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Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) stehen weitreichende Veränderungen bevor, die die Dynamik des deutschen Arbeitsmarktes nachhaltig beeinflussen werden. Diese Gesetzgebung öffnet die Türen für internationale Fachkräfte und setzt neue Impulse für die Arbeitswelt.

AllgemeinArbeitsrecht
Lesezeit 5 Min.
Eine Person, die mit einer schwebenden digitalen Darstellung des Abschnittszeichens oder der Absatzmarke (§) interagiert, die rechtliche oder abschnittsbasierte Informationen im Personalmanagement symbolisiert, umgeben von abstrakten verbundenen Punkten und Linien, die auf ein Netzwerk hinweisen
Foto: © adobe.stock/vegefox.de

Die neue Blaue Karte EU ab November 2023

In Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie (EU) 2021/1883 hat der deutsche Gesetzgeber die Einwanderungsmöglichkeiten mit einer Blauen Karte EU neu gestaltet und erweitert und die Gehaltsschwellen noch einmal angepasst.

Fachkräftesäule

Im Rahmen der Fachkräftesäule wurden zahlreiche Maßnahmen getroffen, mit denen die Einwanderung von qualifizierten Fachkräften erleichtert werden soll. In Bezug auf die sogenannte Blaue Karte EU, einen speziellen Aufenthaltstitel für hochqualifizierte Fachkräfte mit Hochschulabschluss, sind ab dem 01.11.2023 die Anforderungen und insbesondere die hierfür erforderliche Mindestgehaltsgrenze spürbar abgesenkt worden. Auch IT-Fachkräfte ohne Hochschulabschluss können von nun an unter bestimmten Voraussetzungen eine Blaue Karte EU erhalten.

Darüber hinaus ist für Besitzer einer Blauen Karte EU der Arbeitgeberwechsel, der Familiennachzug sowie die Erlaubnis zum dauerhaften Aufenthaltsrecht in der EU erleichtert worden. Voraussetzungen sind neben einem Hochschulabschluss ein Arbeitsvertrag mit einem bestimmten Mindestbruttogehalt. Dabei wird zwischen sogenannten Engpassberufen, wie etwa IT-Spezialisten, und anderen Berufsgruppen unterschieden. Für Engpassberufe wird das Mindestgehalt ab November von 52 Prozent auf 45,3 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung gesenkt (im Jahr 2023 von 45.552 Euro auf 39.682,80 Euro). Zudem wird der Personenkreis für die Blaue Karte EU erweitert, und es können jetzt zum Beispiel Lehr- und Erziehungskräfte oder auch Führungskräfte in der Warenproduktion die Blaue Karte EU erhalten.

Erfahrungssäule

Wer mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen im Herkunftsland staatlich anerkannten Berufsabschluss hat, kann als Arbeitskraft einwandern. Der Berufsabschluss muss künftig nicht mehr in Deutschland anerkannt sein.

Potenzialsäule

Neu ist zudem eine Chancenkarte zur Arbeitssuche, die auf einem Punktesystem basiert. Zu den Auswahlkriterien gehören Qualifikation, Deutsch- und Englischkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug, Alter und mitziehende Lebens- oder Ehepartner.

IT-Spezialistinnen und -Spezialisten: Neu ist zudem, dass IT-Spezialistinnen und -Spezialisten künftig eine Blaue Karte EU erhalten können, wenn sie zwar keinen Hochschulabschluss besitzen, aber mindestens drei Jahre vergleichbare Berufserfahrung nachweisen können. In diesem Fall gilt die niedrigere Gehaltsschwelle für Engpassberufe.

Fachkräfteeinwandung: Änderungen im Überblick

BausteineKennzeichenAnwendung ab
FachkräftesäuleBlaue Karte/ anerkannte Qualifikation01.11.2023
ErfahrungssäuleBerufserfahrung im Herkunftsland01.03.2024
PotenzialsäuleChancenkarte (Vorbild: Kanada)01.06.2024
BürokratieabbauEntfristete Westbalkanregelung01.06.2024

 Ausweitung der Liste der Engpassberufe

Die Liste der Engpassberufe für die Blaue Karte EU wird deutlich erweitert. Zusätzlich zu den bisherigen Engpassberufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und Humanmedizin) können künftig auch Fachkräfte in folgenden Berufsgruppen eine Blaue Karte EU erhalten, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind: Führungskräfte in der Produktion bei der Herstellung von Waren, im Bergbau und im Bau sowie in der Logistik, Führungskräfte in der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie, Führungskräfte in der Erbringung von speziellen Dienstleistungen, wie zum Beispiel in der Kinderbetreuung und im Gesundheitswesen, Tierärztinnen und Tierärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Apothekerinnen und Apotheker, akademische und vergleichbare Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte, Lehr- und Erziehungskräfte im schulischen und außerschulischen Bereich. Auch hier gilt die niedrigere Gehaltsschwelle für Engpassberufe.

