Payroll der Zukunft : Digitalisierung im Personalmanagement
Nun ist es so weit. Das Warten hat ein Ende, und die Digitalisierung schreitet mit großer Kraft in der Sozialversicherung voran. Sie macht dort weiter, wo wir in der Digitalisierung des Steuerrechts (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form – GoBD) stehen. Nachdem die Pflicht zur elektronischen Führung von Entgeltunterlagen am 01.01.2022 mit einer Opt-out-Variante eingeführt wurde, greift nun die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP) seit 01.01.2023. Hieraus folgen mehrere Umsetzungsschritte, die im Personalmanagement eine durchgreifende Wirkung entfalten.
Elektronische Entgeltunterlagen verpflichtend
Durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB) und anderer Gesetze vom 12.06.2020 wurde die Pflicht zur elektronischen Führung von Entgeltunterlagen eingeführt. So besteht seit 01.01.2022 die Pflicht, dass diese Unterlagen vom Arbeitgeber elektronisch zur Verfügung gestellt werden müssen. Dies bedeutet, dass nicht nur der Arbeitgeber in der Pflicht ist, diese Unterlagen elektronisch zu führen. Schon derjenige, welcher dem Arbeitgeber eine solche Unterlage einreicht (ein Student reicht beispielsweise eine Immatrikulationsbescheinigung ein), muss dies elektronisch tun.
Die wichtigsten dieser Unterlagen und Daten sind :
- Unterlagen zur Staatsangehörigkeit,
- Unterlagen zu einer Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht,
- Unterlagen zu einer Entsendung,
- eine Mitgliedsbescheinigung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV),
- Daten zu den erstatteten Meldungen,
- Daten zu Rückmeldungen der Krankenkassen,
- Anträge von Minijobbern zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht (= Opt-out),
- Niederschrift nach § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG),
- Erklärungen von kurzfristig Beschäftigten über weitere kurzfristige Beschäftigungen,
- Kopien von Anträgen in Bezug auf ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund,
- Bescheide von Krankenkassen über die Feststellung der Versicherungspflicht,
- Entscheidungen der Finanzbehörden, dass Studiengebühren kein Arbeitsentgelt sind,
- Nachweis der Elterneigenschaft,
- Aufzeichnungen nach dem Mindestlohngesetz und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz.
Die Regelung steht im engen Zusammenhang mit der Verpflichtung zur elektronisch unterstützten Betriebsprüfung (euBP) ab dem Jahr 2023. Der Verordnungsgeber will erreichen, dass dann Unterlagen und Daten nur noch elektronisch ausgetauscht werden.
Pflicht zur elektronisch unterstützten Betriebsprüfung
Im Jahr 2019 wurden bereits 40 Prozent aller Betriebsprüfungen mithilfe der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung (euBP) durchgeführt, das waren fast 313.000 Prüfungen. Im Jahr 2020 ist der Anteil der Prüfungen, die mit einer euBP durchgeführt wurden, wegen der besonderen Umstände in der Corona-Krise noch einmal kräftig gestiegen: Ende Oktober lag der Anteil bei 54 Prozent. Gleichwohl war die euBP bisher immer noch ein freiwilliges Verfahren.
Ab dem 01.01.2023 wird die euBP grundsätzlich verpflichtend, soweit es die Daten der Entgeltabrechnung betrifft. Ist das euBP-Modul in der Entgeltabrechnung bis dahin ein Zusatzmodul, so wird es ab 2023 ein Pflichtmodul werden.
Auf Antrag des Arbeitgebers kann der zuständige Rentenversicherungsträger allerdings für Zeiträume bis zum 31.12.2026 auf die Übermittlung der Daten verzichten. Der Verzicht ist an keinerlei Bedingungen geknüpft, die Rentenversicherungsträger werden ihn deshalb in der Regel erklären.
Bei den Daten der Finanzbuchhaltung bleibt alles beim Alten: Die Übermittlung dieser Daten ist weiterhin freiwillig. Hier hat der Gesetzgeber den Rentenversicherungsträgern und den Arbeitgebern aufgegeben, zu prüfen, wie auch Finanzbuchhaltungsdaten strukturiert übermittelt werden können.
Mit der elektronischen Übermittlung der Daten gibt man dem Prüfer im Prinzip alles an die Hand, was er zur Prüfung braucht. Umgekehrt stellt die Rentenversicherung dem Arbeitgeber Datensätze für die Meldekorrekturen sowie das Prüfergebnis elektronisch zur Verfügung. Dies bedeutet für beide Seiten eine enorme Arbeitserleichterung.
Digitalisierung im Beitrags-und Meldeverfahren
Der Gesetzentwurf zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze hat den Bundesrat am 16.12.2022 passiert. Nun sollen Verfahren in der Sozialversicherung effektiver ausgestaltet und im Sinne der Digitalisierung und der Entbürokratisierung verbessert werden. Zudem werden technische Vorgaben an die sich fortentwickelnden technischen Standards angepasst. Ferner werden gesetzliche Änderungen im Vermögensanlagerecht, im Künstlersozialversicherungsgesetz sowie in anderen Rechtsbereichen vorgenommen.
