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Der Leiter Entgeltabrechnung : Keine Payroller weit und breit?

Wie man dem Payroll-Fachkräftemangel langfristig begegnet

Lesezeit 6 Min.

Ob mein Handwerker, die Floristin um die Ecke oder meine Auftraggeber im Bereich der Lohnabrechnung – alle suchen sie derzeit händeringend gut ausgebildetes Personal. Auch Unternehmen mit bisher wenig Fluktuation haben mittlerweile nun wirklich auch verstanden: Fachkräfte wachsen nicht mehr auf den Bäumen. Und Zahlen bestätigen das. Laut Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) waren im 3. Quartal 2018 1,2 Millionen Stellen offen. 45 Prozent der befragten Unternehmen der Manpower-Studie Fachkräftemangel 2018 gaben an, dass sie keine Mitarbeiter mit den Fähigkeiten und Qualifikationen finden können, die sie benötigen. Dies ist der höchste Wert, der je in der jährlichen Studie von Manpower erreicht wurde. Dies fußt auf zwei Hauptgründen: Die Jahrgänge der Babyboomer bewegen sich in Richtung Rente und verlassen den Arbeitsmarkt. Die nachfolgenden geburtenschwachen Jahrgänge bringen nicht genügend bzw. nicht genügend fachlich qualifiziertes Personal auf den Markt nach. Die Folgen: Die Auswahl wird geringer. Der Arbeitgebermarkt wird zum Arbeitnehmermarkt. Gute Fachkräfte können in Zukunft und auch schon jetzt unter mehreren Jobangeboten wählen. Gehälter steigen an. Die Mehrbelastung für bestehendes Personal erhöht sich, da Vakanzen länger unbesetzt bleiben, Projekte (z. B. Digitalisierung, Datenschutz etc.) geraten ins Stocken.

Was also tun als Unternehmen, das dringend Payroll-Personal benötigt?

Strategisch angehen

Fakt ist: Gut ausgebildete und erfahrene Lohnabrechner fehlen schon seit mehreren Jahren auf dem Markt. Das ist wirklich nichts Neues, sondern wurde einfach durch Unternehmen bisher gnadenlos unterschätzt. Meiner Einschätzung nach muss das Thema Payroll-Fachkräftemangel strategisch angegangen werden. Was heißt das? Stellen Sie sich auf die Situation am Arbeitsmarkt langfristig ein. Der Fachkräftemangel wird nicht in einem Jahr vorbei sein. Es ist ein Thema, was Ihr Unternehmen, Ihre Lohnabrechnung über Jahre, evtl. sogar Jahrzehnte begleiten wird. Somit müssen auch langfristige Ziele und Maßnahmen ergriffen werden, und zwar m. E. mit drei Ausrichtungen:

  1. Payroll Retention – halten Sie qualifiziertes Personal fest
  2. Unterstützung auf Zeit durch freiberufliche Mitarbeiter/Spezialisten
  3. Strategisches Recruiting von Payroll-Personal

Warum finden Arbeitgeber nicht die Fachkräfte, die sie benötigen?

1) Payroll Retention – halten Sie qualifiziertes Personal fest

Wenn man keine oder wenige qualifizierte Mitarbeiter auf dem freien Arbeitsmarkt findet, ist die logische Konsequenz, das zu schätzen und zu halten, was man bereits hat – nämlich qualifizierte, erfahrene Mitarbeiter, die das jeweilige Unternehmen, die Prozesse und ‚Specials‘ der Firma gut kennen.

