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Offener Brief: Künstliche Intelligenz

Liebe Leserin, lieber Leser,

Lesezeit 2 Min.
Eine Frau interagiert mit einem fortschrittlichen humanoiden Roboter und tauscht Wissen über Humanressourcen-Management über eine Tablet-Schnittstelle in einer futuristischen Umgebung aus.
Foto: © stock.adobe.com/mindscapephotos

alle Welt spricht von der künstlichen Intelligenz, kurz KI. Zwar gibt es die – angeblich – schon länger, aber erst durch die Freigabe von ChatGPT und anderen Features ist sie ins Bewusstsein der breiten Bevölkerung gedrungen.

Neulich hatte ich dazu eine heftige Diskussion mit meinem Chef. Der hatte sich gerade über irgendetwas geärgert (kommt bei ihm öfter vor) und meinte, er würde uns alle rausschmeißen und durch KI ersetzen. Dass wir ihn ausgelacht haben, machte ihn eher noch wütender. Den Todesstoß gab ihm die Bemerkung unserer Teamassistentin: „Wie wohl der Kaffee schmeckt, den Ihnen die KI kocht?“ – da ist er rausgerauscht und wurde den Rest des Tages nicht mehr gesehen.

O.K., war ja auch ein bisschen heftig, aber glaubt wirklich jemand, man könne alle Mitarbeiter durch KI ersetzen? Bis jetzt kann KI ja nur auf Anforderung – eines Menschen(!) – aktiv werden. Und dann, zugegebenermaßen, oft sinnvolle Ergebnisse liefern. Und das schneller, als ein Mensch das kann. Aber reicht das?

Und wie intelligent ist die künstliche Intelligenz wirklich? Sie kann schnell Informationen aus dem Netz zusammentragen – gut, aber schon bei der Interpretation und Verifizierung der Informationen wird es schwierig. Aus gutem Grund gibt ChatGPT nicht bekannt, aus welchen Quellen es seine Daten bezieht – hinzu kommt, dass diese auf Informationen aus dem Jahr 2021 basieren, also keineswegs aktuell sind.

Ich finde ja, wir sollten es erst einmal mit der natürlichen Intelligenz versuchen – da ist zwar auch nicht alles Gold, was glänzt, aber man weiß wenigstens, mit wem man spricht. Ich habe da eine Vision für die Personaler: Der Interessent für eine Stelle lässt seine Bewerbung von einer KI erstellen. Die Personalabteilung lässt die KI die Bewerbung prüfen und beantworten. Also in dem Fall hätte mein Chef recht: Einen Menschen bräuchte es hier nicht. Aber dann könnte die eine KI ja direkt die andere KI einstellen. Aber wer bezahlt die dann? Und wer bekommt das Gehalt? Und wer erteilt wem die Arbeitsaufträge? Schließlich könnte die eine KI das ja sicher genauso gut wie die andere – warum also sollte sie überhaupt noch „jemanden“ einstellen?

Also, ich glaube, dass mein Job noch bis zur Rente sicher ist. Er wird sich vermutlich verändern, vielleicht kann mich die KI ja auch unterstützen – dann wäre auch für mich die Vier-Tage-Woche möglich –, aber mich komplett ersetzen? Ich kann nämlich auch Kaffee kochen, habe also gegenüber der KI ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

In diesem Sinne – bleiben Sie gut gelaunt und arbeiten Sie an Ihrer natürlichen Intelligenz.

Herzlichst, Ihr Felix, der Glückliche