Beispielsweise soll die Pflicht zur Vorlage eines Sozialversicherungsausweises durch den automatisierten Abruf der Versicherungsnummer seitens des Arbeitgebers bei der Datenstelle der Rentenversicherung (DSRV) in Würzburg abgelöst werden. Auch soll der Sozialversicherungsausweis durch den Versicherungsnummern-Nachweis ersetzt werden. Die Meldung von Beginn und Ende der Elternzeit von Arbeitnehmern wird den Sozialversicherungsträgern künftig im Rahmen des allgemeinen elektronischen Meldeverfahrens mitgeteilt. Weitere Regelungen betreffen das Anlage- und Risikomanagement der Versicherungsträger.
Elektronische Arbeitsbescheinigungen
Mit dem Bescheinigungsverfahren BEA (= Bescheinigungen elektronisch annehmen) müssen Arbeitgeber für die Gewährung von Arbeitslosengeld die Arbeitsbescheinigungen nach § 312 SGB III, die Arbeitsbescheinigungen bei Anwendung des überstaatlichen Rechts nach § 312a SGB III sowie Nebeneinkommensbescheinigungen nach § 313 SGB III elektronisch nach § 108 Abs. 1 SGB IV i.V. m. § 313a SGB III an die Arbeitsagentur übermitteln. Die Meldungen sind durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels maschinell erstellter Ausfüllhilfen zu erstatten. Die bescheinigten Daten sind dem Beschäftigten von der Arbeitsagentur in Papierform zu bestätigen. Zum 01.01.2023 wird die Teilnahme am elektronischen Verfahren BEA für alle Arbeitgeber verpflichtend. Ein Widerspruch der Beschäftigten gegen die elektronische Übermittlung scheidet künftig aus.
Einrichtung eines Arbeitgeberkontos
Nach § 28a Abs. 3b SGB IV haben Arbeitgeber auf elektronische Anforderung der Einzugsstelle mit der nächsten Entgeltabrechnung die notwendigen Angaben zur Einrichtung eines Arbeitgeberkontos elektronisch zu übermitteln. Eine Anforderung durch die Einzugsstelle erfolgt, sofern in der Anmeldung oder im ersten eingehenden Beitragsnachweis eine Hauptbetriebsnummer angegeben ist, unter der bei der Einzugsstelle kein aktives Arbeitgeberkonto besteht. Die Übermittlung der notwendigen Angaben zur Einrichtung eines Arbeitgeberkontos erfolgt mit dem Datensatz Arbeitgeberkonto (DSAK) und den Datenbausteinen: Grunddaten (DBGD), Abweichende Korrespondenzanschrift (DBKO), Dienstleister (DBDL), Wahlerklärung für die Teilnahme am Ausgleichsverfahren U1 (DBWU) und SEPA-Lastschriftmandat (DBSL). Der Datensatz DSAK mit dem Abgabegrund „01“ ist nur auf Anforderung der Einzugsstelle zu übermitteln. Änderungen kann der Arbeitgeber mit dem Abgabegrund „02“ mitteilen; dies gilt auch für vor dem 01.01.2023 bei einer Einzugsstelle bereits bestehende Arbeitgeberkonten. Aus diesem Anlass sollen grundsätzlich alle betrieblichen Stammdaten (insbesondere Name und Anschrift sowie vorhandene Postanschrift beim Arbeitgeber) auf Aktualität geprüft und entsprechend im Entgeltabrechnungsprogramm angepasst werden. Damit ist sichergestellt dass auch die Meldepflichten nach § 18i Abs. 4 SGB IV erfüllt sind. Auf Anforderung durch die Einzugsstelle hat der Arbeitgeber mindestens die Grunddaten (DBGD) und die Wahlerklärung für die Teilnahme am Ausgleichsverfahren U1 (DBWU) mitzuteilen.
Darüber hinaus kann der Arbeitgeber der Krankenkasse eine abweichende Korrespondenzanschrift (DBKO) und/ oder einen von ihm bevollmächtigten Dienstleister (DBDL) mitteilen. Mit dem Datensatz DBSL kann der Arbeitgeber die Einzugsstelle ermächtigen, fällige Beiträge mittels Lastschrift wiederkehrend einzuziehen (SEPA-Mandat). Die Ermächtigung kann auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Ein Widerruf des SEPA-Mandats bedarf der Schriftform, deshalb führt eine Stornierung eines bereits übermittelten Datensatzes DBSL nicht zum Widerruf eines bereits erteilten SEPA-Mandats
Gute Vorbereitung – Prüfungen erfolgreich bestehen
Die weitere Digitalisierung der Prozesse wird die professionelle Arbeit im Lohnbüro noch ausweiten. Sie wird sich zu einem vernetzten Lohnmanagement entwickeln. Die Fach- und Führungskräfte werden von internen und externen Beratern sowie Referenten fortlaufend unterstützt. Das ist notwendig, da der Beratungsbedarf durch die immer komplexer werdenden gesetzlichen Bestimmungen immer weiter steigt. Klar ist, trotz Kenntnis der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen kann deren Umsetzung in der betrieblichen Praxis nur noch im Team erfolgreich bewerkstelligt werden.
Raschid Bouabba, MCGB GmbH