Dienstreisen : Aktuelles aus dem Reisekostenrecht
Reisekosten sind bei vielen Arbeitgebern ein großes Thema, weil ihre Arbeitnehmer flexibel sind und aufgrund der Tätigkeiten viel reisen und unterwegs sind, z. B. bei Kunden oder aber auch in verschiedenen Betriebsstätten.
Die Mitarbeiter wünschen in der Regel, dass der Arbeitgeber alle Kosten mit der Reisetätigkeit übernimmt und ihnen bei Vorauslage erstattet. Der Arbeitgeber kann diesem Wunsch gerne nachkommen, muss aber bei jeder Zahlung prüfen, ob diese steuerfrei oder steuerpflichtig an den Mitarbeiter erfolgt. Der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung haben daher Regelungen geschaffen, die die Voraussetzungen für eine steuerfreie Erstattung an den Arbeitnehmer vorgeben. Diese muss der Arbeitgeber einhalten und dokumentieren.
Dem Arbeitgeber steht es natürlich frei, darüber hinaus Zahlungen an den Mitarbeiter vorzunehmen. Allerdings müssen Zahlungen, die die Voraussetzungen der steuerfreien Reisekosten nicht erfüllen, dann lohnversteuert werden.
Bevor der Arbeitgeber aber die steuerrechtlichen Voraussetzungen prüft, muss er zunächst intern entscheiden, ob und welche Reisekosten erstattet werden. Hierzu empfiehlt es sich, interne Regelungen zu erarbeiten, nach denen die Reisen beantragt, gebucht und erstattet werden. Erst dann erfolgt die steuerrechtliche Prüfung. Die Finanzverwaltung hat nach der großen Reisekostenreform 2014 ein umfangreiches BMF-Schreiben vom 24.10.2014 veröffentlicht.
Für die steuerfreie Erstattung muss nach § 3 Nr. 16 oder 13 EStG grundsätzlich eine Auswärtstätigkeit vorliegen.
Auswärtstätigkeit
Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte beruflich bedingt tätig ist. Der Arbeitgeber muss also prüfen, ob der Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte hat, wo diese ist und ob er an dieser tätig wird.
Erste Tätigkeitsstätte
Unter erster Tätigkeitsstätte ist jede von der Wohnung getrennte ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten zu verstehen, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist oder an der er dauerhaft tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 EStG). Grundsätzlich kann es in einem Arbeitsverhältnis nur eine erste Tätigkeitsstätte oder gar keine geben (§ 9 Abs. 4 Satz 5 EStG).
Arbeitnehmer, die keine erste Tätigkeitsstätte haben, sind somit immer auswärts unterwegs.
Mittlerweile arbeiten viele Arbeitnehmer mobil oder von zu Hause in einem Arbeitszimmer. Ein sogenanntes Homeoffice scheidet als erste Tätigkeitsstätte aus. Dieses befindet sich immer im privaten Bereich des Arbeitnehmers und kann damit nie betrieblich sein.
Dauerhaftes Tätigwerden
Ist der Arbeitnehmer nur vorübergehend an einem Ort tätig, kann keine erste Tätigkeitsstätte vorliegen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber festgelegt, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung entweder dauerhaft zugeordnet sein muss oder dauerhaft dort tätig werden soll. Eine Tätigkeit oder Zuordnung ist dann dauerhaft, wenn sie für die Dauer des Dienstverhältnisses, unbefristet oder für mehr als 48 Monate ausgeübt wird bzw. erfolgt (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG). Ob das Kriterium der Dauerhaftigkeit vorliegt, ist durch eine Prognose des Arbeitgebers, wie lange er den Arbeitnehmer wo einsetzen möchte, zu entscheiden. Diese Prognose ist immer zu Beginn einer Tätigkeit für die Zukunft zu treffen.
Zuordnung
Eine Zuordnung ist die Erklärung des Arbeitgebers, wo der Arbeitnehmer bei einer Vielzahl von möglichen Tätigkeitsstätten seine erste Tätigkeitsstätte hat. Der Arbeitgeber hat mit der Zuordnung somit das Recht der Entscheidung. Er ist aber nicht verpflichtet, eine Zuordnung nach § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG vorzunehmen. Die Zuordnungsentscheidung sollte aus Nachweisgründen schriftlich getroffen werden und kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft geändert werden. Bei einer Zuordnung ist es gleichgültig, ob der Arbeitnehmer an der ersten Tätigkeitsstätte nur ein- bis zweimal im Jahr tätig wird oder jede Woche und welche qualitativen Arbeiten er dort verrichtet. In aktuellen Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt, dass es auf den Umfang der Arbeiten nicht ankommt. Zudem haben die Richter bestätigt, dass auch eine mündliche oder konkludente Zuordnung seitens des Arbeitgebers möglich ist.
