Lohnsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat sich zuletzt zur Betriebsveranstaltung mit Datum vom 14.10.2015 in einem BMF-Schreiben erklärt (IV C 5 – S 2332/15/10001). Grund dafür ist, dass mit dem Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 2.417 und Bundesgesetzblatt 2015 Teil I Seite 58) die Besteuerung von Zuwendungen an Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen gesetzlich neu geregelt wurde. Seit dem 01.01.2015 ist im § 19 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1a EStG die Betriebsveranstaltung wie folgt geregelt:
„Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung). 2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet. 3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. 4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich. 5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen.“
1. Begriff Betriebsveranstaltung
Das BMF-Schreiben erläutert nun was im eigentlichen Sinne unter einer Betriebsveranstaltung zu verstehen ist. Demnach sind Betriebsveranstaltungen, Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter. Dazu gehören Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern und Jubiläumsfeiern. Ob diese Veranstaltung vom Arbeitgeber selbst, oder vom Betriebs- oder Personalrat durchgeführt wird ist dabei unerheblich. Die Teilnehmer müssen überwiegend Betriebsangehörige und deren Begleitpersonen oder Arbeitnehmer aus anderen Unternehmen innerhalb des Konzernverbundes sein. Leiharbeitnehmer sind ebenfalls zu berücksichtigen.
Wird ein Jubilar geehrt, oder können nur einzelne Arbeitnehmer an der Veranstaltung teilnehmen, handelt es sich nicht um eine Betriebsveranstaltung. Ein Arbeitsessen erfüllt ebenfalls nicht die Voraussetzung der Betriebsveranstaltung. In diesen Fällen ist von Arbeitslohn für den einzelnen Arbeitnehmer auszugehen.
2. Zuwendungen an Arbeitnehmer
Strittig war nach den beiden Urteilen aus dem Jahr 2013 (BFH-Urteile vom 16.5.2013 – VI R 94/10 und VI R 7/11; veröffentlicht am 09.10.2013), welche Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung, im Rahmen der damaligen Freigrenze zu berücksichtigen sind. Die Freigrenze wurde zum 01.01.2015 in einen Freibetrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer geändert. Demnach sind Zuwendungen, die den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechen, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.
Das BMF nennt nun die Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung. Somit stellt das BMF den Rechtstand vor den beiden Urteilen aus dem Jahr 2013 wieder unmissverständlich her. Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind insbesondere:
a) Speisen, Getränke, Tabakwaren und Süßigkeiten,
b) die Übernahme von Übernachtungs- und Fahrtkosten,
c) Musik, künstlerische Darbietungen sowie Eintrittskarten für kulturelle und sportliche
Veranstaltungen, wenn sich die Veranstaltung nicht im Besuch der kulturellen oder sportlichen Veranstaltung erschöpft,
d) Geschenke. Dies gilt auch für die nachträgliche Überreichung der Geschenke an solche Arbeitnehmer, die aus betrieblichen oder persönlichen Gründen nicht an der Betriebsveranstaltung teilnehmen konnten, nicht aber für eine deswegen gewährte Barzuwendung,
e) Zuwendungen an Begleitpersonen des Arbeitnehmers,
f) Barzuwendungen, die statt der in a) bis c) genannten Sachzuwendungen gewährt werden,
wenn ihre zweckentsprechende Verwendung sichergestellt ist,
g) Aufwendungen für den äußeren Rahmen, z. B. für Räume, Beleuchtung oder Eventmanager.
3. Klarstellung zu BFH-Urteilen
Im Gegensatz zur Auffassung der Richter des BFH macht das BMF nun deutlich, dass auch Aufwendungen für den äußeren Rahmen einer Betriebsveranstaltung mit einzubeziehen sind. Die BFH-Richter hatten Aufwendungen die zu keiner direkten Bereicherung des Arbeitnehmers führen nicht als Arbeitslohn bewertet. Dies stellt das BMF-Schreiben jetzt anders dar. Danach sind auch die Aufwendungen zu berücksichtigen, die nur zu einer abstrakten Bereicherung des Arbeitnehmers führen (z. B. Kosten für Sanitäter und Feuerwehr, Kosten für die Erfüllung von behördlichen Auflagen, Trinkgelder aber auch Stornokosten). Es bleibt also festzuhalten, dass die Klarstellung dazu führt, dass sämtliche im Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen Aufwendungen zu berücksichtigen sind. Somit sind die Urteile ab 01.01.2015 nicht mehr anzuwenden.
Allerdings wird im BMF-Schreiben auch Stellung zu den Selbstkosten der Arbeitgeber genommen. Somit führen anteilige Kosten der Lohnbuchhaltung für die Erfassung des geldwerten Vorteils der Betriebsveranstaltung nicht zu Arbeitslohn bei den Arbeitnehmern. Eine getrennte Ermittlung wäre in der Praxis auch wohl kaum möglich. Anteilige Abschreibung für Abnutzung oder Kosten für Energie- und Wasserverbrauch in den Räumen des Arbeitgebers müssen auch nicht ermittelt und zum Ansatz gebracht werden.
Klargestellt wurde jetzt auch, dass auch unübliche Zuwendungen, z. B. Geschenke deren Wert die Grenze von 60 Euro je Arbeitnehmer übersteigt, oder Zuwendungen an einzelne Arbeitnehmer aus Anlass einer Betriebsveranstaltung (nicht nur bei Gelegenheit), unter die Regelungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1a EStG fallen und somit mit den Aufwendungen der Betriebsveranstaltung zu bewerten sind.
4. 110 Euro Freigrenze
Bei der Prüfung des 110 Euro Freibetrags sind alle zu berücksichtigenden Aufwendungen zu gleichen Teilen auf alle bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen. Somit ist jetzt auch von Seiten der Finanzverwaltung erneut verdeutlicht worden, dass es sich um die Teilgenommenen handelt und nicht um z. B. angemeldete Arbeitnehmer. Entscheidend ist die Zahl der teilgenommen Personen. Der auf Begleitpersonen entfallende Anteil an den Aufwendungen sind dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen. Begleitpersonen des Arbeitnehmers erhalten keinen zusätzlichen Freibetrag durch den Arbeitgeber.
Beispiel:
Der Arbeitgeber veranstaltete im November 2015 eine Weihnachtsfeier an der 200 Personen insgesamt teilgenommen hatten. Davon waren 150 Arbeitnehmer des Arbeitgebers. Von diesen haben 50 Arbeitnehmer eine Begleitperson zur Weihnachtsfeier mitgebracht. Insgesamt sind Kosten von 20.000 Euro entstanden.
20.000 Euro
200 Arbeitnehmer = 100 Euro pro Person
Die Arbeitnehmer ohne Begleitperson haben einen geldwerten Vorteil in Höhe von 100 Euro, der allerdings den Freibetrag von 110 Euro nicht übersteigt und somit nicht steuerpflichtig ist. Die 50 Arbeitnehmer mit einer Begleitperson haben einen geldwerten Vorteil von 200 Euro, der nach Abzug des Freibetrags von 110 Euro noch mit 90 Euro als geldwerter Vorteil steuer- und auch beitragspflichtig ist.
Die Bagatellgrenze in Höhe von 50 Euro nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG ist bei Betriebsveranstaltung nicht zulässig.
Maximal können bis zu zwei Veranstaltungen im Jahr pro Veranstaltung mit einem Freibetrag von 110 Euro bewertetet werden. Bei mehr als zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr kann der Arbeitgeber entscheiden, für welche Veranstaltungen er die Bewertung mit dem Freibetrag vornehmen will. Müssen Arbeitnehmer aufgrund ihrer Stellung im Betrieb (Personalleiter, Führungskräfte, Betriebsratsmitglieder) Betriebsveranstaltungen von mehreren Abteilungen besuchen, ist der jeweils auf den Arbeitnehmer entfallende Anteil der Gesamtaufwendungen kein steuerpflichtiger Arbeitslohn.
Der Gesetzgeber plant mit dem Wachstumschancengesetz eine Erhöhung des Freibetrags von 110 Euro auf 150 Euro. Die Umsetzung soll im Jahr 2024 erfolgen.
5. Lohnsteuerpauschalierung
Die Lohnsteuer wird nach den allgemeinen Vorschriften erhoben. Eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 EStG ist mit 25% pauschaler Lohnsteuer möglich. Eine solche Pauschalierung ist aber nur dann möglich, wenn es sich bei der Veranstaltung um eine übliche Betriebsveranstaltung handelt. Das BMF macht in diesem Zusammenhang deutlich, dass die Lohnsteuerrichtlinien 2015 unter R 40.2 Abs. 1 Nummer 2 LStR insoweit überholt sind, weil dort eine gesonderte Pauschalierung der Lohnsteuer bei nicht üblichen Zuwendungen noch vorgesehen ist. Nach BMF sind aber auch die nicht üblichen Zuwendungen bei den maßgeblichen Gesamtaufwendungen einer Betriebsveranstaltung mit einzubeziehen.
6. Organisation der Betriebsveranstaltung
Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags in Höhe von 110 Euro ist, dass die Betriebsveranstaltung allen Angehörigen im Betrieb oder in einem Betriebsteil offensteht. Eine Bevorzugung einzelner Arbeitnehmer darf nicht vorliegen. Sind Veranstaltungen auf einen Teil von Arbeitnehmer beschränkt, so liegt immer noch eine Betriebsveranstaltung vor, wenn sich die Begrenzung z. B. aus organisatorischen Gründen ergibt. Nach BMF-Schreiben sind Veranstaltungen auch dann als Betriebsveranstaltung anzuerkennen, wenn:
- jeweils nur für eine Organisationseinheit des Betriebs, z. B. Abteilung, durchgeführt werden, wenn alle Arbeitnehmer dieser Organisationseinheit an der Veranstaltung teilnehmen können,
- nur für alle im Ruhestand befindlichen früheren Arbeitnehmer des Unternehmens veranstaltet werden (Pensionärstreffen),
- nur für solche Arbeitnehmer durchgeführt werden, die bereits im Unternehmen ein rundes (10-, 20-, 25-, 30-, 40-, 50-, 60-jähriges) Arbeitnehmerjubiläum gefeiert haben oder i. V. m. der Betriebsveranstaltung feiern (Jubilarfeiern). Dabei ist es unschädlich, wenn neben den Jubilaren auch ein begrenzter Kreis anderer Arbeitnehmer, wie z. B. die engeren Mitarbeiter und Abteilungsleiter des Jubilars, Betriebsrats-/Personalratsvertreter oder auch die Familienangehörigen des Jubilars eingeladen werden. Der Annahme eines 40-, 50- oder 60-jährigen Arbeitnehmerjubiläums steht nicht entgegen, wenn die Jubilarfeier zu einem Zeitpunkt stattfindet, der höchstens fünf Jahre vor den bezeichneten Jubiläumsdienstzeiten liegt.