Die Zukunft der Erwachsenenbildung : Ist das Lernen von heute, die Zukunft von morgen?
Die Corona-Pandemie hat unser Leben auf den Kopf gestellt. Während COVID-19 das öffentliche Leben durch Kontaktbeschränkungen weitestgehend entschleunigt, treibt das Virus die Digitalisierung weiter voran. Nicht immer funktioniert das reibungslos – stellt beispielsweise das Homeschooling viele Eltern und Schülern vor technische sowie organisatorische Herausforderungen. Und auch die Erwachsenenbildung hat sich weitestgehend in die digitale Welt verlagert. Ist die Gegenwart von heute die Zukunft von morgen?
Ganz so einfach zu beantworten ist diese Frage nicht. Denn eines ist klar: Sollte in absehbarer Zeit eine Rückkehr in das gewohnte Leben wieder möglich sein, werden sich die Menschen nach Begegnungen und Präsenzveranstaltungen sehnen. Aber: Sicherlich werden wir die Uhr in Sachen Bildung und Digitalisierung nicht zurückdrehen. Im Gegenteil. Auf gesammelte Erfahrungen, die sich in der Krise bewährt haben, werden wir auch nach der Pandemie noch zurückgreifen.
Im hybriden Lernen liegt die Zukunft
Kurzum: Die Zukunft liegt im hybriden Lernen – einer Mischung aus Präsenzveranstaltungen und digitalen Angeboten wie beispielsweise dem E-Learning. Das bringt eine ganze Reihe von Vorteilen mit sich:
- Lehren und Lernen werden flexibler. Inhalte und Methoden sind individueller anpassbar an die Bedürfnisse der Dozenten und Seminarteilnehmer.
- E-Learnings und digitale Inhalte können Präsenzveranstaltungen ergänzen und so beispielsweise Seminarteilnehmer vorab mit theoretischen Grundlagen auf die Praxis vorbereiten.
- Durch digitale Lernmodule sparen sich Teilnehmer sowie Lehrende Zeit und Geld. Sie können Module von zu Hause aus absolvieren und müssen weniger reisen.
- Das digitale Selbststudium passen sie dabei ihrem eigenen Rhythmus an. Unklarheiten können Teilnehmer entweder digital oder gegebenenfalls beim persönlichen Treffen abstimmen.
Wenn Motivieren über Studieren geht
Wie so oft im Leben hat die Medaille natürlich auch eine Kehrseite. Denn digitale Lernmethoden erfordern jede Menge Selbstorganisation und Selbstmotivation. Das ist nicht jedermanns Sache. Und auch die Technik stellt vor allem ältere Menschen vor Hürden. Da mag manch einem die Ratlosigkeit auf die Stirn geschrieben sein, wenn die Technik streikt und Google-Hilfe-Anleitungen wie Hieroglyphen erscheinen.
Philipp R. Kinzel
Vier Fragen an Dr. Brigitte Teuchert
Dr. Brigitte Teuchert ist Leiterin des berufsbegleitenden Masters Speech Communication and Rhetoric an der Universität Regensburg. Der Studiengang in mündlicher Kommunikation befähigt zu einer lehrenden Tätigkeit beispielsweise als Dozent oder Trainer. Außerdem richtet er sich an Führungskräfte oder jene, die künftig in dieser Funktion tätig sein möchten. Auch Verantwortliche in der Personalentwicklung sind eine Zielgruppe.
Frau Dr. Teuchert, wie sieht in Ihren Augen die Zukunft der Erwachsenenbildung aus?
Aus meiner Sicht wird die Zukunft der Erwachsenenbildung noch sehr viel stärker durch eine Vielfalt von Lernmethoden geprägt sein. Für reinen Wissenserwerb können herkömmliche schriftliche Unterlagen genauso genutzt werden wie Lernvideos oder Podcasts. Für Kommunikationstrainings würde dies bedeuten, dass es einen Vorlauf zum Wissenstransfer gibt und die Präsenzzeiten noch stärker durch Übungen, Fallbeispiele, Feedbacksituationen, die Analyse gruppendynamischer Prozesse etc. geprägt sind.
Inwieweit hat die Pandemie in Ihren Augen das digitale Lernen beschleunigt?
Die Pandemie hat auch im Kommunikationstraining einen enormen Schub verursacht. Wir haben erkannt, dass selbst Themen wie Selbstregulation über Online-Formate gut machbar sind und eine hohe Zufriedenheit und viele Effekte möglich sind. Rederhetorisches Training – ob in der Gruppe oder in Einzeltrainings – lässt sich ebenfalls ohne gravierende Abstriche in der Wirkung online durchführen. Gesprächsrhetorische Seminare sind deshalb schwieriger, weil sie häufig durch gruppendynamische Prozesse geprägt sind.
Nun lebte vor der Pandemie auch Ihr berufsbegleitender Studiengang in mündlicher Kommunikation von Präsenzveranstaltungen – wie sind Sie an der Universität Regensburg bislang durch die Krise gekommen?
Glücklicherweise sind wir bisher gut durch die Krise gekommen. Von März bis Mitte Juni 2020 haben wir entweder – ja nach Inhalt – Seminare verschoben oder auf online umgestellt. Da die Mastergruppen mit jeweils 16 Teilnehmer*innen zahlenmäßig überschaubar sind, genehmigte die Universität ab dem Frühsommer auch wieder Präsenzveranstaltungen. Wir mussten umfangreiche Hygienekonzepte erstellen und berücksichtigen. Das Ziel war, den Studierenden das gewünschte Angebot zur Verfügung stellen zu können. Es war anstrengend für die Teilnehmer*innen, da doch einiger Nachholbedarf herrschte. Ende November konnten wir jedoch wie geplant die für den ersten Studienabschnitt vorgesehenen Seminare abschließen und die Modulprüfungen durchführen.
Welche Corona-Auswirkungen werden auch noch nach der Pandemie in der Erwachsenenbildung ihre Spuren hinterlassen?
Hybride Formate werden aus meiner Sicht die Zukunft sein: Intensive Präsenzzeiten, um vor Ort persönliche Weiterentwicklungen anzustoßen, um das Vertrauen in den Gruppen zu stärken, um durch Feedbacksituationen, Analysephasen, Fallbeispiele etc. aneinander und miteinander zu lernen und zu arbeiten. Aber auch ergänzende Online-Angebote, um entweder individuell oder in der Gruppe etwas zu vertiefen. Beispiel Präsentationstraining: Ein einführendes Online-Tool mit Tipps zu Slidewriting, Aufbau etc. gibt den Anstoß. Im Anschluss folgt eine Präsenzveranstaltung vor Ort, um eigenes Präsentationsverhalten zur Disposition zu stellen. Abschließend rundet wiederum online eine individuelle Beratung die Veranstaltung ab.