Golden Agers, Mitarbeiter 50+

In den 90er und 2000er noch in den Vorruhestand geschickt und aussortiert – Mitarbeiter 50+. Nun sind sie eine wichtige Säule in der Belegschaft mit ihrer reichen Berufserfahrung. Laut BKK Gesundheitsreport 2018 ist die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 50 und 65 Jahren zwischen 2005 und 2016 von knapp acht Millionen auf 14 Millionen angestiegen – mit steigender Tendenz. Arbeitnehmer 50+ werden zum kostbaren Gut und sollten im Fokus Ihrer Festhaltestrategie stehen. Zudem werden Mitarbeiter 50+ auch in Zukunft präsenter auf dem Arbeitsmarkt sein. Und auch schon jetzt ist ein Jobwechsel mit 50+ nichts Ungewöhnliches mehr. Es gilt also diese sehr erfahrenen Kräfte im Unternehmen zu halten und weiter zu motivieren. Die Frage ist: Wie?

Individuelle Bedürfnisse – individuelle Angebote

Bedürfnisse ändern sich beim Älterwerden und sind sehr individuell. Angebote der Arbeitgeber könnten z. B. Teilzeit-Angebote, mehr Urlaub, betriebliches Gesundheitsmanagement, Aufgabenumstellung, Veränderung der Lage der Arbeitszeit, Homeoffice oder aber auch die Entlastung von Verantwortung umfassen. Beispiel: Eine festangestellte Kollegin 50+ wechselte nach sieben Jahren den Arbeitsplatz, weil sie nach jahrelanger Arbeit als allein verantwortliche Payroll-Solistin wieder im Team arbeiten wollte. Sie versprach sich davon Entlastung bei Krankheit/Urlaub und in der Verantwortung. Deshalb gehen Sie ins Gespräch mit Ihren Mitarbeitern 50+. Was brauchen diese, um noch länger ihre Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen?

2) Unterstützung auf Zeit oder Dauer – freiberufliche Mitarbeiter/Spezialisten entlasten Sie und Ihre Mitarbeiter

Durch den Fachkräftemangel sind Positionen in diesem Bereich meist längere Zeit unbesetzt. Die Suche dauert und die Kündigungsfristen geeigneter Kandidaten liegen z. T. bei drei Monaten oder mehr. Das bedeutet, eine Position kann dadurch schon mal sechs Monate oder länger unbesetzt sein. Doch das kann sich in der Regel kein Unternehmen leisten – der Druck ist enorm. Vakante Positionen bedeuten jedoch auch immer Mehrarbeit und -belastung für Ihr Team – dies ist auf Dauer keine Lösung und Sie riskieren damit weitere Fluktuation. Nicht nur zur Vakanzenüberbrückung, auch bei der Durchführung von zeitlich befristeten Payroll-Projekten (IT-System-Wechsel, Digitalisierung, Einführung neuer Prozesse etc.) können freiberufliche Spezialisten unterstützen. Sollten auf Dauer Fachkräfte im Unternehmen fehlen, kann ein dauerhaftes Outsourcen von komplexen Themen wie z. B. Betriebsrentnern, Auslandsthemen usw. eine Entlastung und Lösung bedeuten.

3) Strategisches Recruiting von externem Payroll-Personal

Geben Sie Quereinsteigern eine Chance

Bleiben Sie offen! Für Bewerber mit keinen oder geringen Fachkenntnissen sowie für Bewerber mit nicht ‚optimalen‘ Lebensläufen. Die Lohnabrechnung ist seit jeher generell ein Quereinsteiger-Bereich, da es für Payroller keine duale gesetzliche Ausbildung gibt. Meist kommen Mitarbeiter sowieso schon aus Schnittstellenbereichen wie z. B. Finanzbuchhaltung, Steuerkanzleien oder Human Resources. Aber auch jungen Berufseinsteigern mit Motivation sollte eine Chance gegeben werden.

TIPP – Lassen Sie Probe arbeiten!

Der Kandidat kann die Tätigkeit besser kennenlernen und das Unternehmen den Kandidaten. Fachliche Defizite können hier besser erkannt werden. Motivation und Lernfähigkeit erkennt man auf einen Blick. Der Kandidat kann besser einschätzen, was auf ihn zukommt. Fehlentscheidungen können auf beiden Seiten vermieden werden.