Erleichterte Zuwanderung von Fachkräften (Auszug)

ZielgruppeGehaltsschwelle (Euro)
Akademische Fachkräfte39.682,80
Berufseinsteiger und Fachkräfte in Engpassberufen (IT, andere)39.682,80
Fachkräfte in anderen Berufen43.800,00

Kurzfristige und langfristige Mobilität

Für Inhaberinnen und Inhaber einer Blauen Karte EU, die ein anderer EU-Mitgliedstaat ausgestellt hat, wird die kurz- und langfristige Mobilität nach Deutschland ermöglicht. Für einen Aufenthalt von höchstens 90 Tagen dürfen Inhaberinnen und Inhaber der Blauen Karte EU aus anderen EU-Staaten nach Deutschland kommen und sich hier zum Zweck einer geschäftlichen Tätigkeit, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung steht, aufhalten. Für diesen Kurzaufenthalt ist weder ein Visum noch eine Arbeitserlaubnis der Bundesagentur für Arbeit erforderlich. Nach einem Mindestaufenthalt von zwölf Monaten mit der Blauen Karte EU in einem anderen EU-Staat ist der langfristige Umzug nach Deutschland ohne Visum möglich. Eine deutsche Blaue Karte EU muss nach der Einreise bei der Ausländerbehörde beantragt werden.

Aufenthalt zur Anerkennung einer Berufsqualifikation

Die Möglichkeiten zum Aufenthalt für die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland werden ausgebaut. Die bisherige 18-monatige Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung von Anpassungsmaßnahmen (§ 16d Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)) wird nun bei der Ersterteilung für 24 Monate ausgestellt. Eine Verlängerung um weitere 12 Monate bis zu einer Höchstaufenthaltsdauer von drei Jahren ist möglich. Dadurch erhalten Arbeitgeber mehr Flexibilität.  Die Nebenbeschäftigung während der Qualifizierungsmaßnahme wird von 10 auf 20 Stunden in der Woche erhöht. Angehenden Fachkräften wird somit ermöglicht, den Weg in den Arbeitsmarkt leichter zu beschreiten. Die Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland zielt darauf ab, die volle Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikationen zu erlangen.

Beschäftigung von Studierenden und Auszubildenden

Für Drittstaatsangehörige, die in Deutschland mit einem Studentenvisum studieren, werden die Möglichkeiten zur Nebenbeschäftigung erweitert. Das bisherige Jahresarbeitszeitkonto von 120 ganzen bzw. 240 halben Tagen wird auf 140 volle oder 280 halbe Arbeitstage angehoben. Die Neuregelung ermöglicht es alternativ, Werkstudentenjobs bis zu 20 Stunden in der Woche auszuüben. Die Höhe des Gehalts und der Gegenstand der Beschäftigung spielen dabei keine Rolle. Dies gilt auch für den Besuch von studienvorbereitenden Maßnahmen.

Beschäftigung von Berufskraftfahrern

Die Zustimmungserteilung der Bundesagentur für Arbeit für die Beschäftigung von Berufskraftfahrenden aus Drittstaaten wird vereinfacht. So wird grundsätzlich nicht mehr geprüft, ob die erforderliche EU- bzw. EWR-Fahrerlaubnis und die Grundqualifikation oder beschleunigte Grundqualifikation vorhanden sind. Zudem wird die Vorrangprüfung gestrichen und es sind keine Sprachkenntnisse mehr vorausgesetzt. 

Westbalkanregelung

Die Westbalkanregelung eröffnet Staatsangehörigen von Albanien, Bosnien und Herzegowina, aus dem Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien für jede Art von Beschäftigung in nicht reglementierten Berufen einen Arbeitsmarktzugang in Deutschland. Mit der Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung wird die Westbalkanregelung ab Juni 2024 entfristet.

Zusammenfassung

Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das ab November 2023 sukzessive in Kraft tritt, werden bereits bestehende Regelungen für Fachkräfte mit Hochschulabschlüssen wie die Blaue Karte EU fortgeführt und teilweise erweitert. Einige Regelungen des Gesetzes treten bereits ab November 2023 in Kraft, andere ab März 2024 bzw. ab Juni 2024. Dies schafft den notwendigen Vorlauf für die betroffenen Behörden.

 

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