Prüfung und Beurteilung : Dauerbrenner: Jahresarbeitsentgeltgrenze
Bei der Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts des Arbeitnehmers zur Prüfung der Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen.
Insbesondere wie ein Entgeltausfall infolge mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote bei der Prognose hinsichtlich des im Folgejahr zu erwartenden Jahresarbeitsentgelts zu berücksichtigen ist oder ob im jeweiligen Beurteilungszeitpunkt bereits künftige, feststehende (absehbare) Entgeltveränderungen zu berücksichtigen sind, stellen einen Lohn- und Gehaltsabrechner vor Herausforderungen.
In nachfolgenden Beitrag zeigen wir Ihnen anhand von Fallgestaltungen, wie Sie bei der Beurteilung vorgehen müssen.
Der Hintergrund
Das Bundessozialgericht hat sich im Jahre 2018 mit der Frage beschäftigt, ob bei der Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts zum Kalenderjahreswechsel ein zu diesem Zeitpunkt bereits absehbarer Entgeltausfall einer schwangeren Arbeitnehmerin infolge ihrer zu erwartende Mutterschaft zu berücksichtigen ist.
Im konkreten Fall überschritt das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt einer krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmerin aufgrund einer vom 01.07.2012 an wirksam werdenden Entgelterhöhung die für sie maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze 2012. Der Arbeitgeber meldete die Arbeitnehmerin zum 31.12.2012 von der Krankenversicherungspflicht ab und zum 01.01.2013 als krankenversicherungsfreie Arbeitnehmerin, da ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt auch die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) 2013 überschritt. Sie wurde bei der Krankenkasse von diesem Zeitpunkt an als freiwilliges Mitglied geführt. Dass dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Beurteilung (Wechsel Kalenderjahr 2012/2013) die Schwangerschaft der Arbeitnehmerin und ihre im Jahr 2013 zu erwartende Niederkunft bereits bekannt waren, ließ er unberücksichtigt. Tatsächlich befand sich die Arbeitnehmerin dann ab 22.03.2013 in Mutterschutz mit Bezug von Mutterschaftsleistungen bis 01.07.2013. In der sich bis zum 02.05.2015 anschließenden Elternzeit bezog sie teilweise Elterngeld und war nicht berufstätig.
Mit ihrer Revision rügt die Arbeitnehmerin u. a. eine Verletzung des § 6 Abs. 4 S. 2 SGB V. Der bereits absehbare Arbeitsentgeltausfall wegen Mutterschaft sei bei der Beurteilung, ob ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt auch die Jahresarbeitsentgeltgrenze des Kalenderjahres 2013 überschreitet, zu berücksichtigen gewesen. D. h., für diese Zeiten hätte der Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt für das Prognosejahr 2013 ansetzen dürfen. Oder anders ausgedrückt: Der im Beurteilungszeitpunkt bereits absehbare Entgeltausfall wegen der zu erwartenden Niederkunft im Kalenderjahr 2013 sei bei der Ermittlung des Jahresarbeitsentgelts mindernd zu berücksichtigen gewesen.
Warum begehrte die Arbeitnehmerin weiterhin Krankenversicherungspflicht?
Die Mitgliedschaft krankenversicherungspflichtiger Arbeitnehmer bleibt in der Krankenversicherung beitragsfrei bestehen, solange Anspruch auf Mutterschaftsgeld besteht bzw. Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen wird (§ 192 Abs. 2 i. V. m. § 224 Abs. 1 SGB V).
Für freiwillig versicherte Arbeitnehmer ist die Zeit des Anspruchs auf Elterngeld bzw. die Elternzeit möglicherweise aber nicht beitragsfrei.
Nur dann, wenn der Ehegatte ebenfalls gesetzlich versichert ist und über ihn eine (kostenfreie) Familienversicherung möglich wäre, kann die freiwillige Versicherung während des Anspruchs auf Elterngeld/Elternzeit beitragsfrei geführt werden oder die freiwillige Versicherung wegen der möglichen Familienversicherung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden.
Da der Ehegatte der Arbeitnehmerin aber privat krankenversichert war, entfiel die Möglichkeit einer (gesetzlichen) Familienversicherung und damit musste die ab 01.01.2013 freiwillig versicherte Arbeitnehmerin während des Anspruchs auf Elterngeld bzw. der in Anspruch genommenen Elternzeit Krankenversicherungsbeiträge zahlen, die nach dem Ehegatteneinkommen unter Berücksichtigung von höchstens 50 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze bemessen wurden.
