Im Blick: Lohnsteuerrecht
Viertes Corona-Steuerhilfegesetz
Das Bundeskabinett hat am 16.02.2022 dem Entwurf eines Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes zugestimmt. Mit gezielten steuerlichen Erleichterungen will die Bundesregierung Unternehmen sowie Bürger unterstützen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen durch die Corona-Pandemie so gut wie möglich abzumildern.
Das Gesetz sieht eine Vielzahl von steuerrechtlichen Regelungen vor:
Einführung eines Corona-Bonus für Pflegekräfte: Vom Arbeitgeber an in bestimmten Einrichtungen – insbesondere Krankenhäusern – tätige Arbeitnehmer gewährte Prämien zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise werden bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuerfrei gestellt und auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Sozialgesetzbuch (SGB) II nicht angerechnet.
Die Steuerfreiheit von Zuschüssen zum Kurzarbeitergeld wird um sechs Monate bis Ende Juni 2022 verlängert. Zudem wird der Registerbezug beim Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt zur Umsetzung einer Vereinbarung mit der Europäischen Kommission vom Inland auf EU/EWR-Staaten erweitert.
Für Arbeitnehmer wird die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale aus den Jahren 2020 und 2021 um ein weiteres Jahr bis zum 31.12.2022 verlängert.
Weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft werden verlängert. Zur schnellen Refinanzierung schafft die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unternehmerische Vorteile und Investitionsanreize. Diese Möglichkeit wird um ein Jahr verlängert für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden. Die erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende 2023 verlängert und für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mio. Euro bzw. auf 20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung angehoben. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre. Steuerpflichtigen, die im Jahr 2022 investieren wollen, aber wegen der Corona-Pandemie nicht investieren können, wird die Möglichkeit gewährt, Investitionen 2023 nachzuholen, da die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge um ein weiteres Jahr verlängert werden. Um die Liquidität von Unternehmen zu erhalten, werden die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen ebenfalls um ein weiteres Jahr verlängert.
Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen wird um weitere drei Monate verlängert. Hieran anknüpfend werden auch die Erklärungsfristen für 2021 und 2022 – auch für nicht beratene Steuerpflichtige – verlängert.
Quelle: Bundesregierung

Steuerentlastungsgesetz 2022
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlichte Anfang März den Referentenentwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 2022. Mit dem Gesetz sollen die Steuerzahler unter anderem von den Preiserhöhungen im Energiebereich entlastet werden. Die steuerlichen Maßnahmen haben zwar vordringlich eine Wirkung auf die Arbeitnehmer, sind aber dennoch für die Arbeitgeber relevant, da die Änderungen den Lohnsteuerabzug betreffen.
Rückwirkend zum 01.01.2022 ist eine Anhebung des Grundfreibetrags für das Jahr 2022 geplant. Der Grundfreibetrag soll von 9.984 Euro auf 10.347 Euro steigen. Der bisher im Jahr 2022 vorgenommene Lohnsteuerabzug ist entsprechend vom Arbeitgeber zu korrigieren, wenn ihm dies wirtschaftlich zumutbar ist (§ 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG)), was laut der Gesetzesbegründung in der Regel der Fall ist.
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (sog. Werbungskostenpauschale), der derzeit noch 1.000 Euro pro Kalenderjahr beträgt, soll ebenfalls rückwirkend zum 01.01.2022 auf 1.200 Euro angehoben werden. Zur Korrektur des Lohnsteuerabzugs verweist die Gesetzesbegründung auf die Ausführungen zum erhöhten Grundfreibetrag.
Die ohnehin für die Jahre 2024 bis 2026 geplante Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) auf 38 Cent soll rückwirkend ab dem 01.01.2022 eingeführt werden. Dadurch sollen die Steuerpflichtigen entlastet werden, die einen besonders langen Arbeitsweg haben.
BMF-Schreiben zum Firmenwagen aktualisiert
BMF-Schreiben vom 03.03.2022 – IV C 5 – S 2334/21/10004 :001
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 03.03.2022 ein aktualisiertes Schreiben zur lohnsteuerrechtlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer veröffentlicht. Die Änderungen gegenüber dem BMF-Schreiben vom 04.04.2018 beziehen sich i. d. R. auf die aktuellen Rechtsprechungen des Bundesfinanzhofs (BFH).
Das BMF berücksichtigt die zeitraumbezogenen (Einmal-) Zahlungen des Arbeitnehmers für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs. Diese sind bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und vorteilsmindernd zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 16.12.2020, BStBl 2021 II Seite 761).
Bestehen arbeitsvertragliche Vereinbarungen hinsichtlich des Zuzahlungszeitraums, sind zeitraumbezogene (Einmal-) Zahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeugs bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und vorteilsmindernd zu berücksichtigen (vgl. BFHBeschluss vom 16.12.2020, BStBl 2021 II Seite 761). Maßgeblich ist der vereinbarte Zuzahlungszeitraum, nicht dagegen die tatsächliche Nutzungsdauer (z. B. im Falle der vorzeitigen Rückgabe, der Veräußerung, des Tauschs oder eines Totalschadens des betrieblichen Kraftfahrzeugs). Es liegen weder negative Arbeitslohn noch Werbungskosten vor. Eine Übertragung verbleibender Zuzahlungen auf ein anderes überlassenes betriebliches Kraftfahrzeug ist nicht zulässig.
Eine weitere Änderung im BMF-Schreiben ist die Darstellung zur Änderung der Bewertungsmethode innerhalb eines Kalenderjahres.
