Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

Besteuerung aus Direktversicherung verfassungsgemäß FG Münster,
Urteil vom 29.10.2020 (Az. 15 K 1271/16 E)
Die volle Besteuerung der Einmalzahlung aus einer Direktversicherung ist verfassungsgemäß. Das Finanzgericht (FG) Münster hat in einem rechtskräftigen Gerichtsbescheid vom 29.10.2020 entschieden. Es sah weder eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung noch die Eigentumsgarantie verletzt.
Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2012 eine Einmalzahlung aus einer Direktversicherung in Höhe von etwa 23.000 Euro. Das Finanzamt unterwarf diesen Betrag gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG der Einkommensteuer, was zu einer Steuerfestsetzung in Höhe von etwa 5.500 Euro führte. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass die Besteuerung verfassungswidrig sei. Sie führe zu einer Ungleichbehandlung. Denn zum einen wäre die Steuerbelastung geringer gewesen, wenn sich die Klägerin statt der Einmalzahlung eine monatliche Rente hätte auszahlen lassen. Zum anderen fielen die auf die Auszahlung entfallenden Krankenversicherungsbeiträge nicht in einer Summe an, sondern würden auf zehn Jahre verteilt. Da der Klägerin nach Abzug der Steuern und Krankenversicherungsbeiträge lediglich circa 12.700 Euro von der Versicherungsleistung verblieben, sei auch die Eigentumsgarantie verletzt. Bei Abschluss der Versicherung sei sie außerdem nicht hinreichend auf die steuerlichen Konsequenzen hingewiesen worden. Schließlich sei die Steuerersparnis in der Ansparphase nicht so hoch gewesen wie die nun festgesetzte Steuernachzahlung, weil die Beiträge lediglich im Rahmen des Höchstbetrags von 210 Euro pro Monat abzugsfähig gewesen seien.
Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Einmalzahlung sei unstreitig gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG als Leistung aus einer Direktversicherung zu versteuern. Eine Beschränkung der Steuerpflicht nach Satz 2 dieser Vorschrift greife nicht ein, da sich aus den exemplarisch vorgelegten Gehaltsabrechnungen früherer Jahre ergebe, dass die Beiträge tatsächlich nicht nur im Rahmen der Höchstbeträge, sondern in vollem Umfang steuerfrei gestellt worden seien. Ob dies materiell-rechtlich zutreffend gewesen sei, sei ohne Belang. Es handele sich auch nicht um außerordentliche Einkünfte, die nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern wären, da bereits im Versicherungsvertrag das Wahlrecht zur Kapitalabfindung vereinbart worden sei.
Die volle Versteuerung sei auch verfassungsgemäß. Eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zur laufenden Auszahlung einer Rente liege nicht vor, da sich dies aus dem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Grundsatz der Abschnittsbesteuerung ergebe. Eine Abmilderung der daraus resultierenden Härten schaffe § 34 EStG, der im Streitfall gerade nicht einschlägig sei. Es gebe auch keine verfassungsrechtliche Vorgabe, dass Steuern und Krankenversicherungsbeiträge gleich zu behandeln seien.
Die Eigentumsgarantie sei nicht verletzt, da der Klägerin unter Berücksichtigung der zeitlichen Streckung der Krankenversicherungsbeiträge und der Ersparnis aus der Steuerfreiheit der Entgeltumwandlung in der Ansparphase tatsächlich im Ergebnis etwa 20.000 Euro von der Versicherungsleistung verblieben. Schließlich sei nicht der Staat, sondern das Versicherungsunternehmen für eine etwaige steuerliche Falschberatung der Klägerin bei Abschluss des Vertrages verantwortlich.
Bei Parkplatznot ist die Überlassung eines Jobtickets kein lohnsteuerpflichtiger Sachbezug
FG Hessen, Pressemitteilung vom 05.02.2021

Die Überlassung eines Jobtickets im Rahmen einer sogenannten Mobilitätskarte, die in erster Linie auf die Beseitigung der Parkplatznot auf den von der Arbeitgeberin unterhaltenen Parkplätzen gerichtet ist, stellt bei den Mitarbeitenden keinen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug dar. Dies hat das Hessische Finanzgericht (FG) am 25.11.2020 (Az. 12 K 2283/17) entschieden.
Geklagt hatte eine Arbeitgeberin, auf deren für Mitarbeitende kostenlos zur Verfügung gestellten Parkplätzen ein extremer Parknotstand bestand. Im Rahmen eines Parkraumbewirtschaftungskonzepts bot sie ihren Mitarbeitenden in Zusammenarbeit mit einem Verkehrsverbund ein sogenanntes Jobticket an. Dabei wurden die mit dem Verkehrsverbund ausgehandelten niedrigen Preise voll an die Beschäftigten weitergegeben. Das von den Beschäftigten zu zahlende Entgelt wurde monatlich über die Lohnabrechnung eingezogen.
Das Finanzamt wertete den sich aus diesem System ergebenden Preisvorteil als Sachbezug und geldwerten Vorteil im lohnsteuerlichen Sinn und nahm die klagende Arbeitgeberin im Wege eines Lohnsteuerhaftungsbescheides in Anspruch.
Das Hessische Finanzgericht gab der Klage dagegen statt. Es handele sich bei der verbilligten Überlassung der Jobtickets nicht um einen lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn. Das Jobticket stelle nämlich keine Prämie oder Belohnung für eine Arbeitsleistung dar, die der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber erbringe. Vielmehr habe die Arbeitgeberin die Mobilitätskarte angeboten, um die Beschäftigen zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu motivieren und so die angespannte Parkplatzsituation zu entschärfen. Dass diese Maßnahme für die Beschäftigten das verbilligte Jobticket als positiven Reflex nach sich ziehe, spiele keine entscheidende Rolle. Im Übrigen seien auch die Parkplätze kostenfrei zur Verfügung gestellt worden, ohne dass dies eine Lohnversteuerung nach sich gezogen hätte.
Das Urteil vom 25.11.2020 ist noch nicht rechtskräftig. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VI B 5/21 anhängig.
Pauschale SFN-Zuschläge sind nicht steuerfrei
FG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2020 (Az. 10 K 410/17 H (L)) rechtskräftig
Zahlt ein Arbeitgeber neben dem Grundlohn monatliche Pauschalen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit (SFN-Zuschläge), sind diese nicht steuerfrei, wenn die Zuschläge ohne Rücksicht auf die tatsächlich erbrachten Leistungen gezahlt werden. Das hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 27.11.2020 entschieden.
Die Klägerin betrieb ein Kino und zahlte an einige ihrer Arbeitnehmer neben dem Grundlohn eine monatliche Pauschale für Nacht- und/oder Sonntagsarbeit. Diese behandelte sie in den Lohnabrechnungen als steuerfrei. Das beklagte Finanzamt ging dagegen von einer Steuerpflicht der Zuschläge aus und nahm die Klägerin durch Lohnsteuerhaftungsbescheid in Anspruch. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung seien nicht erfüllt, weil die gezahlten Zuschläge nicht für die tatsächlich geleistete Arbeit, sondern pauschal gezahlt worden seien.
Zur Begründung ihrer dagegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass die pauschalen Zuschläge so bemessen worden seien, dass sie innerhalb der für die Steuerfreiheit von § 3b EStG gezogenen Grenzen bleiben. Zum Nachweis legte sie Übersichten vor, aus denen sich ergab, dass die an die Arbeitnehmer tatsächlich geleisteten Zuschläge niedriger waren als die rechnerisch ermittelten Zuschläge. Der Differenzbetrag wurde als „nicht ausgeschöpfte Zuschläge“ gesondert ausgewiesen.
Das FG hat die Klage abgewiesen. Um die Voraussetzungen des § 3b EStG zu erfüllen, hätte die Klägerin eine Einzelabrechnung der geleisteten Stunden erstellen müssen. Die bloße Kontrollrechnung der Klägerin genüge dieser Anforderung nicht. Sie habe die Zuschläge pauschal ohne Rücksicht auf die tatsächlich erbrachten Leistungen gezahlt. Zudem sei es nicht zu Ausgleichszahlungen für die nicht ausgeschöpften Zuschläge gekommen.
Bundeskabinett beschließt 3. Corona-Steuerhilfegesetz
Am 09.02.2021 beschloss das Bundeskabinett den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Drittes Corona-Steuerhilfegesetz). Das Gesetz enthält u. a. folgende Inhalte:*
Der steuerliche Verlustrücktrag wird für die Jahre 2020 und 2021 auf maximal 10 Mio. Euro bzw. bei Zusammenveranlagung auf 20 Mio. Euro erhöht. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent auf Speisen in der Gastronomie gilt bis zum 31.12.2022.
Gewährt wird ein einmaliger Kinderbonus von 150 Euro pro Kind. Der Bonus wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Das Gesetz wurde am 17.03.2021 im Bundesgesetzblatt Nr. 10 veröffentlicht.
Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung verlängert
Die Frist zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung durch Steuerberaterinnen und Steuerberater wird um ein halbes Jahr verlängert. Für den Veranlagungszeitraum 2019 läuft die Frist bis Ende August 2021 statt wie sonst üblich bis Ende Februar. Parallel wird auch die Karenzzeit zur Verschonung von Verzugszinsen auf Steuerschulden um sechs Monate ausgeweitet. Hintergrund ist, dass die Steuerberaterinnen und Steuerberater derzeit mit der Beantragung der aktuellen Corona-Hilfsprogramme für Unternehmen stark ausgelastet sind.

