Corona-Schnelltests – Was Arbeitgeber beachten sollten
Deutschland befindet sich mitten in der 3. Welle der Corona-Pandemie. Eine betriebliche Testpflicht könnte ein politisches Instrument im Kampf gegen die Pandemie sein. Aber auch ohne politischen Druck hatten viele Arbeitgeber bereits die Idee, Corona-Schnelltests im Betrieb anzubieten.
Deutschland befindet sich mitten in der 3. Welle der Corona-Pandemie. Eine betriebliche Testpflicht könnte ein politisches Instrument im Kampf gegen die Pandemie sein. Aber auch ohne politischen Druck hatten viele Arbeitgeber bereits die Idee, Corona-Schnelltests im Betrieb anzubieten. Oftmals handelt es sich dabei – bis jetzt – um ein freiwilliges Testangebot. Aktuell berichten mehrere Dax-Unternehmen, dass die freiwillige Testkampagne aufgrund von Lieferschwierigkeiten verzögert anläuft.
Insbesondere in Betrieben, in denen Homeoffice keine Alternative ist (z. B. Produktionsbetrieb) oder in denen die Mitarbeiter Kundenkontakt (z. B. Einzelhandel) haben, könnten Corona-Schnelltests eine gute Lösung für alle Seiten sein. Hierfür kann sowohl der Schutz der Mitarbeiter und der Kunden als auch die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs ein ausschlaggebendes Motiv sein.
Ausgangslage und Corona-Arbeitsschutzverordnung
Die aktuelle Infektionslage in Deutschland ist überaus dynamisch und wird von Experten als kritisch bewertet. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber auf Schnelltests zurückgreifen können bzw. müssen.
Bislang sieht die „Corona-Arbeitsschutzverordnung“ (noch) keine Regelungen zu Corona-Schnelltests vor. Vielmehr sind hierin unter anderem die inzwischen weitläufig bekannten Abstandsregelungen, das Tragen eines Mund-Nasen-Nasen-Schutzes sowie weitere Hygienemaßnahmen vorgesehen. Zudem müssen die Arbeitsräume regelmäßig gelüftet werden, 10 qm pro Person zur Verfügung stehen, wenn die Tätigkeit dies zulässt und in Betrieben ab 10 Beschäftigten möglichst kleine und feste Arbeitsgruppen gebildet werden. Diese Regelungen gelten noch bis zum 30.04.2021, wobei eine Verlängerung sehr wahrscheinlich ist.
Betriebliche Tests sollen – vor dem Hintergrund der Virusmutationen und der noch geringen Impfquote – flächendeckend Teil der Pandemiebekämpfung werden. Eine bundesweite Regelung gibt es hierzu jedoch (noch) nicht, da auf den letzten Corona-Gipfeln keine diesbezügliche Einigung erzielt werden konnte.
Arbeitsrechtlicher Hintergrund
Ohne gesetzliche Grundlage kommt es auf die allgemeinen Grundsätze an. Als Rechtsgrundlage für eine Testpflicht kommen unterschiedliche Rechtsnormen in Betracht. Unter anderem wird das Infektionsschutzgesetz (IfSG) – genauer §§ 28 und 29 IfSG in diesem Zusammenhang diskutiert.
Die Anspruchsgrundlage des § 29 IfSG gewann durch ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) München vom 02.03.2021 an Aufmerksamkeit. Der VGH München entschied darin, dass die Testpflicht für Alten- und Pflegeheime nicht mit § 29 IfSG gerechtfertigt werden kann. Offengelassen hatte das Gericht jedoch, ob die Rechtfertigung zur Einführung einer Testpflicht auf eine andere Rechtsgrundlage – beispielsweise § 28 und § 28a IfSG – gestützt werden kann.
Weitere Rechtsgrundlage könnte § 3 Arbeitsschutzgesetz (ggf. in Verbindung mit § 618 BGB) sein. Dort ist geregelt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Entsprechend kommt es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die damit korrespondierende Präventionspflicht des Arbeitgebers an.
In Konstellationen, in denen Mitarbeiter viel Kundenkontakt haben oder die Regelungen der aktuellen Corona-Arbeitsschutzverordnung (z. B. regelmäßiges Lüften in der Produktionshalle) aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten nicht umsetzbar sind, ist es denkbar, dass Arbeitgeber die Durchführung eines Corona-Schnelltests anordnen können. Jedenfalls, wenn keine anderen geeigneten Schutzmaßnahmen getroffen werden können.
Um eine Testpflicht zu etablieren, bedarf es – jedenfalls bis zu einer gesetzgeberischen Umsetzung – stets einer Interessenabwägung. Vor dem Hintergrund des Präventionsgedankens sind die Schnelltests daher nur so lange erforderlich, bis das Infektionsgeschehen durch andere Maßnahmen beherrschbar wird. Ab einer gewissen Impfquote der Mitarbeiter könnte dies obsolet werden.
