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Interview mit Adel Orosz : »Der Spaß ist das Wichtigste«

Wie lernt man Payroll, wie kommt man dazu und was motiviert junge Payroller, auch langfristig dabeizubleiben? Dies sind alles Fragen, die ich mir seit langem stelle. Denn Payroll ist ein klassischer Quereinsteiger-Beruf.

Sabine KatzmairPraxis
Lesezeit 7 Min.

Die Generation Z drängt nun auf den Arbeitsmarkt, junge selbstbewusste Menschen mit komplett anderen Erwartungen an die Arbeitswelt und auch an Führungskräfte.

Wie sie selbst zur Payroll kam, was ihre Generation – die Generation Z – aus ihrer Sicht von Arbeitgebern erwartet und was sie und ihre Altersgenossen antreibt, schilderte mir Adel Orosz, HR & Payroll Administrator bei Lilium, einem internationalen, innovativen Start-up aus München, in einem Interview.

Hallo Adel, wir kennen uns ja aus einem Projekt. Du kommst eigentlich aus Ungarn und bist aber jetzt in München bei einem Start-up tätig. Erzähl mal, wie kamst du nach Deutschland und aus welchen Gründen?

Gute Frage, ich wollte eigentlich nur ein Austauschsemester während meines Studiums in Deutschland verbringen. Daraus sind dann plötzlich zwei Semester geworden. Kurz danach habe ich mein Studium in Ungarn abgeschlossen und neun Monaten in Ungarn gearbeitet. Doch Deutschland hat mich nicht losgelassen. Deshalb habe ich noch einmal die Möglichkeit ergriffen, ein Praktikum in Deutschland zu machen. Ich dachte, das könnte in meinem Lebenslauf gut aussehen. Der Plan war wieder, nur sechs Monate zu bleiben, aber nach dem Praktikum habe ich mich entschieden, in Deutschland zu bleiben und mich auf Einstiegspositionen zu bewerben. Im HR-Admin-Bereich hat es dann geklappt. Mittlerweile arbeite ich schon seit knapp vier Jahren in Deutschland.

Schön, dass es dir in Deutschland so gut gefällt. Wichtig in einem anderen Land ist natürlich die Sprache. Du sprichst fließend Deutsch, Englisch und natürlich Ungarisch. Ist es dir wichtig, in einem internationalen Umfeld zu arbeiten?

Ich finde es einfach spannend, in einem internationalen Umfeld zu arbeiten. Immer wieder wird man durch die Kollegen mit kulturellen Unterschieden konfrontiert, und die machen meine Tage einfach schöner und lustiger. Mittlerweile könnte ich es mir gar nicht anders vorstellen, aber früher war es gar nicht so wichtig.

Die Payroll ist ein klassischer Quereinstiegsbereich. Welche Ausbildung bringst du mit und wie bist du zur Lohnabrechnung gekommen?

Und warum bist du noch dabei? Ich habe klassisch BWL mit Schwerpunkt Personal studiert. Noch in Ungarn nach meinem Studium bin ich im Recruitment eingestiegen. Ich habe viele Interviews geführt und auch international Leute vermittelt. Es war mir klar, dass ich mir wegen meiner damalig nicht so sicheren Deutschkenntnisse in Deutschland ein anderes Betätigungsfeld suchen muss. Deshalb kam ich zum Personalsachbearbeiter-Bereich. Durch meine erste HR-Admin-Tätigkeit bei meinem vorherigen Arbeitgeber habe ich schon in der Payroll mitgeholfen und irgendwie hat es mich mit der Zeit dann mehr und mehr interessiert.

Wie bist du so als Person? Was zeichnet dich aus?

Ich mag Verantwortung und tue mein Bestes, dass ich die auch immer erfülle. Es ist mir privat sowie auch beruflich sehr wichtig. Auf mich kann man sich verlassen, bei mir steht der Mensch immer an erster Stelle. Natürlich gehört es auch zur Mitarbeiterzufriedenheit, dass diese rechtzeitig und korrekt bezahlt werden.

Was gefällt dir am Bereich Lohnabrechnung? Was nicht? Was möchtest du noch lernen?

Wie schon gesagt, ich bin ganz am Anfang und noch ganz neu in der Lohnabrechnung und durch Zufall und Interesse reingerutscht. Das Thema ist sehr komplex und ich glaube, genau das reizt mich am meisten. Es ist wie ein Puzzle, wenn ein Stück fehlt, kann man den Prozess nicht zu Ende bringen bzw. nicht richtig. Andersrum, wenn alles passt, ist es ein richtig gutes Gefühl.

Durch die fortschreitende Digitalisierung gehört die IT natürlich dazu. Ich selbst würde behaupten, dass ich gute IT-Kenntnisse auf Benutzerebene habe, aber merke tatsächlich, dass ich einiges vielleicht schneller schaffen würde, wenn ich meine Kenntnisse erweitern würde. Definitiv nicht mein Fall sind Versicherungen im Bereich Payroll.

Du gehörst mit deinem Geburtsjahrgang 1994 der Generation Z an. Die „Digital Natives“, sagt man, möchten sich im Beruf kreativ ausleben, sich eine gewisse Freiheit in ihrer Arbeitszeitgestaltung und Flexibilität bewahren. Außerdem möchten diese zwar begeistert Leistung bringen, aber sich trotzdem nicht in irgendeinem Hamsterrad wiederfinden. Kannst du dich mit dem Lebensgefühl und der Arbeitseinstellung der Generation Z identifizieren?