Bewertung von Sachbezügen
BMF-Schreiben vom 11.02.2021 – IV C 5 – S 2334/19/10024 :003
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zur Bewertung von Sachbezügen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit Urteil vom 07.07.2020, Az. VI R 14/18, u. a. entschieden, dass ein Sachbezug grundsätzlich auch anhand der Kosten des Arbeitgebers bemessen werden kann, wenn eine Ware oder Dienstleistung an Endverbraucher in der Regel nicht vertrieben wird.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 16.05.2013 (a. a. O.) zum Verhältnis von § 8 Abs. 2 und Absatz 3 EStG bei der Bewertung von Sachbezügen geändert. Nach der Rn. 4 wird die Rn. 4a eingefügt.
Darin wird ausgeführt: Wird die konkrete Ware oder Dienstleistung nicht zu vergleichbaren Bedingungen an Endverbraucher am Markt angeboten, kann der Sachbezug in Höhe der entsprechenden Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer und sämtlicher Nebenkosten angesetzt werden (BFH-Urteil vom 07.07.2020 – VI R 14/18 –,
BStBl 2021 II Seite xxx1). R 8.1 Absatz 2 Satz 3 LStR ist nicht anzuwenden

Stand der Doppelbesteuerungsabkommen
BMF-Schreiben vom 18.02.2021 – IV B 2 S – 2 1301/07/10017-12

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlicht eine aktuelle Übersicht über den Stand der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).
Wie die Übersicht zeigt, werden verschiedene der angeführten Abkommen nach ihrem Inkrafttreten rückwirkend anzuwenden sein. In geeigneten Fällen sind Steuerfestsetzungen vorläufig durchzuführen, wenn ungewiss ist, wann ein unterzeichnetes Abkommen in Kraft treten wird, das sich zugunsten des Steuerschuldners auswirkt. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind im Bescheid anzugeben. Ob bei vorläufiger Steuerfestsetzung der Inhalt eines unterzeichneten Abkommens bereits berücksichtigt werden soll, ist nach den Gegebenheiten des einzelnen Falles zwischen BMF und Ländern abgestimmt zu entscheiden.

Markus Stier