Datenschutzrechtliche Vorgaben bei Schnelltests
Neben den arbeitsrechtlichen sind auch die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. Das Durchführen von Schnelltests stellt eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten dar. Das bedeutet, dass Arbeitgeber eine Rechtsgrundlage vorweisen müssen, damit die Datenverarbeitung rechtmäßig ist.
Eine abschließende Empfehlung der Landesdatenschutzbeauftragten ist bisher nicht ersichtlich. Aus diesem Grund sind folgende datenschutzrechtliche Vorgaben zu beachten:
Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten regelt § 26 Abs. 3 BDSG. Demnach ist die Verarbeitung von Gesundheitsdaten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Darüber hinaus regelt auch § 22 Abs. 1 lit b) BDSG, dass zum Zweck der Gesundheitsvorsorge und für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten eine Datenerhebung zulässig sein kann. Nach Auffassung der Autoren kann die Durchführung von Schnelltests nach erfolgter und dokumentierter Interessenabwägung auf die genannten Normen gestützt werden. Der Zweck, einen solchen Schnelltest durchzuführen, dient dazu, die Pandemie einzudämmen und andere Mitarbeiter oder z. B. Kunden vor Ansteckung am Arbeitsplatz zu schützen. Darüber hinaus ist es denkbar, dass die Betriebsparteien eine entsprechende Betriebsvereinbarung abschließen, da auch diese als datenschutzrechtliche Erlaubnisgrundlage herangezogen werden kann.
Auch im Rahmen des Datenschutzes ist eine Interessensabwägung vorzunehmen, ob es andere Möglichkeiten des Gesundheitsschutzes gibt, die die Rechte der Arbeitnehmer weniger beeinträchtigen als ein Schnelltest. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verpflichtet diesen zum Gesundheitsschutz und muss diesen für alle Beschäftigen sicherstellen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber Ansteckungen mit dem Virus und möglicherweise schwerwiegende Verläufe verhindern muss.
Die Durchführung eines solchen Schnelltests muss datenschutzrechtlichen Anforderungen genügen. Hierzu zählt u. a., dass der Test in einer vertraulichen Umgebung durchgeführt wird. Es ist zu empfehlen, die Schnelltests zu Hause durchführen zu lassen, denn dann haben Unternehmen keine gesonderten Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Das Testergebnis ist vertraulich zu behandeln. Dennoch sollte das tagesaktuelle Testergebnis dokumentiert werden. Hierfür bestehen am Markt bereits Anbieter und Vorgehensweisen, die auch datenschutzrechtlich zulässig sind. Die Testergebnisse sollten von Arbeitgebern ausschließlich für die Zugangskontrolle verwendet werden. Sofern die Testergebnisse auch zu anderen Zwecken verwendet werden (können), ist hierfür eine eigenständige Rechtsgrundlage erforderlich. Aktuell haben Schnelltestanbieter Möglichkeiten entwickelt, sodass Testergebnisse zum Beispiel auch zum Einkaufen usw. verwendet werden können. Hierfür ist die Nutzung einer App-Anwendung sowie eine entsprechende Registrierung erforderlich. Arbeitgeber können die Schnelltests aber auch analog am Werkstor durchführen. Hier kommt es auf die logistischen Voraussetzungen vor Ort an.
Sofern ein Test positiv ist, sollte der Mitarbeiter umgehend einen Arzt aufsuchen und einen PCR-Test durchführen lassen. Die Weitergabe eines Testergebnisses durch den Arbeitgeber – auch an ein Gesundheitsamt – sollte unterbleiben.
Fazit
Aktuell besteht bislang keine sichere Rechtsgrundlage dafür, dass betriebliche Soforttests angeordnet werden können. Die Autoren plädieren dafür, dass der Gesetzgeber hier die Gesetzeslage an die Pandemielage anpasst und entsprechende Rechtsgrundlagen schafft. Das derzeitige Restrisiko darf nicht zulasten der Arbeitgeber bestehen bleiben. Aus datenschutzrechtlicher Sicht sollte ebenfalls eine Klarstellung durch den Gesetzgeber erfolgen, dass Schnelltest unter den aktuellen Bedingungen und bei Einhalten der datenschutzrechtlichen Grundsätze möglich ist. Verweigern Arbeitnehmer die Durchführung eines Schnelltests, kann ihnen der Zutritt zum Arbeitsplatz verweigert werden, sodass der Vergütungsanspruch entfällt.
Autoren: Dr. Michaela Felisiak, Rechtsanwältin, LL.M. und Dr. Dominik Sorber
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