Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst
In dieser Rubrik werden aktuelle Entscheidungen, die für den Bereich des öffentlichen Dienstes relevant sind, wiedergegeben.
Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten bei der Vergütung?
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 40/20 zum Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 11.11.2020 – 10 AZR 185/20 (A)
Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts ersucht den Gerichtshof der Europäischen Union, Fragen nach der Auslegung der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG zu beantworten. Ist für die Prüfung, ob Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten schlechter behandelt werden, weil eine zusätzliche Vergütung davon abhängt, dass eine einheitlich geltende Zahl von Arbeitsstunden überschritten wird, auf die Gesamtvergütung und nicht auf den Entgeltbestandteil der zusätzlichen Vergütung abzustellen? Kann eine mögliche schlechtere Behandlung von Teilzeitbeschäftigten gerechtfertigt werden, wenn mit der zusätzlichen Vergütung der Zweck verfolgt wird, eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen?
Weitergabe dynamischer Entgelterhöhungen gemäß den Entgelttabellen des TVöD aufgrund eines Haustarifvertrags; betriebliche Übung
Im Anschluss der Orientierungssatz des Urteils des BAG vom 19.02.2020 – 5 AZR 189/18
Nimmt ein Arbeitgeber an, zur Gewährung von Leistungen an die Arbeitnehmer aus einem Tarifvertrag verpflichtet zu sein, wird durch die wiederholte Leistung keine betriebliche Übung begründet. In einem solchen Fall liegt die erforderliche positive Kenntnis einer anderweitig fehlenden Verpflichtung zur Leistung nicht vor. Allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber tarifvertragsschließende Partei des Haustarifvertrags ist, führt nicht dazu, dass die Grundsätze zur Begründung einer betrieblichen Übung keine Geltung beanspruchen.
Kommunaler Feuerwehrtechnischer Dienst im Land Brandenburg; Reduzierung der Sollarbeitszeit bei dienstplanmäßig „Frei“ an einem gesetzlichen Feiertag; Gleichbehandlungsgrundsatz
Dies sind die Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 24.06.2020 – 6 AZR 15/19
- Tarifvertragliche Blankettverweisungen auf beamtenrechtliche Bestimmungen sind zulässig. Sie entsprechen dem sachlichen Bedürfnis, eine Gleichbehandlung der oft nebeneinander unter gleichen Arbeitsbedingungen tätigen angestellten und beamten Beschäftigten sicherzustellen (Rn. 19).
- § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ verpflichtet den Dienstherrn nicht zur Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für gesetzliche Feiertage, an denen der Beschäftigte unabhängig vom Feiertag aus Gründen der Dienstplanung nicht zu arbeiten braucht (Rn. 21 ff.). Diese Regelung ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (Rn. 25 ff.).
- Um kommunalen feuerwehrtechnischen Einsatzdienst handelt es sich bei Einsätzen vor Ort, die ein aktives Tätigwerden des Beschäftigten am Brand- bzw. Katastrophenort erfordern und in schwierigen Situationen unter physischer und psychischer Belastung schnell und verantwortlich bzw. unter widrigsten Bedingungen, die mit vielfältigen Risiken für Leben und Gesundheit verbunden sind, zu erbringen sind (Rn. 29).
Zusatzurlaub gemäß § 27 TVöD-VKA für den Zeitraum des Bezugs eines Zuschusses zum Krankengeld
Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 26.05.2020 – 9 AZR 129/19
- Soweit § 27 Abs. 1 Buchst. a TVöD-VKA den Anspruch auf Zusatzurlaub an die Voraussetzung knüpft, dass der Beschäftigte „ständig in Wechselschicht“ arbeitet, erfordert dies grundsätzlich eine entsprechende tatsächliche Arbeitsleistung (Rn. 21).
- Eine Ausnahme zu diesem Grundsatz findet sich in Satz 2 der Protokollerklärung zu § 27 Abs. 1 und Abs. 2 TVöD-VKA, der zufolge eine Unterbrechung der tatsächlichen Tätigkeit u. a. durch Arbeitsunfähigkeit in den Grenzen des § 22 TVöD-VKA unschädlich ist. Dies gilt ausweislich des insoweit eindeutigen Wortlauts der Protokollerklärung jedoch nur „für die Feststellung, ob ständige Wechselschichtarbeit vorliegt“. Im Hinblick auf das weitere Tatbestandsmerkmal, den Anspruch auf die Wechselschichtzulage, trifft die Protokollerklärung keine Regelung. Insoweit verbleibt es bei dem in § 27 Abs. 1 TVöD-VKA formulierten Erfordernis, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 TVöD-VKA vorliegen müssen (Rn. 21).
- Die Beschäftigten leisten ständig Wechselschichtarbeit, wenn ihnen diese Tätigkeit dauerhaft vom Arbeitgeber zugewiesen ist und die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht wird. Der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung steht es gleich, wenn die ständige Leistung von Wechselschichtarbeit nur deshalb nicht erfolgt, weil der Beschäftigte unter Fortzahlung der Bezüge gemäß § 21 Satz 1 TVöD-VKA – etwa wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit – von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt ist. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer bis zu einer Dauer von sechs Wochen die – ungekürzte – Zulage (Rn. 25 f.).
- Anders als das Tatbestandsmerkmal „ständig Wechselschichtarbeit leisten“ liegt das Tatbestandsmerkmal „Anspruch auf die Wechselschichtzulage“ nach dem Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums nicht vor, wenn der Arbeitnehmer weiterhin arbeitsunfähig ist. Der Bezug eines Zuschusses zum Krankengeld, auf den der Arbeitnehmer nach § 22 Abs. 2 TVöD-VKA Anspruch hat, ändert hieran nichts (Rn. 37).
- Ungeachtet des Umstands, dass der Zusatzurlaub nach § 27 Abs. 1 Buchst. a TVöD-VKA nicht auf gesetzlicher, sondern auf tarifvertraglicher Grundlage beruht, sind gemäß § 26 Abs. 2 TVöD-VKA für die Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Zusatzurlaub zeitlich befristet ist, die Vorschriften des BUrlG maßgebend. Danach erlischt der Anspruch auf Zusatzurlaub nur dann am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 BUrlG), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat (Rn. 31 f.).
Claudia Czingon