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Lohnsteuer kompakt für die Personalpraxis

Lesezeit 4 Min.
Verschiedene Fahrzeuge nähern sich Mautstellen auf einer Autobahn, bei klarem Himmel und sichtbaren roten X-Schildern, die auf Humanressourcen für gesperrte Fahrspuren hinweisen.

Steuerliche Besonderheiten bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung

Gerade in Zeiten von Homeoffice werden häufig Arbeitnehmer im Ausland eingestellt oder Arbeitgeber aus dem Ausland stellen Arbeitnehmer mit einem Wohnsitz in Deutschland ein. Die Arbeitnehmer arbeiten häufig in ihren Heimatländern.

Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann auch ein ausländischer Arbeitgeber zum Lohnsteuerabzug verpflichtet sein, wenn das ausländische Unternehmen als Arbeitgeber anzusehen ist. Von einer Überlassung von Arbeitnehmern (Leiharbeitnehmer) ist auszugehen, wenn es sich um einen Fall handelt, der unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz fällt.

Hierbei handelt es sich insbesondere um Fälle, in denen Arbeitnehmer zum Zwecke der Ausleihe an andere Unternehmen eingestellt werden.

Die Tätigkeit, die von § 1 AÜG erfasst wird, muss auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Dies trifft auf nachhaltige, planmäßige und nicht nur gelegentliche, zufällige oder auf vorübergehende Zeit ausgerichtete Tätigkeiten zu. Eine nur einmalige Überlassung eines Arbeitnehmers fällt häufig nicht unter den Anwendungsbereich des AÜG. Es muss eine gewerbsmäßige Überlassung vorliegen. Von einer gewerbsmäßigen Überlassung wird ausgegangen, wenn Arbeitnehmer vom Verleiher nicht nur gelegentlich, sondern auf Dauer zur Erzielung wirtschaftlicher Vorteile verliehen werden. Keine Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn Arbeitnehmer nur gelegentlich und kurzfristig zwischen selbstständigen Betrieben zur Deckung eines kurzfristigen Personalmehrbedarfs ausgeliehen werden. Eine Entleihung an dritte Unternehmen kann zwischen verbundenen Unternehmen vorliegen.

Eine Tätigkeit im Inland liegt vor, wenn der Ort, an dem der Arbeitnehmer physisch tätig wird, im Inland liegt, also in Deutschland. Eine Ausnahme der Arbeitnehmerüberlassung liegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 AÜG vor, wenn eine Überlassung in das Ausland vorliegt und wenn der Leiharbeitnehmer in ein auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen begründetes deutsch-ausländisches Gemeinschaftsunternehmen verliehen wird, an dem der Verleiher beteiligt ist. Privilegiert ist jedoch nur die Arbeitnehmerüberlassung vom Inland in das Ausland. Nicht darunter fällt der umgekehrte Fall vom Ausland in das Inland. Eine nur vorübergehende Ausleihe im Konzern ist keine Arbeitnehmerüberlassung. Hierunter sollte eine Ausleihe von wenigen Wochen oder Monaten verstanden werden.

Verleiht ein ausländischer Arbeitgeber einen beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer nach Deutschland, Deutschland hat aber aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) kein Besteuerungsrecht, ist der ausländische Verleiher grundsätzlich zum Einbehalt der Lohnsteuer verpflichtet, außer er hat eine Freistellungsbescheinigung vorliegen. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein im Ausland wohnhafter Arbeitnehmer tätig wird und die 183-Tage-Regel anwendbar ist. Ist das inländische Unternehmen als Arbeitgeber anzusehen, kann gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG das aufnehmende Unternehmen zum Lohnsteuerabzug verpflichtet sein. Dies ist z. B. der Fall, wenn innerhalb eines Konzerns Arbeitnehmer an ein verbundenes inländisches Unternehmen versendet werden und das aufnehmende Unternehmen entweder eine arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber abschließt oder als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist.

Folgende Indizien sprechen dafür, dass das aufnehmende inländische Unternehmen (wirtschaftlicher) Arbeitgeber wird:

  • Der Arbeitnehmer wird im aufnehmenden Unternehmen wie ein Arbeitnehmer tätig, ohne im rechtlichen Sinn dessen Arbeitnehmer zu sein. Voraussetzung ist die Eingliederung in die betriebliche Organisation des aufnehmenden Unternehmens. Dem aufnehmenden Arbeitgeber muss das arbeitsrechtliche Direktionsrecht im Hinblick auf den täglichen Arbeitsablauf zustehen.
  • Der Arbeitnehmer ist in seinen Geschäftsbetrieb integriert und der Arbeitgeber ist weisungsbefugt. Von einem Leiharbeitsverhältnis ist auszugehen, wenn dem Entleiher ein Weisungsrecht hinsichtlich Art, Umfang und Durchführung der Tätigkeit des Arbeitnehmers zusteht. Zudem muss das aufnehmende Unternehmen den Arbeitslohn wirtschaftlich tragen. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist bei einer Dauer von mehr als drei Monaten das aufnehmende Unternehmen wirtschaftlicher Arbeitgeber. Bei mehrfacher Entleihung ist dies auch bei weniger als drei Monaten möglich.

Ausnahmen

Kein Verleihen von Arbeitnehmern liegt bei der Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung vor. In diesem Fall ist das Direktionsrecht beim formalen Arbeitgeber geblieben und der Arbeitnehmer nicht in den Betrieb des aufnehmenden Unternehmens eingegliedert.

Haftung

Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist der ausländische Verleiher verpflichtet, die Lohnsteuer einzubehalten, so auch § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Mit § 42d Abs. 6 EStG wird die Grundlage für die Haftung des Entleihers für die Lohnsteuer der bei ihm tätigen Arbeitnehmer geregelt, die von der Haftung des Verleihers abhängt. Die Haftung hängt somit davon ab, dass der Leiharbeitnehmer die Lohnsteuer schuldet und der Verleiher als Arbeitgeber nach § 42d Abs. 1 EStG haftet. Die Haftung beschränkt sich auf die Lohnsteuer für die Zeit, für die ihm der Arbeitnehmer überlassen worden ist, so § 42d Abs. 6 Satz 4 EStG. Nach § 42d Abs. 6 Satz 5 EStG haften Arbeitgeber, Entleiher und Arbeitnehmer als Gesamtschuldner. Liegt eine Arbeitnehmerentsendung vor, haftet der Verleiher genauso wie ein Entleiher nach § 42 Abs. 6 EStG.

Der Entleiher als aufnehmendes Unternehmen kann für die Steuerschuld ebenso in Haftung genommen werden. Falls das aufnehmende Unternehmen als Arbeitgeber anzusehen ist, kann daneben auch der Verleiher in Haftung genommen werden. Verleiher und Entleiher sind Gesamtschuldner.

Praxishinweis

Der möglicherweise haftende Unternehmer sollte sich mit einer Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt absichern. Die Anrufungsauskunft hat Bindungswirkung für den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann dadurch sein Haftungsrisiko erheblich senken. Ein Arbeitgeber hat die Lohnsteuer auch dann vorschriftsmäßig i. S. von § 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG einbehalten, wenn die Auskunft unrichtig war.

Daniela Karbe-Geßler

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