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Urteil unwirksam wegen Einschränkungen des Öffentlichkeitsgrundsatzes

In Zeiten von Corona wurden zahlreiche Gerichtsverhandlungen unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Richter machten von ihrem Hausrecht Gebrauch und ließen teilweise nur die Prozessbeteiligten zur mündlichen Verhandlung zu. Dass Corona aber nicht zu einem Ausschluss der Öffentlichkeit führen darf, entschied nun das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Arbeitsrecht
Lesezeit 1 Min.
Urteil

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 02.03.2022 – 2 AZN 629/21

In Zeiten von Corona wurden zahlreiche Gerichtsverhandlungen unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Richter machten von ihrem Hausrecht Gebrauch und ließen teilweise nur die Prozessbeteiligten zur mündlichen Verhandlung zu. Dass Corona aber nicht zu einem Ausschluss der Öffentlichkeit führen darf, entschied nun das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Worum geht es?

Der Grundsatz der Öffentlichkeit, der zu den Prinzipien demokratischer Rechtspflege gehört und auch in § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG niedergelegt ist, verlangt, dass jedermann nach Maßgabe des tatsächlich verfügbaren Raums Zutritt zur Verhandlung ermöglicht wird. Von diesem Grundsatz kann selbst in Pandemie-Zeiten nicht abgewichen werden.

Der Sachverhalt

In dem entschiedenen Fall ging es um eine mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg. Nach den Corona-Regeln der Gerichtsverwaltung durften sich maximal zehn Personen in dem betreffenden Sitzungssaal aufhalten. Die zur Verfügung stehende Personenzahl wurde vollständig von den Verfahrensbeteiligten genutzt. Zuhörer konnten an der Verhandlung nicht teilnehmen.

Die Parteien rügten den Ausschluss der Öffentlichkeit nicht, sondern verhandelten. Erst im Nachgang wurde der Ausschluss der Öffentlichkeit mit einer Beschwerde beim BAG gerügt. 

Die Entscheidung 

Das BAG hob das Urteil des LAG auf, da ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 5 ZPO vorlag. Ausgehend vom Zweck des Öffentlichkeitsgrundsatzes kann auf dessen Einhaltung im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht verzichtet werden, § 295 Abs. 2 ZPO.

Die Reduzierung der Zuhörerzahl zur Wahrung der Abstandsregelungen war zwar zulässig, die Verhandlung war aber in der durchgeführten Form nicht öffentlich. Hierfür wäre notwendig gewesen, dass beliebig viele Zuhörer, sei es auch nur in sehr begrenzter Zahl, die Möglichkeit des Zutritts gehabt hätten. 

Was bedeutet das? 

Zur Kontrolle der Justiz und zur Verfahrensfairness dürfen mündlichen Verhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht faktisch unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, weil Zuhörer keinen Platz mehr haben.

Interessant ist auch, dass die rügelose Einlassung der Parteien unschädlich war und nicht zum Rechtsverlust führte. Hierin liegt jedoch eine Besonderheit der Arbeitsgerichtsbarkeit. 

 

Handlungsempfehlung 

Soweit Arbeitgeber in einer ähnlichen Situation sind oder in einer ähnlichen Situation ein unerfreuliches Ergebnis erzielt haben, kann dieses Urteil nützlich sein, um (doch noch) zu einer Aufhebung des Urteils zu gelangen.

 

 

 

 

 

Foto: © Adobe Stock/Corgarashu

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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