schriftform sehr streng. Dies gilt auch für den Zeitpunkt der Beachtung der Schriftform. So ist anerkannt, dass eine nur mündlich getroffene Befristungsvereinbarung auch nicht durch eine nach Vertragsbeginn erfolgte schriftliche Niederlegung der Befristung rückwirkend wirksam wird, selbst wenn diese nur eine logische Sekunde nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgt. Wie die aktuelle Entscheidung bestätigt, gilt der strenge Maßstab der Rechtsprechung aber auch für die Frage der Schriftform selbst.
Der Sachverhalt
Die Klägerin war für ein Unternehmen des Personalverleihs tätig. Zwischen den Parteien wurden über mehrere Jahre mehr als 20 kurzzeitig befristete Arbeitsverträge geschlossen. Diese bezogen sich jeweils auf die anstehende ein- oder mehrtätige Tätigkeit, zuletzt auf eine mehrtätige Tätigkeit als Messehostess. Es war gängige Praxis, dass die Klägerin jeweils einen auf diese Tage befristeten Arbeitsvertrag mit einer eingescannten Unterschrift des Geschäftsführers des Personalverleihers eigenhändig unterschrieb und anschließend im Original per Post an den Personalverleiher zurücksandte.
Die Arbeitnehmerin machte die Unwirksamkeit der Befristung des letzten Arbeitsvertrags gerichtlich geltend. Sie war der Ansicht, diese sei wegen eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam.
Der Arbeitgeber war hingegen der Meinung, dass es für die Wahrung der Schriftform nicht erforderlich sei, dass dem Arbeitnehmer eine schriftliche Annahmeerklärung des Arbeitgebers im Original zugehe. Auch sei es rechtsmissbräuchlich und stelle einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar, dass die Arbeitnehmerin einen Mangel der Schriftform nun rüge, nachdem sie dies bei den 24 zuvor in gleicher Weise abgeschlossenen Verträgen nicht getan habe.
Die Entscheidung
Das LAG Berlin-Brandenburg gab jedoch der Arbeitnehmerin Recht und entschied, dass die Befristung mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam ist.
Das Schriftformerfordernis nach § 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sei gewahrt, wenn der Aussteller durch eigenhändige Namensunterschrift unterzeichne. Auch könne die Schriftform durch die elektronische Form grundsätzlich ersetzt werden. Erforderlich sei dann, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werde. Eine eingescannte Unterschrift genüge dem Schriftformerfordernis nicht.
Der Geschäftsführer hatte den Vertrag weder eigenhändig unterschrieben noch mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Eigenhändigkeit ist bei einer mechanischen Vervielfältigung der Unterschrift, etwa als Scan, nicht gegeben. Auch genügt die eingescannte Unterschrift nicht den Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur. Die Befristung kann auch nicht durch eine spätere eigenhändige Unterzeichnung wirksam werden. Im Übrigen habe sich die Arbeitnehmerin weder rechtsmissbräuchlich noch treuwidrig verhalten. Ihrer Klage stehe nicht entgegen, dass sie die Vertragspraxis bei den 24 vorherigen Befristungsabreden nicht gerügt hat. Ein arbeitgeberseitiges Vertrauen in eine solche nicht rechtskonforme Praxis sei nicht schützenswert. Das Arbeitsverhältnis bestehe aufgrund der unwirksamen Befristungsabrede bis zum Ablauf der Kündigungsfrist durch die zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung fort.
Was bedeutet das?
Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutsamkeit der Einhaltung von Formerfordernissen. Anders als Arbeitsverträge, die grundsätzlich ohne die Wahrung besonderer Formvorschriften wirksam vereinbart werden können, setzt die wirksame Befristungsabrede die Schriftform voraus. Ist die Befristung mangels Schriftform unwirksam, hat dies zur Folge, dass der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Wie die Entscheidung zeigt, besteht auch keine Ausnahme, wenn es an der fehlenden Schriftform von Seiten des Arbeitgebers fehlt.
Handlungsempfehlung Arbeitgeber sollten dieses Urteil zum Anlass nehmen, die gängige Praxis hinsichtlich befristeter Arbeitsverträge zu überprüfen und sicherzustellen, dass die strengen Formvorschriften eingehalten werden. Die Unterzeichnung durch beide Parteien muss grundsätzlich auf derselben Urkunde erfolgen. Zu beachten ist, dass die unterzeichnete Befristungsabrede dem Erklärungsempfänger vor Vertragsbeginn zugehen muss. Der gesamte Inhalt der Befristungsabrede muss durch die Unterschriften beider Parteien gedeckt sein. Zudem erfordert die Schriftform die Unterzeichnung mit vollständiger Namensunterschrift. Es ist nicht abschließend geklärt, ob die qualifizierte elektronische Signatur dem Formerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG genügt. In der Fachliteratur wird dies teilweise abgelehnt. Bundesweit sind zahlreiche Klagen anhängig, die die Wirksamkeit von Befristungsabreden mit qualifizierten elektronischen Signaturen zum Gegenstand haben. Das LAG hat die qualifizierte elektronische Signatur neben der eigenhändigen Unterzeichnung als formwahrend angesehen. Höchstrichterliche Rechtsprechung existiert aktuell aber noch nicht. Als rechtssicherstes Vorgehen ist daher die beiderseitige Unterzeichnung durch eigenhändige Namensunterschrift zu empfehlen. |
Die Rechtsprechung wird für Sie aufgearbeitet von Frau Dr. Felisiak von ADVANT Beiten Steuerberatungsgesellschaft GmbH
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