Im Blick: Sozialversicherungsrecht (Ausgabe 2/2022)
Weg vom Bett ins Homeoffice gesetzlich unfallversichert
Bei der Frage, wann es sich um einen durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckten Wegeunfall handelt, gab und gibt es immer wieder unterschiedliche Auffassungen zwischen Betroffenen und dem Unfallversicherungsträger. Ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.12.2021 (Aktenzeichen B 2 U 4/21 R) hat eine wichtige Grundsatzentscheidung für die Arbeit im Homeoffice getroffen. Danach ist ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt
Der Fall:
Der Kläger befand sich auf dem Weg zur Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefes gelegenes häusliches Büro. Üblicherweise beginnt er dort unmittelbar zu arbeiten, ohne vorher zu frühstücken. Beim Beschreiten der die Räume verbindenden Wendeltreppe rutschte er aus und brach sich einen Brustwirbel. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte Leistungen aus Anlass des Unfalls ab. Während das Sozialgericht den erstmaligen morgendlichen Weg vom Bett ins Homeoffice als versicherten Betriebsweg ansah, beurteilte das Landessozialgericht ihn als unversicherte Vorbereitungshandlung, die der eigentlichen Tätigkeit nur vorausgeht. Das Bundessozialgericht hat aber letztlich die Entscheidung des Sozialgerichts bestätigt.
Der Kläger hat einen Arbeitsunfall erlitten, als er auf dem morgendlichen Weg in sein häusliches Büro (Homeoffice) stürzte. Das Beschreiten der Treppe ins Homeoffice diente nach Auffassung des Gerichts allein der erstmaligen Arbeitsaufnahme und ist deshalb als Verrichtung im Interesse des Arbeitgebers als Betriebsweg versichert.
Das Urteil ist auch richtungsweisend für ähnliche Unfallgeschehen im Homeoffice.
Krankschreibung per Telefon oder Videosprechstunde
Die durch die Corona-Pandemie eingeführte Krankschreibung per Telefon ist zunächst bis Ende März 2022 zulässig. Eine Verlängerung der Ausnahmeregelung wird allerdings – mit Blick auf die Entwicklung der Pandemie – immer wahrscheinlicher. Zeit, sich einmal anzuschauen, was bei der Krankschreibung eigentlich zulässig ist und was der Arbeitgeber nicht als Nachweis akzeptieren muss.
Telefonische Krankschreibung
Diese ist gedacht, um Praxisbesuche von möglicherweise Corona-infizierten Personen zu vermeiden. Die Krankschreibung nach einem Telefonat mit dem Arzt (nicht mit einer Praxismitarbeiterin!) ist zulässig, wenn diese wegen leichter Erkältungsbeschwerden erfolgt. Maximal für sieben Kalendertage ist diese Form der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erlaubt. Eine einmalige Verlängerung um maximal weitere sieben Tage ist möglich. Bei der telefonischen Krankschreibung handelt es sich um eine (zunächst bis zum 31.03.2022) befristete Ausnahmeregelung.
Telemedizin (Videosprechstunde)
Bei der Videosprechstunde treffen sich Arzt und Patient ebenfalls nur virtuell, aber über das Internet, und zwar mit Ton und Bild. Das ermöglicht dem Arzt eine bessere Abschätzung des Gesundheitszustandes seines Patienten als ein rein telefonischer Kontakt. Zulässig sind auf diesem Weg nur Erstkrankschreibungen für bis zu sieben Kalendertage. Voraussetzung: Der Patient ist dem Arzt persönlich bekannt, war also schon einmal in seiner Praxis. Bei dem Arzt bisher unbekannten Personen darf die Krankschreibung nur für höchstens drei Tage erfolgen.
Auch diese Variante darf nur bei bestimmten Diagnosen genutzt werden, nämlich immer da, wo eine körperliche Untersuchung nicht zwingend erforderlich ist. Dazu gehören beispielsweise Erkältungen, Magen-Darm-Beschwerden, aber auch Depressionen.
