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EuGH-Urteil: Abberufung von Datenschutzbeauftragten aus wichtigem Grund möglich

Der EuGH hat diese Woche über diverse Vorlagefragen des BAG zu betrieblichen Datenschutzbeauftragten entschieden. Mit Spannung wurde die Entscheidung erwartet, da es um die Frage der rechtmäßigen Abberufung eines internen Datenschutzbeauftragten ging. Die erhoffte Klarheit bleibt jedoch auch nach dem EuGH-Urteil aus. Wie immer, kommt es auf die Details des Einzelfalls an.

AllgemeinArbeitsrecht
Lesezeit 3 Min.
Eine Ansammlung von Buchstabenplättchen, die auf einer Holzoberfläche so angeordnet sind, dass sie zwei zusammengesetzte Wörter bilden: oben „datenschutzbeauftragter“ und unten aufgeschlüsselt „beauftragter“.
Foto: © stock.adobe.com/Barfuß Pictures

Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 09.02.2023 – C-453/21 und C-560/21

Worum geht es?

Interne Datenschutzbeauftragte genießen einen umfassenden Bestandsschutz. Bereits 2022 hatte der EuGH zu der Frage entschieden, ob der deutsche Sonderkündigungsschutz des internen Datenschutzbeauftragten mit dem Unionsrecht vereinbar ist und diese Frage letztlich bejaht. Das nun ergangene Urteil ergänzt die bisherige Rechtsprechung des EuGH zur starken Rechtsstellung eines Datenschutzbeauftragten.

Konkret ging es um die Frage, ob ein Interessenkonflikt vorliegt, der wiederum eine Abberufung rechtfertigt, wenn der interne Datenschutzbeauftragte noch ein anderes Amt (hier: Betriebsratsvorsitzender) ausübt. Deutsche Arbeitsgerichte verneinen dies seit längerem.

Der Sachverhalt

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in zwei ähnlich gelagerten Fällen (9 AZR 383/19 und 9 AZR 621/19) darüber zu entscheiden, ob ein interner Datenschutzbeauftrager rechtmäßig abberufen wurde.

In dem einen Fall begründete das Unternehmen die Abberufung damit, dass der Datenschutzbeauftrage zugleich Betriebsratsvorsitzender war und die beiden Ämter aufgrund möglicher Interessenkonflikte nicht miteinander vereinbar seien. In dem anderen Fall erfolgte die Abberufung mit der Argumentation, dass die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter mit der sonstigen beruflichen Tätigkeit einen Interessenkonflikt darstelle.

Die Vorinstanzen gaben dem Kläger Recht und lehnten das Vorliegen eines wichtigen Grundes, den es aufgrund der deutschen Regelungen zur Abberufung braucht, ab. Das BAG wandte sich hingegen an den EuGH. Im Wesentlichen wollte das BAG wissen, ob die europäische Datenschutzverordnung (DSGVO) einer strengeren nationalen Regelung zur Abberufung eines Datenschutzbeauftragten entgegensteht.

Nach der DSGVO kann ein Datenschutzbeauftragter nämlich nicht aus Gründen abberufen werden, die sich auf die Erfüllung seiner Aufgaben beziehen (Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO). Das deutsche Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geht allerdings noch weiter und lässt eine Abberufung nur aus wichtigem Grund zu. Das BDSG verweist insoweit auf die Regelung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zur Kündigung aus wichtigem Grund (§ 6 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 626 BGB).

Die Entscheidung

Der EuGH entschied, dass die Regelungen der DSGVO einer strengeren nationalen Regelung nicht entgegenstehen. Im Hinblick auf einen möglichen Interessenkonflikt i. S. d. Art. 38 Abs. 6 DSGVO stellte der EuGH fest, dass ein Datenschutzbeauftragter grundsätzlich auch andere Aufgaben und Pflichten wahrnehmen kann. Jedoch müsse die funktionelle Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten weiterhin gewährleistet sein. Daraus folge, dass einem Datenschutzbeauftragten keine Aufgaben oder Pflichten übertragen werden dürfen, die ihn dazu veranlassen würden, die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten bei dem Verantwortlichen festzulegen. Denn der Datenschutzbeauftragte müsse die Überwachung dieser Zwecke und Mittel unabhängig durchführen. Ob dies der Fall sei, müsse das nationale Gericht im Einzelfall selbst überprüfen.

 Was heißt das?

Der EuGH hat festgestellt, dass die nationalen Vorschriften des BDSG grundsätzlich mit Unionsrecht und speziell mit der DSGVO vereinbar sind. Jedoch muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob durch die Abberufung des Datenschutzbeauftragten die Ziele der DSGVO gefährdet sind. Liegt ein Interessenkonflikt vor, so dürfte eine Abberufung zulässig sein.

Nicht klar ist, ob ein Interessenkonflikt bei der Wahrnehmung von zwei Ämtern vorliegt. Ob ein Betriebsratsmitglied in Personalunion die Stellung des Datenschutzbeauftragten einnehmen kann, ist eine Frage des Einzelfalles.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Betriebsrat bei der Datenverarbeitung in der Regel ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat, das ebenfalls das konkrete Mittel der Datenverarbeitung umfasst. Aus diesem Grund sprechen gute Argumente für das Vorliegen eines Interessenkonflikts. Insoweit bleibt mit Spannung abzuwarten, wie das BAG in den beiden rechtshängigen Verfahren entscheiden wird.

Handlungsempfehlung

Arbeitgeber, die einen Datenschutzbeauftragten abberufen möchten, sollten die rechtlichen Voraussetzungen im Vorfeld genau prüfen, da der Teufel hier im Detail steckt. Die Hürde für das Vorliegen einer rechtmäßiger Abberufung ist hoch.

Soweit Unternehmen noch vor der Frage stehen, ob sie einen internen oder einen externen Datenschutzbeauftragten bestellen, zeigt diese Entscheidung einmal mehr, dass eine externe Vergabe des Amts vorzugswürdig erscheint.

Die Rechtsprechung wird für Sie aufgearbeitet von Frau Dr. Felisiak von ADVANT Beiten Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH.

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