Festlegung ohne Zuordnung
Da der Arbeitgeber keine Zuordnung vornehmen muss, kann eine erste Tätigkeitsstätte auch anhand zeitlicher Kriterien geprüft werden. Soll der Arbeitnehmer an einer Tätigkeitsstätte ohne dauerhafte Zuordnung
- typischerweise arbeitstäglich oder
- mindestens an zwei vollen Arbeitstagen in der Woche oder
- zu einem Drittel seiner Arbeitszeit tätig werden, so liegt nach § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG eine erste Tätigkeitsstätte vor. Kommen nach den Kriterien mehrere Orte in Betracht, so kann der Arbeitgeber entscheiden.
Erstattung von Reisekosten
Liegt eine Tätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte und außerhalb der Wohnung vor und ist diese beruflich bedingt, kann der Arbeitgeber dem Mitarbeiter steuerfrei Fahrtkosten (Flugticket, Bahnkosten, 0,30 Euro je gefahrenen Kilometer mit dem Pkw), Verpflegungspauschalen und Unterkunftskosten erstatten. Neu ab 2020 ist zusätzlich eine Pauschale für Fahrtätige nach § 9 Abs. 1 Nr. 5b EStG. Im Folgenden wird zunächst auf die Neuerungen zum Jahr 2020 eingegangen.
Erstattung von Verpflegungspauschalen
Nach § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG dürfen bei eintägigen Dienstreisen/Auswärtstätigkeiten mit einer Dauer von mehr als acht Stunden Abwesenheit von der Wohnung oder der ersten Tätigkeitsstätte ab 2020 14 Euro steuerfrei vom Arbeitgeber ausgezahlt werden. Hier erfolgte eine Anhebung der Pauschalen.
Bei mehrtägigen Auswärtstätigkeiten, bei denen der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung übernachtet, dürfen für den An- und Abreisetag unabhängig von der Dauer jeweils 14 Euro und für Tage mit 24-stündiger Abwesenheit 28 Euro ab 2020 steuerfrei gezahlt werden.
Ist der Arbeitnehmer nicht im Inland, sondern im Ausland tätig, kann der Arbeitgeber Pauschalen für das Ausland erstatten. Diese wurden für das Jahr 2020 mit BMF-Schreiben vom 15.11.2019 bekannt gegeben.
Dreimonatsfrist
Eine steuerfreie Verpflegungspauschale darf nur für die ersten drei Monate an der auswärtigen Tätigkeitsstätte steuerfrei gezahlt werden. Nach Ablauf der drei Monate sind gezahlte Verpflegungspauschalen steuerpflichtiger Arbeitslohn. Wichtig ist aber, dass der Arbeitnehmer mehr als drei Monate an ein und derselben auswärtigen Tätigkeitsstätte beschäftigt ist. Bei Einrichtungen auf demselben Gelände oder im selben Gebäude, die aber verschiedenen Kunden gehören, liegen immer verschiedene Tätigkeitsstätten vor. Die Richter des BFH haben aus diesem Grund auch im vergangenen Jahr entschieden, dass ein Flughafengelände ein und dieselbe Tätigkeitsstätte ist, unabhängig davon, ob sich der Arbeitnehmer in Terminal 1 oder 2 oder in sonstigen Gebäuden oder Hallen auf dem Gelände aufhält. Die Dreimonatsfrist beginnt nicht bereits mit einem Tag an der auswärtigen Tätigkeitsstätte. Sie beginnt erst ab einer Tätigkeit von mindestens drei Tagen in einer Arbeitswoche an derselben Tätigkeitsstätte. Dies bedeutet, sind Arbeitnehmer immer nur maximal zwei Tage in der Woche z. B. bei einem Kunden, so beginnt eine Dreimonatsfrist nicht. Hat sie aber begonnen, spielt es keine Rolle, dass der Mitarbeiter in der Folgewoche nur einen Tag an der auswärtigen Einrichtung ist. Sie wird unterbrochen, wenn der Arbeitnehmer vier Wochen nicht an der entsprechenden auswärtigen Tätigkeitsstätte tätig wird. Die Gründe hierfür sind unbedeutend.
