Free

Keine erstmalige Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat ohne vorheriges Statusverfahren

Die erstmalige Wahl von Arbeitnehmervertretern zum Aufsichtsrat in einer bislang aufsichtsratslosen GmbH ist ohne vorherige Durchführung des aktienrechtlichen Statusverfahrens nichtig.

Arbeitsrecht
Lesezeit 2 Min.
Eine Person, die eine Stimme abgibt, indem sie einen Stimmzettel in eine Humanressourcen-Urne wirft.
Foto: © stock.adobe.com/Anton Sokolov

Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 09.02.2023 – 7 ABR 6/22

Worum geht es?

Werden in einer GmbH in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt, ist ein Aufsichtsrat zu bilden, der sich zur Hälfte aus Vertretern der Beschäftigten zusammensetzt. Das gilt auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag der GmbH einen Aufsichtsrat nicht vorsieht.

Ist unklar, ob ein Aufsichtsrat in der GmbH überhaupt zu bilden ist, kommt das sogenannte Statusverfahren nach § 98 AktG zur Anwendung. Im Rahmen des gerichtlichen Statusverfahrens entscheidet das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, verbindlich darüber,

  • ob ein Aufsichtsrat in der GmbH gebildet werden muss
  • nach welchen Regelungen der Aufsichtsrat gebildet werden muss
  • wie der Aufsichtsrat sich zusammensetzt
  • wie viele Mitglieder der Aufsichtsrat haben muss.

Die Aufgabe und Pflichten der Mitglieder eines Aufsichtsrates in einer GmbH entsprechen im Grundsatz denen von Mitgliedern eines Aufsichtsrates nach dem AktG.

Der Sachverhalt

Im konkreten Fall hatten die Beschäftigten einer GmbH, eine Wahl von Arbeitnehmervertretern zu einem bislang nichtexistierenden Aufsichtsrat eingeleitet. Noch vor Durchführung der Wahl sank die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer deutlich unter den Schwellenwert von 2.000.

Der Arbeitgeber informierte hierüber den Unternehmenswahlvorstand und wies darauf hin, dass es eines Statusverfahrens gemäß §§ 96 Abs. 4, 98 AktG i.V.m. § 27 EGAktG bedürfe und forderte den Unternehmenswahlvorstand zum Abbruch der Wahl auf.

Dennoch fand die Wahl statt. Ein Statusverfahren wurde vorab nicht durchgeführt. Die GmbH beantragte daraufhin beim Arbeitsgericht Dortmund die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl und hatte sowohl in erster als auch in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Hamm Erfolg.

Die Entscheidung

Das BAG gab dem Antrag nun ebenfalls statt und stellte fest, dass die Wahl nichtig war.

Vor der Einleitung der Wahl hätte zwingend ein Statusverfahren nach §§ 97 ff. Aktiengesetz durchgeführt werden müssen. Erfolgt dies nicht, ist die Wahl nichtig. Dabei kommt es auch nicht darauf an, dass zwischen den Parteien streitig war, nach welchen Vorschriften der Aufsichtsrat zu bilden war.

Was heißt das?

  • Das BAG hält mit dieser Entscheidung an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Wird erstmals ein Aufsichtsrat gebildet, muss zwingend vor Durchführung der Wahl ein Statusverfahren durchgeführt werden.

Handlungsempfehlung

Sofern Unternehmen daher erstmals einen Aufsichtsrat einrichten und dazu auch die Wahl der Arbeitnehmervertreter organisieren müssen, sollte unbedingt das Statusverfahren durchgeführt werden, bevor mit der Wahl begonnen wird. Andernfalls droht ein böses Erwachen und die (ggf. kostenintensive) Wahl der Arbeitnehmervertreter muss wiederholt werden.

Von Frau Dr. Felisiak von Eversheds Sutherland (Germany) Rechtsanwälte.

Diesen Beitrag teilen: