Effizienz statt Endlosbesprechungen : Moderne Meeting-Kultur
Das Phänomen zeigt sich leider viel zu häufig: Gefühlt ganze Unternehmen, Organisationen oder Behörden sitzen permanent in Meetings, besprechen und entscheiden – mehr oder weniger wichtige – Dinge. Dann setzen sie nichts davon um, weil sie ja in Meetings sitzen. Wie können wir dafür sorgen, dass unnötig verschwendete Meeting-Zeit endlich der Vergangenheit angehört?
Nicht wenige berichten, dass die Zahl der Meetings seit dem „Online-Boom“ durch die Corona-Pandemie insgesamt sogar zugenommen hätte, da „sich nun öfter und schneller zusammengeschaltet wird“, die persönlichen Gespräche parallel zusätzlich (fast) ihre Ursprungszahl erreicht hätten. Wie wir die Kommunikation in Meetings – ob on- oder offline – sinnvoll und effizient bündeln können und worauf es im Sinne einer modernen Meeting-Kultur ganz besonders ankommt, das verrät Sandra Einhoff – Expertin für Work-LEICHT-Balance.
Wie schafft man es im Sinne der gebotenen Effizienz, moderne und sinnvolle Meeting-Regeln zu finden: in Bezug auf Klarheit, Lösungsorientierung und Relevanz? Wann äußere ich mich, wann halte ich mich zurück und wie findet ein Meeting seine richtige Balance? Welche Rolle könnten insgesamt bestimmte (neue) Formate spielen?
In Sachen Meetings gilt für mich: weniger, dafür besser. Es geht darum, auf den Punkt zu kommen. Das bedeutet, sich auf das Wesentliche zu beschränken und zu verdichten. Für alle Teilnehmer sollte klar sein: Welches Ziel soll durch das Meeting erreicht werden?
Ein mögliches Meeting-Format ist, die Besprechung mit einem Spaziergang zu verbinden. Das funktioniert sehr gut, wenn der Teilnehmerkreis klein ist, oder bei Remote-Arbeitenden. Dieses Format eignet sich besonders, wenn es um kreative Inhalte, neue Ideen und Themen geht. Bewegung im Körper führt zu Bewegung im Geist. Dadurch gelingt es uns viel einfacher, „outside the Box“ zu denken, über den Tellerrand zu schauen. Wir können dadurch viel leichter sprichwörtlich neue Perspektiven einnehmen.
Steve Jobs soll bereits in den 1980ern erkannt haben, dass zu viele Meetings die absoluten Produktivitätskiller sind. Viele plädieren mittlerweile für Meeting-freie Tage pro Woche. Wie kommt man hier zu einer guten Auswahl (von Tag und Zeit)? Und muss dafür unbedingt die beste Uhrzeit der Produktivitätsfähigkeit „geopfert“ werden, da diese ja genauso ihre Berechtigung für die Arbeit hat?
Der ideale Zeitpunkt für ein Meeting hängt unter anderem vom Thema der Besprechung ab. Wenn es um strategische, weitreichende Entscheidungen mit hoher Tragweite geht, empfiehlt es sich, das Meeting vormittags in eine „produktive Phase“ zu legen. Denn morgens fällt es uns leichter, Entscheidungen zu treffen. Morgens ist unser mentaler Akku noch voll, unser Geist ist noch frisch und klar.
Wenn es inhaltlich jedoch eher um Statusaktualisierungen oder interne Abstimmungen geht, empfehle ich, die Konferenz dann zu machen, wenn der Großteil des Tagesgeschäfts schon gelaufen ist.
Sollten Meeting-Einladungen nur noch so aussehen, dass sie ausschließlich mit Agenda und konkreten Fragestellungen zur Vorbereitung verschickt werden? Wie schafft man dabei produktive Zeit zum freien Reden? Denn es kommen ja auch Fragen und Ideen auf. Und braucht es deshalb unbedingt starre Begrenzungen mit höchstens 60 Minuten und maximal 10 Teilnehmenden?
Ich halte nichts von dem Gießkannenprinzip, dem Überschütten mit Informationen. Mut zur Lücke! Wenn der Inhalt des Meetings kompakt gehalten wird, entsteht mehr Raum für Reflexion, für Ideen und Kreativität. Solche kreativen Denkphasen können als Teil der Besprechung zeitlich eingeplant werden. Wenn es um Brainstorming und kreatives Denken geht, kann ein Meeting durchaus auch länger andauern. Wichtig ist, ausreichend Pausen einzulegen.
Kleinere Teilnehmerzahlen ermöglichen einen intensiveren Austausch, Entscheidungen werden schneller getroffen. Eine höhere Teilnehmerzahl ermöglicht mehr verschiedene Blickwinkel. Der Nachteil: Solche Konferenzen dauern oft länger. Deshalb gilt auch hier wieder: Im Vorfeld sollte klar sein, was das Ziel des Meetings ist, was am Ende dabei herauskommen soll.
Kein Meeting also ohne (den richtigen) Moderator? In vielen Unternehmen übernimmt die „Führungskraft“ auch automatisch die Moderatoren-Rolle. Da sich damit schon die möglichen Machtkonstellationen in der Gruppe ergeben, kann es zu Kommunikations- und Handlungsgefällen kommen. Ist deshalb vor allem ein „neutraler“ Moderator gefragt und welche Aufgaben fallen ihm zu?
Es gibt Führungskräfte, die aufgrund ihres Führungsstils wunderbar moderieren, ohne ein Machtgefüge entstehen zu lassen. Nichtsdestotrotz kann es ein Ansatz sein, einen neutralen Moderator einzusetzen. Das kann dazu führen, dass konstruktive Kritik und andere Meinungen eher platziert werden.
Die moderierende Person ist dafür verantwortlich, dass das Meeting auf Kurs bleibt. Sie bringt sich ein, wenn Diskussionen abdriften oder die Gespräche sich im Kreis drehen. Diese Person fordert konkrete Entscheidungen ein und interveniert, wenn zu lange um eine Entscheidung herumgeeiert wird. Das Ziel sollte immer darin liegen, Lösungen zu finden, statt stundenlang die Probleme hin und her zu wälzen.
Wie helfen feste Frage- und Feedbackformate dabei, die Struktur und Effektivität zu wahren, die Produktivität zu sichern und die richtigen Prozesse und Handlungen aus den Meetings abzuleiten? Was sollte sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung unbedingt berücksichtigt bzw. strikt eingehalten werden?
Feste Frageformate verleihen Meetings eine gute Übersicht und eine klare Struktur. Dabei sollten Fragen eingebaut werden, die darauf abzielen, Lösungsideen zu generieren. Zum Beispiel: „Welche nächsten Schritte sind notwendig, um Situation ‚X‘ zu lösen?“ Es geht darum, in die konkrete Umsetzung zu kommen. Ideen allein sind nichts wert, wenn wir nicht ins Tun kommen. Trotz guter Formate gilt außerdem: Nichts davon ist in Stein gemeißelt. Von Zeit zu Zeit sollten wir prüfen, ob wir uns noch die richtigen Fragen stellen. In Sachen Meeting-Kriterien gilt: Es nimmt nur teil, wer unmittelbar davon betroffen ist. Alles andere ist Zeitverschwendung. Außerdem sollte die Zeit im Auge behalten werden. Ein gutes Zeitmanagement ist nicht nur gefragt, sondern „das Gebot der Stunde“.
„Sandra Einhoff, Expertin für Work-LEICHT-Balance“
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Dr. Silvija Franjic – Redakteurin + Recruiting-Spezialistin