Wird dem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug dauerhaft zur Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen, so findet die 0,03-Prozent-Regelung auch Anwendung für volle Kalendermonate, in denen das Fahrzeug tatsächlich nicht für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird. Der pauschale Nutzungswert ist auch dann anzusetzen, wenn aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung oder anderer Umstände Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte nicht arbeitstäglich anfallen (z. B. aufgrund Teilzeitvereinbarung, Homeoffice, Dienstreisen, Kurzarbeit, Auslandsaufenthalt). Ein durch Urlaub oder Krankheit bedingter Nutzungsausfall ist im pauschalen Nutzungswert ebenfalls berücksichtigt. Alternativ ist die Einzelbewertung der Fahrten nach der 0,002-Prozent-Regelung möglich.
Der Arbeitgeber muss die Anwendung der 0,03-Prozent-Regelung oder der Einzelbewertung für jedes Kalenderjahr einheitlich für alle dem Arbeitnehmer überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge festlegen. Die Methode darf während des Kalenderjahres nicht gewechselt werden. Eine rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs (Wechsel von der 0,03-Prozent-Regelung zur Einzelbewertung oder umgekehrt für das gesamte Kalenderjahr) ist im laufenden Kalenderjahr und vor Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung jedoch grundsätzlich im Rahmen des § 41c EStG möglich.
Beispiel mit vereinbartem Zeitraum:
Der Arbeitnehmer hat im Januar 01 zu den Anschaffungskosten eines betrieblichen Kraftfahrzeugs eine Zuzahlung i. H. v. 10.000 Euro für eine vereinbarte voraussichtliche Nutzungsdauer von fünf Jahren geleistet. Sollte das Fahrzeug vorzeitig zurückgegeben, veräußert oder getauscht werden, hat er vereinbarungsgemäß einen Anspruch auf zeitanteilige Rückerstattung der Zuzahlung. Der geldwerte Vorteil beträgt jährlich 4.000 Euro. Ab Januar 03 wird ihm aufgrund eines Totalschadens ein anderes betriebliches Kraftfahrzeug überlassen. Zu diesem Zeitpunkt erhält er vereinbarungsgemäß eine Rückerstattung der Zuzahlung für die Jahre 03 bis 05 i. H. v. 6.000 Euro.
Der geldwerte Vorteil i. H. v. 4.000 Euro wird in den Jahren 01 und 02 um jeweils 2.000 Euro (10.000 Euro, gleichmäßig verteilt auf die vereinbarte Nutzungsdauer = Zuzahlungszeitraum von fünf Jahren, gemäß BFH-Beschluss vom 16.12.2020) gemindert. Es liegen weder negativer Arbeitslohn noch Werbungskosten vor. Die Rückerstattung der Zuzahlung ist kein Arbeitslohn, da sie den privaten Nutzungswert insoweit nicht gemindert hat (R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 4 Lohnsteuerrichtlinien (LStR)).
Beispiel für ein Leasingfahrzeug ohne vereinbarte Nutzungsdauer:
Der Arbeitnehmer hat im Jahr 01 zur Leasingsonderzahlung für ein betriebliches Kraftfahrzeug eine Zuzahlung i. H. v. 10.000 Euro geleistet. Es wurde zwar vereinbart, dass der Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug für die gesamte Leasingvertragsdauer (48 Monate) nutzen kann; es wurde aber keine Vereinbarung getroffen, für welchen Zeitraum die Zuzahlung geleistet wird. Der geldwerte Vorteil beträgt jährlich 4.000 Euro.
Der geldwerte Vorteil i. H. v. 4.000 Euro wird in den Jahren 01 und 02 um jeweils 4.000 Euro und in 03 um 2.000 Euro (gemäß R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 und 3 LStR) gemindert. Es liegen zudem weder negativer Arbeitslohn noch Werbungskosten vor.
Betriebsveranstaltungen vor dem Bundesverfassungsgericht
BVerfG vom 20.01.2022 – 2 BvR 1443/21
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 29.04.2021 (VI R 31/18) entschieden, dass bei der lohnsteuerlichen Bewertung einer Betriebsveranstaltung alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen sind. Mit dieser Entscheidung müssen sich nun auch die Richter des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) beschäftigten.
Nach der Entscheidung des BFH ist es unerheblich, ob die Aufwendungen bei den Beschäftigten einen Vorteil begründen können. Zu berücksichtigen sind daher die Gesamtkosten des Arbeitgebers für die Veranstaltung. Diese sind zu gleichen Teilen auf die anwesenden Beschäftigten aufzuteilen.
Im Streitfall durfte der Arbeitgeber in Rechnung gestellte Kosten für Beschäftigte, die nicht anwesend waren, sogenannte No-Show-Kosten, nicht von der Bemessungsgrundlage abziehen.
Gegen diese Entscheidung des BFH wurde am 20.01.2022 Verfassungsbeschwerde beim BVerfG (2 BvR 1443/21) eingelegt. Betroffene Unternehmen sollten gegen etwaige Feststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen.
Beispiel zur BFH-Entscheidung:
Gesamtkosten inklusive Essen und Trinken für 100 angemeldete Teilnehmer = 10.000 Euro, verteilt auf 100 angemeldete Teilnehmer = 100 Euro pro Person
Dieser Betrag wäre im Rahmen des Freibetrags von 110 Euro steuerfrei. So darf aber nicht abgerechnet werden. Nach der Rechtsprechung des BFH muss der geldwerte Vorteil wie folgt ermittelt werden:
Gesamtkosten inklusive Essen und Trinken für 100 angemeldete Teilnehmer = 10.000 Euro, verteilt auf 85 tatsächlich anwesende Personen = 117,65 Euro pro Person
117,65 Euro abzüglich 110 Euro Freibetrag = 7,65 Euro steuerpflichtiger geldwerter Vorteil × 85 Personen = 650,25 Euro, mit 25 Prozent pauschal nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG versteuerbar.
Markus Stier