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Leiharbeit: Equal Pay Grundsatz – Alles bleibt beim Alten!

Mit Spannung wurde die aktuelle Entscheidung des BAG zum Equal Pay Grundsatz in der Leiharbeit erwartet. Geklagt hatte eine Leiharbeitnehmerin, die deutlich weniger Geld bekam als ihre Arbeitskollegen. Das BAG entschied nun, dass das rechtens sei und nicht gegen das geltende EU-Recht verstoße. Der Europäische Gerichtshof hatte zu dieser Frage Ende letzten Jahres beschlossen, dass der niedrige Lohn der Leiharbeiter zum Beispiel durch zusätzliche Freizeit ausgeglichen werden muss.

Arbeitsrecht
Lesezeit 3 Min.
Den Haushalt ausgleichen: Eine Person vergleicht sorgfältig zwei Stapel Münzen in ihren Händen.
Foto: © stock.adobe.com/Andrey Popov

Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 31.05.2023 – 5 AZR 143/19

Worum geht es?

Es geht um die Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz zu Lasten einer Leiharbeitnehmerin in Bezug auf das zu zahlende Arbeitsentgelt (Equal Pay Grundsatz).

Leiharbeitnehmer haben zwar grundsätzlich für die Dauer ihrer Überlassung einen Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt wie vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers, aber mittels eines Tarifvertrages darf eine Abweichung „nach unten“ erfolgen. D.h., wenn es eine entsprechende tarifliche Regelung gibt, dürfen Leiharbeitnehmer für dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden als Stammarbeitnehmer des Entleihers.

Nach deutschem Recht ist eine Schlechterstellung der Leiharbeitnehmer unter „Achtung des Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer“ sowohl bei unbefristeten als auch bei befristeten Leiharbeitsverhältnissen gestattet, sofern die Leiharbeitnehmer nicht ausschließlich für einen bestimmten Einsatz eingestellt wurden.

Das BAG bestätigte nun, dass die Tarifverträge zwischen ver.di und der iGZ den „Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer“ gewährleisten und daher Leiharbeitnehmer keinen Anspruch auf Equal Pay haben. Damit wurde die gängige Praxis in der Leiharbeit bestätigt und der befürchtete „Paukenschlag“ des BAG blieb aus.

Der Sachverhalt

Eine Arbeitnehmerin war aufgrund eines nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristeten Arbeitsverhältnisses bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt und von Januar 2017 bis April 2017 hauptsächlich einem Unternehmen des Einzelhandels als Kommissioniererin überlassen. Sie verdiente zuletzt 9,23 Euro brutto/Stunde. Vergleichbare Stammarbeitnehmer erhielten einen Stundenlohn von 13,64 Euro brutto.

Gegen diese Differenz klagte sie unter Berufung auf den Gleichstellungsgrundsatz des § 8 Abs. 1 AÜG bzw. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten die Klage der Leiharbeitnehmerin bereits abgewiesen. Auch die Revision der Klägerin vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts blieb ohne Erfolg.

Um unionsrechtliche Fragen zu klären, hatte das BAG den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in einem Vorabentscheidungsersuchen um Konkretisierung der in der Leiharbeitsrichtlinie („Leiharbeits-RL“) verlangten „Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ ersucht. Der EuGH hatte dabei unter anderem folgende Grundsätze aufgestellt:

Lassen die Sozialpartner durch einen Tarifvertrag Ungleichbehandlungen zum Nachteil von Leiharbeitnehmern zu, muss dieser Tarifvertrag, um den Gesamtschutz der betroffenen Leiharbeitnehmer zu achten, ihnen an anderer Stelle Vorteile gewähren, die geeignet sind, ihre Ungleichbehandlung auszugleichen. D.h. es geht um den Ausgleich einer etwaigen Ungleichbehandlung. Leiharbeitnehmer können schlechter behandelt werden, wenn eine Ungleichbehandlung im Tarifvertrags ausgeglichen wird.

Auf Basis dieses Grundsatzes entschied das BAG und wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Begründung: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Equal Pay.

Diese Entscheidung begründete das BAG u.a. damit, dass der Tarifvertrag der iGZ im Zusammenspiel mit den gesetzlichen Schutzvorschriften für Leiharbeitnehmer, den Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 Leiharbeits-RL genüge. Die Klägerin habe zwar möglicherweise durch die geringere Vergütung einen Nachteil erlitten. Es seien aber Ausgleichsvorteile vorhanden. Dieser Ausgleichsvorteil ist der Leiharbeitnehmerin sicher, kann nicht umgegangen werden und ist in § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG zwingend verankert. Die tarifliche Vergütung von Leiharbeitnehmern dürfe zudem staatlich festgesetzte Lohnuntergrenzen und den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten. Zudem dürfe nur in den ersten neun Monaten des Leiharbeitsverhältnisses vom Grundsatz des gleichen Arbeitsentgelts abgewichen werden.

Die Leiharbeitnehmerin habe deshalb keinen Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, wie es vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers erhalten. Aufgrund des wegen der beiderseitigen Tarifgebundenheit auf das Leiharbeitsverhältnis Anwendung findenden Tarifwerks von iGZ und ver.di war der Arbeitgeber nach § 8 Abs. 2 Satz 2 AÜG und § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F. nur verpflichtet, die tarifliche Vergütung zu zahlen. Es besteht kein Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages.

Was heißt das?

Vorläufig können Arbeitgeber auf Verleiher- und Entleiherseite also aufatmen. Das BAG bestätigt die weit überwiegende Praxis, schafft Rechtssicherheit und erhält die Zeitarbeit als praktikables, flexibles Werkzeug der Personaleinsatzplanung.

Die Leiharbeit steht – anders als zwischenzeitlich teilweise befürchtet – nicht vor dem aus. Zwar ist der Einsatz von Leiharbeit durch die Höchstüberlassungsdauer und der Beschränkung der Abweichung vom Equal-Pay-Grundsatz erschwert worden. In dem verbleibenden Rahmen steht dem weiteren Einsatz von Leiharbeit aber nichts entgegen. Die Entscheidung des BAG hat einen breiten Anwendungsbereich, da der Ausgleichsvorteil der Bezahlung für verleihfreie Zeiten in der Leiharbeit immer gilt.

Handlungsempfehlung

Auch in Zukunft können sich Verleiher und Entleiher darauf verlassen, dass die von den Tarifparteien ausgehandelten Regelungen wirksam sind und angewendet werden können. Die Richter in Erfurt enthalten sich damit auch einer – verschiedentlich geforderten – Inhaltskontrolle von Tarifverträgen und stärken so die Tarifautonomie.

Die Rechtsprechung wird für Sie aufgearbeitet von Frau Dr. Felisiak von Eversheds Sutherland (Germany) Rechtsanwälte.

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