Free

Job-Rad und Krankheit – wer zahlt in Zeiträumen ohne Entgeltzahlung die Leasingrate?

Das Job-Rad nutzen Arbeitgeber gerne, um ihren Mitarbeitern etwas Gutes zu tun. Was passiert aber, wenn Arbeitnehmer längere Zeit erkranken - wer trägt dann die Kosten für die monatliche Leasingrate? In Abweichung eines 2019 ergangenen Urteils des Arbeitsgerichts Osnabrück, urteilte das Arbeitsgericht Aachen, dass diese Pflicht den Arbeitnehmer trifft.

Arbeitsrecht
Lesezeit 2 Min.
Stadtpendler: Ein Radfahrer mit Rucksack fährt durch die Stadt und nutzt dabei umweltfreundliche Transportmittel.
Foto: © stock.adobe.com/Halfpoint

Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 02.09.2023 – 8 Ca 2199/22

Worum geht es?

Während der ersten sechs Wochen einer Arbeitsunfähigkeit haben Arbeitnehmer in der Regel Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Dies bedeutet, dass sie in dieser Zeit weiterhin ihr reguläres Gehalt erhalten. Nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung übernimmt die Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld. Dieser Betrag ist jedoch in der Regel niedriger als das reguläre Gehalt.

Während des Krankengeldbezugs bleiben bestimmte finanzielle Verpflichtungen des Arbeitnehmers bestehen. Unklar ist, wie es sich mit der Finanzierung eines geleasten Job-Rads in dieser Zeit verhält. Das Arbeitsgericht Osnabrück (Urt. v. 13.11.2019, Az. 3 Ca 229/19) entschied 2019 hierzu, dass in dem damals entschiedenen Fall ein langzeiterkrankter Arbeitnehmer, die während des Krankengeldbezugs zu zahlenden Leasingraten für ein Job-Rad nicht tragen musste. Dass dies aber nicht der Regelfall ist, zeigt das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen.

Der Sachverhalt

Die Arbeitgeberin hat zwei Fahrräder im Rahmen des „JobRad-Modells“ geleast, die dem Arbeitnehmer zur Nutzung überlassen wurden. Die Leasingraten wurden durch eine Entgeltumwandlung vom monatlichen Bruttoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers abgezogen. Der Arbeitnehmer erkrankte arbeitsunfähig und erhielt nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums von sechs Wochen von der Krankenversicherung Krankengeld. Während des Krankengeldbezugs zahlte der Arbeitnehmer an die Arbeitgeberin keinen Beitrag zur Leasingrate. Nachdem der Arbeitnehmer wieder arbeitete, zog die Arbeitgeberin die zwischenzeitlich angefallenen Leasingraten von der nächsten Entgeltzahlung an den Arbeitnehmer ab.

Mit seiner Klage fordert der Arbeitnehmer die Rückzahlung der während seiner Krankheit angefallenen Leasingraten. Der Arbeitnehmer war der Auffassung, dass die Klauseln des Fahrradüberlassungsvertrags intransparent seien und er unangemessen benachteiligt werde. Die Arbeitgeberin hingegen ist der Meinung, dass die Regelungen im Überlassungsvertrag transparent sind und den Arbeitnehmer nicht benachteiligen.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht teilte die Rechtsauffassung des Arbeitgebers und entschied, dass er zutreffenderweise im Rahmen einer Aufrechnung die Leasingraten vom Arbeitnehmer verlangen konnte (Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Aachen vom 25.09.2023).

Die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Zahlung der Leasingraten besteht auch während entgeltfreier Beschäftigungszeiten, wie etwa dem Bezug von Krankengeld. Argument ist, dass der Leasingvertrag auf Initiative des Arbeitnehmers abgeschlossen wurde, um ein von ihm ausgewähltes Fahrrad zu leasen. Selbst während einer längeren Arbeitsunfähigkeit bleibt das Fahrrad im Besitz des Arbeitnehmers, wodurch er weiterhin die Nutzungsmöglichkeit hat und somit die Verpflichtung zur Zahlung der Leasingrate fortbesteht. Der Arbeitnehmer finanziert die Nutzung des Fahrrads faktisch aus seinem eigenen Einkommen.

Auch bestand keine Intransparenz in dem Vertrag und die entsprechende Regelung benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen. Die Regelung betrifft das unmittelbare Austauschverhältnis zwischen Leistung (Nutzung des Fahrrads) und Gegenleistung (Zahlung der Leasingrate). Daher unterliege die entsprechende Vertragsgestaltung auch nicht der Kontrolle nach dem Maßstab, der für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gilt.

Was heißt das?

Das Arbeitsgericht sah in dem vorliegenden Vertrag keine AGB. Anders war dies in einem Fall, den das Arbeitsgericht Osnabrück (Urt. v. 13.11.2019, Az. 3 Ca 229/19) entschied. In dem Fall vor dem Osnabrücker Gericht war die Vereinbarung zum Job-Rad-Leasing explizit als „allgemeine Geschäftsbedingungen“ bezeichnet worden. Deshalb unterlag der Vertrag einer Inhaltskontrolle im Sinne von § 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). In diesem Einzelfall war die Vertragsklausel, die die Überwälzung der Leasingraten in Zeiten ohne Lohnbezug ermögliche, wegen unangemessener Benachteiligung der Arbeitnehmerin unwirksam gewesen, sodass die Arbeitnehmerin die Leasingraten nicht übernehmen musste.

Handlungsempfehlung

Nicht immer ist der Fall so klar, wie im Sachverhalt vor dem Arbeitsgericht Aachen. Arbeitgeber sollten bei der Einführung von Job-Rad-Leasing-Modellen darauf achten, ob es sich bei dem verwendeten Vertrag um AGB handelt oder nicht.

Von Frau Dr. Felisiak von Eversheds Sutherland (Germany) Rechtsanwälte.

Diesen Beitrag teilen: