Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz veröffentlicht
Das Bundesfinanzministerium hat den Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz an die Verbände zur Stellungnahme versendet.
Folgende Regelungen, die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer interessant sein dürften, sind enthalten und werden nun in den folgenden Wochen diskutiert:
Geschenke (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG)
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dürfen den Gewinn nicht mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen. Dieser Betrag soll auf 50 Euro angehoben werden. Die Änderung soll für alle Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, gelten.
Praxishinweis Nicht im ersten Entwurf enthalten ist ein Wechsel von der personenbezogenen Betrachtung der Grenze auf eine objektbezogene Grenze. Dies wird voraussichtlich noch in die Diskussion im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eingebracht und wäre tatsächlich eine weitere Bürokratieentlastung. |
Geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2, Abs. 2a Satz 1 und Satz 2 EStG)
Gegenwärtig können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten geringwertiger Wirtschaftsgüter sofort vollständig als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei Arbeitnehmern abgezogen werden, wenn sie nicht mehr als 800 Euro betragen. Dieser Wert soll in Zukunft bei 1.000 Euro liegen. Dies betrifft vor allem Arbeitsmittel oder Büroausstattung. Für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens kann derzeit ein Sammelposten gebildet werden, wenn die jeweiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten 250 Euro, aber nicht 1.000 Euro übersteigen. Hier soll die Anhebung der Betragsgrenze von 1.000 Euro auf 5.000 Euro erfolgen und die Auflösungsdauer von fünf Jahre auf drei Jahre verringert werden. Die Wirtschaftsgüter, die in einem Sammelposten zusammengefasst werden, müssen nicht in einem gesonderten Verzeichnis erfasst werden. Der Zugang dieser Wirtschaftsgüter wird lediglich buchmäßig erfasst. Die Anhebung der Wertgrenzen soll für eine Anschaffung von Wirtschaftsgütern nach dem 31.12.2023 gelten.
Verpflegungsmehraufwand (§ 9 Abs. 4a EStG)
Die als Werbungskosten abzugsfähigen und vom Arbeitgeber möglichen steuerfrei zu zahlenden inländischen Verpflegungspauschalen sollen wie folgt angehoben werden:
- für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, von 28 Euro auf 30 Euro;
- für den An- oder Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet, von jeweils 14 Euro auf 15 Euro;
- für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, von 14 Euro auf 15 Euro.
Die Anhebung der Verpflegungspauschalen soll für alle Auswärtstätigkeiten nach dem 31.12.2023 gelten. In Folge der Anhebung würden auch die Kürzungsbeträge für Mahlzeiten an Arbeitnehmer steigen. Diese betragen immer 20 Prozent vom Tageshöchstsatz (dann 30 Euro, also 6 Euro) für ein Frühstück und 40 Prozent vom Tageshöchstsatz (dann 30 Euro, also 12 Euro) für ein Mittag- oder Abendessen.
Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG)
Der bisherige Freibetrag für Betriebsveranstaltungen soll von 110 Euro auf 150 Euro angehoben werden. Soweit Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Betriebsveranstaltungen den Betrag je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, werden sie nicht den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit zugerechnet. Die Anhebung soll erstmals für den Veranlagungsjahrgang 2024 bzw. den Lohnsteuerabzug 2024 gelten. Bisher nicht im Gesetzgebungsverfahren vorgesehen ist das Abstellen auf die kalkulierten Teilnehmer statt auf die anwesenden Arbeitnehmer. Auch dieser Punkt wird sicherlich noch ein Thema im Laufe der Diskussion werden.
Vermeidung Doppelbesteuerung bei Renteneinkünften
Um einer möglichen Doppelbesteuerung bei Renteneinkünften entgegenzuwirken, sind mehrere Maßnahmen geplant, z. B. Anpassungen beim Versorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2 Satz 3 EStG), bei der Rentenbesteuerung (§ 22 Nr. 1 Satz 3 EStG) und beim Altersentlastungsbetrag (§ 24a Satz 5 EStG).
Fünftelungsregelung bei der Lohnsteuer (§ 39b Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG)
Derzeit kann die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG für bestimmte Arbeitslöhne (Entschädigungen, Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten) bereits bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt werden. Da dieses Verfahren für Arbeitgeber kompliziert ist, soll es gestrichen werden. Die Tarifermäßigung sollen Arbeitnehmer weiterhin im Veranlagungsverfahren geltend machen können. Die Neuregelung soll erstmals für den Lohnsteuerabzug 2024 gelten. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wird diskutiert werden müssen, ob nicht eine Vereinfachung der Voraussetzung der Fünftelregelung der bessere Weg ist. Für Arbeitnehmer bedeutet der Wegfall der Fünftelregelung eine zeitliche Verlagerung auf die Einkommensteuererklärung. Zudem werden nicht alle Arbeitnehmer in der Lage sein, die Einkommensteuererklärung abzugeben.
Beiträge für eine Gruppenunfallversicherung (§ 40b Abs. 3 EStG)
Arbeitgeber können die Beiträge für eine Gruppenunfallversicherung mit einem Pauschsteuersatz von 20 Prozent erheben, wenn der steuerliche Durchschnittsbetrag ohne Versicherungssteuer 100 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt. Dieser Grenzbetrag soll aufgehoben werden. Damit können Beiträge zu einer Gruppenunfallversicherung pauschal versteuert werden, unabhängig davon, wie hoch der Beitrag tatsächlich ist. Die Regelung soll erstmals für den Lohnsteuerabzug 2024 gelten.
Beschränkte Einkommensteuerpflicht von Arbeitnehmern (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG)
Um für bestehende und für zukünftige entsprechende DBA-Regelungen das bestehende Hindernis des Fehlens einer umfassenden beschränkten Steuerpflicht zu beheben, soll die Vorschrift ergänzt werden. Die nicht selbstständige Arbeit soll daher als im Inland ausgeübt oder verwertet gelten, soweit die Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen oder in einem oder mehreren anderen Staaten ausgeübt wird und ein mit dem Ansässigkeitsstaat abgeschlossenes DBA oder eine bilaterale Vereinbarung für diese im Ansässigkeitsstaat oder in einem oder mehreren anderen Staaten ausgeübte Tätigkeit Deutschland ein Besteuerungsrecht zuweist. Die Regelung soll für Einkünfte, die nach dem 31.12.2023 erzielt werden, gelten.
Tarifermäßigung bei beschränkt Steuerpflichtigen (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. d EStG)
Es soll eine Antragsveranlagung für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer mit tarifermäßigt zu besteuerndem Arbeitslohn ermöglicht werden, die im Übrigen von dieser Veranlagungsart ausgeschlossen sind (§ 50 Abs. 2 Satz 7 EStG). Die Neuregelung soll ab dem Veranlagungszeitraum 2024 gelten.
Praxishinweis: Erwartet wird, dass die Bundesregierung nach der Sommerpause am 16.08.2023 den Referentenentwurf als Kabinettsentwurf verabschiedet und damit das offizielle Gesetzgebungsverfahren beginnt. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wird bis Ende des Jahres in Anspruch nehmen. |