Unterkunftskosten bei doppelter Haushaltsführung
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland im Einzelfall zu prüfen ist, welche Unterkunftskosten notwendig sind.
Arbeitnehmer können Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung in ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen. Arbeitgeber können steuerfreie Erstattungen an die Arbeitnehmer vornehmen. In diesen Fällen entfällt der Werbungskostenabzug. Für die Unterkunftskosten schreibt das EStG einen Maximalbetrag von 1.000 Euro im Monat vor. Nach Ansicht der Richter ist die Anwendung der Abzugsbeschränkung für Unterkunftskosten in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG auf 1000 Euro im Monat im Streitfall nicht anwendbar, da sich die Norm angesichts ihres eindeutigen Wortlauts nur auf Inlandssachverhalte beschränkt. Die Finanzverwaltung nimmt bei Auslandssachverhalten als Maßstab eine 60 qm große Wohnung an und erkennt Kosten in dieser Höhe im Ausland an. Die Richter des Bundesfinanzhofes sind der Auffassung, dass eine Typisierung, dass Unterkunftskosten, die den Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschreiten, nicht anwendbar ist. Damit widersprechen die Richter der Auffassung der Finanzverwaltung nach BMF-Schreiben vom 25.11.2020, Rz 112). Die Richter sind der Auffassung, dass die bisherige Rechtsprechung des BFH in seinen bisherigen Entscheidungen mit einer vorgenommene Typisierung im Wesentlichen auf einem nach inländischen Verhältnissen bemessenen Merkmal beruht. Dies gründet auf der Vorschrift des § 22 SGB II und der dazu ergangenen sozialrechtlichen Rechtsprechung. Nach Ansicht der Richter im aktuellen Urteil eignet sich diese Größe für die Notwendigkeit von Unterkunftskosten im Ausland nicht. Die Richter führen weiter aus, dass eine „Übertragung“ der sog. „60 qm-Rechtsprechung“ auf Auslandssachverhalte nicht möglich ist, weil die dahingehende typisierende Gesetzesauslegung des Tatbestandsmerkmals „notwendig“ nicht der einfacheren Handhabung in steuerlichen Massenverfahren dient. Sie ist vielmehr bei Auslandssachverhalten nicht handhabbar, so die Richter weiter.
Belastbare Feststellungen zum ortsüblichen Mietzins je Quadratmeter für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung, dem sog. Durchschnittsmietzins am ausländischen Beschäftigungsort können in der Regel auch unter Berücksichtigung der erhöhten Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen (§ 90 Abs. 2 AO) weder von den Beteiligten im Veranlagungsverfahren erhoben noch von den Finanzgerichten belastbar überprüft werden. Daher sind die Richter der Auffassung, dass die vom Arbeitnehmer für seine Zweitwohnungen gezahlten Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten im Rahmen seiner doppelten Haushaltsführung zu berücksichtigen sind. Diese waren nach objektiven Maßstäben insgesamt zur Zweckverfolgung erforderlich. Die Richter stellen weiter fest, dass bei einer beamtenrechtlich zugewiesenen Dienstwohnung die Unterkunftskosten am ausländischen Beschäftigungsort stets in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abzugsfähig sind. Die Besonderheit ist, dass Beamte sich gegen die Zuweisung nicht wehren können. Es handelt sich um eine Verpflichtung, die Wohnung zu nehmen.
Bei privaten Arbeitgebern gäbe es eine solche Verpflichtung eher nicht. Hier könnten weitere Umstände hinzukommen, die für einen Ansatz der vollen Wohnkosten sprechen.
BFH-Urteil vom 09.08.2023, VI R 20/21 (veröffentlicht 09.11.2023)