Online-Fragebogen
Es gibt Anbieter, die aufgrund der Ausfüllung eines Online-Fragebogens eine Krankschreibung vornehmen. Meist ist die Auswahl auf wenige Diagnosen beschränkt und die Arbeitsunfähigkeit wird nur für wenige Tage bescheinigt. Die Zulässigkeit einer solchen Form der Krankschreibung darf bezweifelt werden. Bisher liegen dazu zwar noch keine höchstrichterlichen Entscheidungen vor, das Arbeitsgericht Berlin hat allerdings die Gültigkeit einer solchen Bescheinigung verneint (Urteil vom 01.04.2021, Aktenzeichen: 42 Ca 16289/20). Eine Krankschreibung ohne einen direkten Kontakt zwischen Arzt und Patient ist nach Auffassung des Gerichts nicht zulässig und verpflichtet den Arbeitgeber nicht zur Entgeltfortzahlung.
Für die Künstlersozialkasse müssen die Entgelte bis zum 31.03.2022 gemeldet werden
Stichtag ist der 31.03. jeden Jahres. Bis zu diesem Datum müssen die Unternehmen ihre Anmeldung der Künstlersozialabgabe bei der Künstlersozialkasse vornehmen.
Wer muss melden?
Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Künstler oder Publizisten direkt als Arbeitnehmer, muss er den üblichen Gesamtsozialversicherungsbeitrag entrichten.
Alle anderen Unternehmen, die Leistungen von selbstständigen Künstlern oder Publizisten in Anspruch nehmen, müssen die Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse (KSK) zahlen, wenn sie für ihre eigenen Zwecke Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dazu nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten vergeben. Als „gelegentlich“ gelten Aufträge, die die Grenze von insgesamt 450 Euro in einem Kalenderjahr nicht überschreiten.
Was muss gemeldet werden?
Gemeldet werden müssen alle geleisteten Entgelte des Vorjahres. Dabei spielt es keine Rolle, ob der betreffende Künstler oder Publizist selbst nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versichert ist oder nicht.
Zu den meldepflichtigen Entgelten gehören alle Aufwendungen des Unternehmens, die erforderlich sind, um die Leistung zu erhalten oder zu nutzen. Dazu zählt in erster Linie das Honorar, für den Künstler oder Publizisten, aber auch der Ersatz von Kosten und andere Nebenleistungen, wie beispielsweise Telefon- und Frachtkosten, sowie ersetzte Material- oder Personalkosten gehören dazu. Nicht angerechnet werden die an den Künstler ggf. gezahlte Umsatzsteuer, Zahlungen an Verwertungsgesellschaften (z.B. GEMA, VG Wort usw.) sowie Reise- und Bewirtungskosten (in den steuerlichen Grenzen) und andere steuerfreie Aufwandsentschädigungen.
Wie hoch ist der Umlagesatz?
Der Abgabesatz für 2021 und 2022 beträgt 4,2 Prozent.
Minijobs: Achtung Mindestlohn!
Der gesetzliche Mindestlohn ist zum 01.01.2022 auf 9,82 Euro pro Stunde gestiegen. Eine weitere Erhöhung steht bereits zum 01.07.2022 auf dann 10,45 Euro fest. Bei Minijobs muss in diesem Fällen ggf. die Stundenzahl verringert werden, damit das Entgelt unterhalb der Grenze von 450 Euro bleibt. Ansonsten tritt Sozialversicherungspflicht ein. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber den Mindestlohn tatsächlich gar nicht zahlt. Maßgebend ist der Anspruch des Beschäftigten, unabhängig davon, ob er realisiert wird oder nicht. Hinzu kommen ggf. Bußgelder wegen Verstoßes gegen das Mindestlohngesetz.
Das Bundeskabinett hat am 23.02.2022 den Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung beschlossen. Somit erhöht sich der Mindestlohn zum 01.10.2022 auf 12 Euro je Stunde. Dabei geht man von einer wöchentlichen Arbeitszeit von zehn Stunden aus. Bei 12 Euro Stundenlohn wird der neue Grenzwert dann eingehalten. Zudem wird die Entgeltgrenze für Minijobs auf 520 Euro erhöht.
Bei Minijobs muss mehr gemeldet werden!
Seit Anfang des Jahres müssen die Meldungen für Minijobber zusätzliche Angaben enthalten: Die Krankenkasse des Beschäftigten muss übermittelt werden, damit der Abruf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung funktionieren kann. Denn die Minijobzentrale als Einzugsstelle kann sonst keine Arbeitsunfähigkeitsdaten übermitteln, da diese dort nicht vorliegen und erst von der zuständigen Krankenkasse abgerufen werden müssen.
Außerdem müssen bei Entgeltmeldungen die Steuer-Identifikationsnummer und die Art der Steuerabführung (2-Prozent-Regelung oder andere) übermittelt werden.
Jürgen Heidenreich