Die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG)
Mit Urteil vom 07.06.2018, B 12 KR 8/16 R, hat das Bundessozialgericht (BSG) Folgendes entschieden: „Bei der am Ende eines Kalenderjahrs anzustellenden Prognose hinsichtlich des im nächsten Kalenderjahr zu erwartenden Jahresarbeitsentgelts ist der Entgeltausfall infolge mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote zu berücksichtigen.“
Beispiel 1 – Mutterschutzzeiten im Prognosejahr
Die Arbeitnehmerin Maria Mutter ist seit Jahren krankenversicherungspflichtige Arbeitnehmerin. Ab 01.08.2020 erhöht sich ihr monatliches Gehalt aufgrund einer Tariferhöhung sowie Stufensteigerung auf 5.500 Euro; Einmalzahlungen werden keine gezahlt. Bei Prüfung zum Kalenderjahreswechsel (Beurteilungszeitpunkt), ob ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze 2021 überschreitet, steht bereits fest, dass sich die Arbeitnehmerin in der Zeit vom 07.02.2021 bis zum 16.05.2021 in Mutterschutz befinden wird. Sie hat dem Arbeitgeber erklärt, dass sie auch die Schutzfrist vor der Entbindung in Anspruch nehmen wird (voraussichtlicher Entbindungstermin ist der 21.03.2021). Ob die Arbeitnehmerin anschließend allerdings noch Elternzeit in Anspruch nimmt, weiß sie zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht.
Lösung
Die Beschäftigte bleibt aufgrund der Rechtsprechung des BSG und der Grundsätzlichen Hinweise des GKV-Spitzenverbands vom 20.03.2019 auch über den Kalenderjahreswechsel hinaus weiterhin krankenversicherungspflichtig.
Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt der Arbeitnehmerin überschreitet zwar ab dem 01.08.2020 die Jahresarbeitsentgeltgrenze 2020 in Höhe von 62.550 Euro (5.500 Euro x 12 = 66.000 Euro); es übersteigt allerdings nicht die Jahresarbeitsentgeltgrenze des Jahres 2021 in Höhe von 64.350 Euro.
Die zum Beurteilungszeitpunkt (Kalenderjahreswechsel) objektiv feststehenden oder mit hinreichender Sicherheit absehbaren Entgeltveränderungen sind in die Prognose für das Jahr 2021 mit einzubeziehen. Entgeltveränderungen sind sowohl Entgeltminderungen als auch Entgelterhöhungen. Somit ist bei dieser Prognose die feststehende Entgeltminderung
wegen der (mindestens) 99 Tage andauernden Mutterschutzfrist zu berücksichtigen. (Tabelle auf Seite 63)
Da das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt der Arbeitnehmerin ab 01.01.2021 nicht die maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet, unterliegt sie auch ab 01.01.2021 weiterhin der Krankenversicherungspflicht.
Anderes Ergebnis bei bereits bestehender Krankenversicherungsfreiheit
Wäre in unserem Beispiel Frau Mutter bereits seit Jahren als höherverdienende Arbeitnehmerin krankenversicherungsfrei, würde sich der Status in der Krankenversicherung nicht ändern. Sie bliebe weiterhin krankenversicherungsfrei, denn die Berücksichtigung von bereits feststehenden Entgeltänderungen im Beurteilungszeitpunkt (Kalenderjahreswechsel) gilt nur für die Sachverhalte, in denen es um das Ausscheiden aus der Krankenversicherungspflicht mit Ablauf des laufenden Kalenderjahres wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze geht.
Diese wichtige Unterscheidung bei der Beurteilung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts zum Kalenderjahreswechsel, also bei der Frage, ist der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt (noch) krankenversicherungspflichtig oder (bereits) krankenversicherungsfrei, sollen die folgenden Beispiele nochmals erläutern.
Beispiel 2 – Ausscheiden aus der Krankenversicherungspflicht
Arbeitnehmer Anton Pflicht wurde am 01.01.2020 mit einem Gehalt von 4.500 Euro eingestellt; Einmalzahlungen werden nicht gewährt. Herr Pflicht ist mit Aufnahme der Beschäftigung krankenversicherungspflichtig (4.500 Euro × 12 = 54.000 Euro, damit liegt sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt nicht über der JAEG 2020). Aufgrund guter Leistungen erhält er zum 01.10.2020 eine Gehaltserhöhung auf 5.300 Euro und mit Schreiben im Dezember 2020 eine weitere Zusage, dass das Gehalt mit Wirkung zum 01.04.2021 auf 5.500 Euro erhöht wird. Zum Jahreswechsel (Beurteilungszeitpunkt seines regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts) ist die zugesagte Gehaltserhöhung ab April 2021 somit bekannt.
Lösung
Das Jahr 2020 gilt als überschritten, da Herr Pflicht mit dem Gehalt in Höhe von 5.300 Euro ab dem 01.10.2020 die JAEG 2020 überschreitet (5.300 Euro × 12 = 63.600 Euro, damit über der JAEG von 62.550 Euro).
Damit ist die erste Voraussetzung, das Überschreiten der JAEG im aktuellen Jahr (2020), erfüllt. Damit Herr Pflicht aus der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ausscheidet, muss sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt aber – vorausschauend betrachtet – auch die JAEG 2021 überschreiten. Entscheidend hierbei ist, ob die bereits feststehende Gehaltserhöhung mit Wirkung zum 01.04.2021 in diese Prognose einzubeziehen ist. Da Herr Pflicht im Beurteilungszeitpunkt (noch) krankenversicherungspflichtig ist, ist die zugesagte Gehaltserhöhung bei der Beurteilung zu berücksichtigen. (siehe auch nachfolgende Hinweise zur Lösung):
Da im Beurteilungszeitpunkt (Kalenderjahreswechsel) – unter Einbeziehung der Gehaltserhöhung – auch die JAEG 2021 überschritten wird und somit auch die zweite Voraussetzung erfüllt ist, scheidet Herr Pflicht zum 31.12.2020 aus der Krankenversicherungspflicht aus.
Hinweise zur Lösung
Die oben genannten Gemeinsamen Grundsätze vom 20.03.2019 führen unter 2.5. „Vorausschauende Betrachtung der Einkommensverhältnisse“ aus:
„Ob das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt … die maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, ist in einer vorausschauenden Betrachtungsweise auf der Grundlage der gegenwärtigen und bei normalem Verlauf für ein Zeitjahr zu erwartenden Einkommensverhältnisse festzustellen. Eine solche Feststellung ist u. a. … bei der jährlichen Anpassung der Jahresarbeitsentgeltgrenzen (Kalenderjahreswechsel) vorzunehmen. Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt wird im Rahmen der vorausschauenden Betrachtung durch Multiplikation der aktuellen Monatsbezüge mit zwölf (ohne Rücksicht auf das Kalenderjahr) unter Berücksichtigung der regelmäßig gewährten Sonderzuwendungen bzw. Einmalzahlungen ermittelt.“
Bei der Feststellung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts zum Kalenderjahreswechsel sind absehbare, künftige Entgeltänderungen im Folgejahr grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (siehe dazu auch Beispiel 3), jedoch verweisen die Gemeinsamen Grundsätze unter Punkt 4.2 auf die abweichende Verfahrensweise zur Feststellung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts im Rahmen einer Prognose für das nächste Kalenderjahr, wenn es um das Ausscheiden aus der Versicherungspflicht geht.
Beispiel 3 – bereits bestehende Krankenversicherungsfreiheit
Arbeitnehmerin Frieda Frei wurde am 01.01.2020 mit einem Gehalt von 5.300 Euro eingestellt; Einmalzahlungen werden nicht gewährt. Frau Frei ist mit Aufnahme der Beschäftigung krankenversicherungsfrei (5.300 Euro × 12 = 63.600 Euro, damit liegt ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt über der JAEG 2020). Aufgrund guter Leistungen erhält sie mit Schreiben im Dezember 2020 die Zusage, dass das Gehalt mit Wirkung zum 01.04.2021 auf 5.500 Euro erhöht wird. Zum Jahreswechsel (Beurteilungszeitpunkt ihres regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts) ist die zugesagte Gehaltserhöhung ab April 2021 somit bekannt.
Lösung Teil 1 – Beurteilungszeitpunkt Kalenderjahreswechsel
Entscheidend für das Ergebnis, ob Frau F. auch noch im Kalenderjahr 2021 krankenversicherungsfrei ist, ist auch hier, ob die bereits feststehende Gehaltserhöhung mit Wirkung zum 01.04.2021 mit in die Prognose zum Kalenderjahreswechsel einzubeziehen ist. Dies ist aber in diesem Fall nicht möglich (siehe auch nachfolgende Hinweise zur Lösung). Es ergibt sich daher zum Kalenderjahreswechsel folgende Berechnung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts 2021:
Da die JAEG 2021 somit nicht mehr überschritten wird, endet die freiwillige Krankenversicherung von Frau F. zum 31.12.2020. Ab 01.01.2021 wird sie krankenversicherungspflichtig.
Lösung Teil 2 – Beurteilungszeitpunkt Entgeltveränderung im laufenden Kalenderjahr
Bei jeder wesentlichen Änderung – wie hier der Erhöhung des Arbeitsentgelts – ist eine neue vorausschauende Betrachtung vorzunehmen. In unserem Fall wäre ab 01.04.2021 eine neue Prognose (regelmäßiges Arbeitsentgelt × 12 Monate) durchzuführen. Beurteilung am 01.04.2021:
Wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt von Frau F. auch bei der Beurteilung zum Kalenderjahreswechsel 2021/2022 die JAEG 2022 überschreitet, ist sie vom 01.01.2022 an in der Beschäftigung (wieder) krankenversicherungsfrei.
Hinweise zur Lösung – Teil 1 und Teil 2
Die Gemeinsamen Grundsätze vom 20.03.2019 führen unter 2.5. „Vorausschauende Betrachtung der Einkommensverhältnisse“ aus:
„Erhöhungen des Arbeitsentgelts dürfen erst von dem Zeitpunkt an berücksichtigt werden, von dem an der Anspruch auf das erhöhte Entgelt besteht (vgl. Urteil des BSG vom 07.12.1989 – 12 RK 19/87 – USK 89115). Das bedeutet: Eine im Laufe des Jahres bereits absehbare Entgelterhöhung (z. B. aus Anlass einer bereits feststehenden Tariferhöhung oder des Vorrückens in einer Dienstalters- oder Erfahrungsstufe) bleibt bei der Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts zunächst unberücksichtigt. Erst die mit dem Entstehen des Anspruchs auf das erhöhte Arbeitsentgelt einhergehende Änderung der Einkommensverhältnisse löst – von diesem Zeitpunkt an – eine neue zukunftsbezogene Feststellung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts und eine daran geknüpfte versicherungsrechtliche Bewertung aus.“
Da bei einem krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer die Erhöhung seines Arbeitsentgelts – anders als bei einer Entgeltminderung – keine sofortige Änderung des Krankenversicherungsstatus (von pflichtig in frei) nach sich zieht, sondern sich frühestens erst zum 01.01. des Folgejahres auswirkt, unterlassen Arbeitgeber oftmals bei einer unterjährigen Entgelterhöhung die Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts des Arbeitnehmers. Aus praktischen Erwägungen erfolgt diese Prüfung erst zum Kalenderjahreswechsel. Diese Verfahrensweise birgt allerdings das Risiko einer Fehlbeurteilung. Dies soll das nachfolgende Beispiel verdeutlichen:
Beispiel 4 – Entgelterhöhung zum 01.01. eines Jahres
Arbeitnehmerin Frieda Frei wurde am 01.10.2020 mit einem Gehalt von 5.000 Euro eingestellt;
Einmalzahlungen werden nicht gewährt. Nach ihrer Probezeit von drei Monaten erhöht sich ab 01.01.2021 ihr Gehalt auf 6.000 Euro.
Frau F. ist mit Aufnahme der Beschäftigung krankenversicherungspflichtig (5.000 Euro × 12 = 60.000 Euro, damit liegt ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt nicht über der JAEG 2020).
Zum Kalenderjahreswechsel 2020/2021 ist das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt von Frau F. erneut zu ermitteln. Genau zu diesem Zeitpunkt wird auch die vereinbarte Entgelterhöhung nach der Probezeit wirksam. Ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt beträgt nunmehr (6.000 Euro × 12 =) 72.000 Euro und überschreitet die JAEG 2021. Allerdings ist Frau F. nicht bereits ab 01.01.2021 krankenversicherungsfrei (wie man vielleicht vermuten könnte), sondern erst ab 01.01.2022, wenn sich bei der Ermittlung zum Kalenderjahreswechsel 2021/2022 ergibt, dass ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt auch die JAE-Grenze 2022 überschreitet.
Fazit
Unterliegt der Arbeitnehmer der Krankenversicherungspflicht und wird im Verlauf der Beschäftigung die maßgebliche JAEG des aktuellen Jahres durch eine Entgelterhöhung überschritten, so gilt für die in diesem Fall auch vorzunehmende Beurteilung zum Kalenderjahreswechsel (Prognose für das Folgejahr): bereits objektiv feststehende oder mit hinreichender Sicherheit absehbare Entgeltänderungen sind einzubeziehen.
Ist der Arbeitnehmer im aktuellen Kalenderjahr krankenversicherungsfrei, z. B. ab Beschäftigungsbeginn oder bedingt durch die Prognose beim vorherigen Jahreswechsel, gilt für die Beurteilung zum Kalenderjahreswechsel (Prognose für das Folgejahr): bereits objektiv feststehende oder mit hinreichender Sicherheit absehbare Entgeltänderungen sind in die Prognose nicht mit einzubeziehen. Vom jeweiligen Zeitpunkt einer Entgeltänderung erfolgt in diesen Fällen eine neue zukunftsbezogene Betrachtung (krankenversicherungsrechtliche Beurteilung).
Die Sozialversicherung – ich erlaube mir das Zitat eines geschätzten Kollegen – sorgt halt für Spannung in der Entgeltabrechnung.
Frank Müller, Betriebswirt (VWA) Beratung/Training Entgeltabrechnung www.frag-den-mueller.de