Mahlzeiten an Arbeitnehmer auf Auswärtstätigkeiten
Bei Dienstreisen mit einer Abwesenheitszeit von mehr als acht Stunden und mehrtägigen Dienstreisen muss eine vom Arbeitgeber gezahlte Verpflegungspauschale gekürzt werden, wenn eine vom Arbeitgeber veranlasste Mahlzeit zur Verfügung gestellt wird. Das heißt, der Mitarbeiter erhält auf Rechnung des Arbeitgebers eine Mahlzeit mit einem maximalen Wert von 60 Euro inkl. Getränke und Umsatzsteuer.
Die Kürzung beträgt nach § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG für ein Frühstück 20 Prozent vom Tageshöchstsatz (ab 2020 28 Euro, also 5,60 Euro) und für ein Mittag- und/oder Abendessen je 40 Prozent vom Tageshöchstsatz (ab 2020 28 Euro, also 11,20 Euro). Die Kürzung gilt für alle dienstlichen Reisen, auch ins Ausland, und dann entsprechend für die Pauschale für den jeweiligen Reisetag. Die Kürzung muss auch erfolgen, wenn das Frühstück weniger kostet als 5,60 Euro. Es ist nur maßgebend, dass der Arbeitgeber die Mahlzeit bezahlt hat. Auch die Einnahme des Essens spielt keine Rolle.
Erhält der Arbeitnehmer bei auswärtigen Tätigkeiten unter acht bzw. mit genau acht Stunden Mahlzeiten vom Arbeitgeber (z. B. auf Fortbildungsveranstaltungen innerhalb des Ortes), dürfen mangels ausreichender Abwesenheitszeit keine Verpflegungspauschalen gezahlt werden. Damit entfällt auch die Kürzung. Für die zur Verfügung gestellte Mahlzeit muss gemäß § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG der jeweilige Sachbezugswert angesetzt und versteuert werden. Die Sachbezugswerte betragen 2020 für ein Frühstück 1,80 Euro, für ein Mittag- und Abendessen jeweils 3,40 Euro.
Großbuchstabe M
Stellt der Arbeitgeber während einer Dienstreise Mahlzeiten an den Arbeitnehmer zur Verfügung, muss er auf der Jahreslohnsteuerbescheinigung den Großbuchstaben M eintragen (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG). Das M muss eingetragen werden, unabhängig davon, wie viele Mahlzeiten und welche Mahlzeiten der Arbeitnehmer erhält. Es dient als Kontrolle für das Finanzamt, dass der Mitarbeiter ggf. nicht auch Werbungskosten in Form von Verpflegungspauschalen erhält, obwohl er vom Arbeitgeber verpflegt wurde.
Pauschale für Fahrtätige
Nach dem neuen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b EStG können Arbeitnehmer mit einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit auf einem Kraftfahrzeug für Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug anstelle der tatsächlichen Aufwendungen eine Pauschale von 8 Euro pro Kalendertag steuerfrei vom Arbeitgeber erhalten oder diesen Betrag als Werbungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen.
Die Pauschale soll Gebühren für die Benutzung der sanitären Einrichtungen (Toiletten sowie Dusch- oder Waschgelegenheiten) auf Raststätten und Autohöfen, Park- oder Abstellgebühren auf Raststätten und Autohöfen sowie Aufwendungen für die Reinigung der eigenen Schlafkabine abdecken.
Höhere Kosten des Arbeitnehmers können im Rahmen des Werbungskostenabzugs nachgewiesen werden.
Die neue Pauschale kann zusätzlich zu den normalen Verpflegungspauschalen vom Arbeitgeber steuerfrei gezahlt werden.
Fazit: Es bleibt bei den umfangreichen Regelungen, die der Arbeitgeber bei steuerfreien Erstattungen von Reisekosten an reisende Arbeitnehmer beachten und dokumentieren muss. In Zeiten der Digitalisierung helfen hier zum Teil schon zahlreiche Abrechnungstools.
Daniela Karbe-Geßler