Zu 100 Prozent. Schon komisch, dass man eine Generation (zumindest mich) so gut beschreiben kann. Wenn mir etwas langweilig wird, dann kann/will ich es nicht machen. Ich brauche Leidenschaft, um etwas richtig zu machen. Ich akzeptiere „semi-gute“ Lösungen nicht und es fällt mir sehr schwer, zu nicken, wenn ich nicht einverstanden bin. Ich respektiere Regeln, aber suche nach dem „kleinen Tor“ – das sagen wir auf Ungarisch. Wie kann man es anders machen, wenn die Regeln für mich keinen Sinn machen? Wenn ich mich in einem Hamsterrad befinde, verliere ich meine Motivation, kann mich schlecht konzentrieren und mache Fehler. Dann muss ich sofort etwas ändern, sonst macht es keinen Spaß mehr. Und ich glaube, der Spaß an dem, was wir tun, ist für unsere Generation fast das Wichtigste.

Berufliches Engagement: Eine Frau in Geschäftskleidung führt ein angenehmes Gespräch mit einer Kollegin.
Adel Orosz, HR & Payroll Administrator bei der Lilium GmbH in Weßling bei München

Was können Arbeitgeber tun, um mehr auf die Bedürfnisse deiner Generation einzugehen und dadurch mehr qualifiziertes Payroll-Personal anzuziehen und zu halten?

Es muss Projekte geben, wo wir die Freiheit genießen und dabei unsere Kreativität einsetzen können. Am Anfang dachte ich, Payroll ist nur schwarz und weiß, aber so einfach ist es doch nicht. Man kann an Probleme unterschiedlich rangehen und öfters gibt es mehrere Ergebnisse.

Was zeichnet für dich eine gute Führungskraft aus?

Sie ist wie ein Coach oder Lehrer für mich in der Person eines Kollegen. Bei mir bringt es nicht viel, wenn man sagt, ich bin dein Chef, und dann höre ich nichts von ihm, bekomme keine Unterstützung oder Ziele. Ich finde das wichtig, da ich mich noch relativ am Anfang meiner Karriere befinde und Orientierung brauche. Ich lege viel Wert auf regelmäßigen Austausch – sei es mit Kollegen oder meinem Supervisor, um auch andere Sichtweisen zu hören und berücksichtigen zu können. Gegenseitiger Respekt ist für mich das A und O. Der muss da sein, da meine Zeit genauso viel wert ist wie die Zeit von jedem anderen. Reine Machtausübung kommt bei mir immer ganz falsch an und demotiviert mich.

Wie würdest du es im Nachhinein mit deiner derzeitigen Erfahrung besser machen? Was können Arbeitgeber im Bereich der Personalentwicklung aus deiner Sicht tun, um qualifizierte Payroll-Fachkräfte auszubilden?

Ich glaube, der Markt muss Payroll einfach „schmackhafter“ verkaufen. Solange es nur als langweilige Admin-Tätigkeit gesehen wird, haben die wenigsten Menschen Freude daran. Hätte man mich vor einem Jahr gefragt, in welche Richtung ich mich entwickeln möchte, wäre meine Antwort sicherlich nicht Payroll gewesen. Business Partner, Learning and Development, Eventmanagement usw. Alles hätte mich eher interessiert als Payroll.

Payroll wäre sicherlich interessanter für viele, würden Arbeitgeber das pure Admin-Tagesgeschäft etwas erweitern, z. B. mit Projektarbeit. Payroll hat so viele Schnittstellen zu anderen Abteilungen – ein ständiger Austausch ist hier sehr wichtig.

Zusätzlich zu Trainings ist eine ständige Unterstützung durch Fachkräfte wichtig, die sich mit dem Thema auskennen. Sei es eine interne Fachkraft oder ein externer Berater, den man bei Fragen kontaktieren kann. Ohne Hilfe wäre ich selbst verloren und hätte auch nicht die Motivation, mich weiterzubilden, wenn ich nicht das Licht am Ende des Tunnels sehen könnte.

Worauf möchtest du dich in Zukunft fachlich noch mehr konzentrieren?

Ich arbeite ja erst ein Jahr in diesem Bereich. Deshalb möchte ich den kompletten Bereich etwas besser und tiefer kennenlernen. Ich bin an dem Punkt angekommen, dass ich zwar Fragen stellen kann, aber die Antworten noch oft suchen muss, was manchmal zeitaufwendig ist. Also wäre es schön, grundsätzlich mehr zu wissen. Dafür lese ich auch viel Fachmaterial, das unterschiedliche Fälle beschreibt. Stück für Stück – mit der Zeit und je mehr ich arbeite, desto mehr weiß ich.

Die Rente ist ja noch etwas weit entfernt, aber wo siehst du dich in zehn Jahren? Beruflich wie privat?

Hoffentlich arbeite ich in zehn Jahren gar nicht mehr (lacht). Beruflich kann ich mir gut vorstellen, dass ich mich langfristig in Richtung „Compensation and Benefits“ weiterentwickle und so auch eigene Ideen umsetzen könnte, die für die Mitarbeiterzufriedenheit wichtig sind. Aber ganz genau weiß ich es ehrlich gesagt noch gar nicht.

Privat fahre ich sicher einen Porsche – das ist einer meiner größten Träume seit dem Kindergarten. Hättest du mich vor zehn Jahren gefragt, sicher hätte ich mich nicht hier gesehen, wo ich gerade bin. Ich glaube, dass ich mich auf einem guten Weg befinde, und den werde ich noch etwas länger verfolgen. Ich habe langfristig aber auch ganz andere Pläne. Lass dich überraschen, wir bleiben sowieso in Kontakt!

Liebe Adel, danke für das herzerfrischende, tolle Gespräch, dir noch alles Gute weiterhin.

Sabine Katzmair, Payroll Management & Consulting, Rosenheim

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