Zahlen Sie marktgerechte Gehälter

Menschen arbeiten in erster Linie, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Geld ist nicht der einzige, aber immer noch der größte Motivationsfaktor. Da sind Nebenleistungen des Arbeitgebers, Spaß an der Arbeit usw. sekundär, wenn das Gehalt auf Dauer im Vergleich zu Kollegen oder anderen vergleichbaren externen Arbeitsplätzen nicht passt. Viele Mitarbeiter sind mittlerweile sehr gut informiert, was sie mit ihrer Erfahrung am Arbeitsmarkt verlangen können. Sicherlich gibt es hier Unterschiede zwischen Branchen, Positionen und Lage des Unternehmens. Der Fachkräftemarkt in München, Frankfurt und Hamburg ist leergefegt. Deshalb (siehe Gehaltsstudie RHI 2018) wird hier für kompetente Fachkräfte wesentlich mehr bezahlt als in ländlichen Regionen oder beispielsweise Berlin. Deshalb achten Sie auf ein marktgerechtes Gehalt sowohl bei externen Einstellungen als auch bei Ihren langjährigen Inhouse-Mitarbeitern.

Lebenslanges Lernen – Bilden Sie fort

In keinem anderen Bereich ist ein so breites Wissen gefordert wie in der Lohn- und Gehaltsabrechnung: Spezialisten im Bereich Payroll brauchen komplexes und vor allem aktuelles Fachwissen aus den Bereichen Arbeits-, Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht. Zudem sind Kenntnisse aus dem Bereich der Finanzbuchhaltung und aus dem technischen Bereich IT (unterschiedliche Payroll-Systeme) erforderlich, da immer Schnittstellen zum Bereich Finance und IT bestehen. Hinzu kommt nun auch noch das Thema Digitalisierung und Datenschutz. Dieses Wissen liegt bei Bewerbern oft nicht im geforderten Umfang vor. Damit sie zu 100 Prozent einsatzfähig für Ihr Unternehmen sind, sollten Sie Wissenslücken bei neuen Mitarbeitern im Gespräch identifizieren und den Weiterbildungsbedarf und auch die Zeit und Kosten hierfür einrechnen. Eine regelmäßige fachliche Aus- und Weiterbildung auch für bestehende Gehaltsabrechner ist unerlässlich, um gesetzliche Anforderungen umsetzen und fachlich fundiert beraten zu können.

TIPP – Bilden Sie selbst aus!

Das Angebot der Weiterbeschäftigung von kaufmännischen Azubis im Bereich Payroll in Kombination mit externer bzw. interner Ausbildung/Weiterbildung, z. B. Inhouse-Training inkl. Training on the Job am internen Abrechnungssystem, ist hier aus meiner Erfahrung ein toller Ansatz.

Fazit:

Payroll-Fachkräfte aus dem Ausland wie im Bereich IT schon seit Jahren – für mich keine Lösung! Das funktionierte bisher schon in outgesourcten Lohnabrechnungen wie z. B. nach Polen oder Tschechien nicht. Es gilt sich aus meiner Sicht auf den deutschen Arbeitsmarkt zu konzentrieren und mit der Situation bestmöglich umzugehen. Viel wichtiger als ein fachlich top erfahrener Mitarbeiter wird zukünftig ein lernmotivierter Mitarbeiter sein. Denn die Veränderungen in den nächsten Jahren sowohl auf technischer als auch in fachlicher Hinsicht, verlangen lern- und veränderungsbereite Mitarbeiter. Unternehmen, gesetzliche Anforderungen und auch der Beruf des Lohn- und Gehaltsabrechners ändern sich. Und das in immer kürzeren Abständen. Deshalb wird Unternehmen bei der Besetzung von Vakanzen zukünftig mehr Einsatz und Flexibilität abverlangt werden.

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