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Lohnsteuer kompakt für die Personalpraxis

Lesezeit 5 Min.
Eine Reihe glänzend schwarzer Autos, die im warmen Schein der untergehenden Sonne getaucht sind, stehen aufgereiht vor einem Autohaus und warten auf die Expertise des Personalmanagement-Teams.

Bloße Behauptung der Nichtnutzung kein Widerlegen des Anscheinsbeweises

Kann bei einer Firmenwagennutzung mit der bloßen Behauptung der Nichtnutzung die private Nutzung ausgeschlossen werden?

Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 01.03.2021 zum Aktenzeichen 9 K 3046/18 E entschieden, dass der Anscheinsbeweis für eine Nichtnutzung eines dienstlichen Pkws ausreichend dargelegt und begründet sein muss. Die bloße Behauptung der Nichtnutzung ist nicht ausreichend.

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer erhielt einen Firmenwagen mit einem Bruttolistenpreis von 45.200 Euro auch zur Privatnutzung. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass der geldwerte Vorteil für die Nutzung des Autos nicht ordnungsgemäß ermittelt wurde, und forderte vom Arbeitnehmer Einkommensteuer nach.

Bei der Berechnung des geldwerten Vorteils für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit ging das Finanzamt von einem Bruttolistenpreis des Fahrzeugs in Höhe von 45.200 Euro und einer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeit von 34 km aus.

Pro Monat errechnete der Beklagte einen geldwerten Vorteil für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 461,04 Euro. Abzuziehen seien die pauschal versteuerten Fahrten (pauschal versteuerte Sachbezüge) in Höhe von 153 Euro, sodass sich ein zu versteuernder Differenzbetrag in Höhe von 308,04 Euro ergebe. In den Monaten April bis Juli des Streitjahres sei eine Versteuerung dieses Differenzbetrags jedoch – anders als in den anderen Monaten des Jahres – nicht erfolgt, sodass die Einkünfte des Arbeitnehmers im Jahr 2015 um 1.232,16 Euro (4 x 308,04 Euro) zu erhöhen seien.

Lohnsteuer kompakt für die Personalpraxis 2
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Im Jahr zuvor habe der Arbeitgeber zu Unrecht Beträge pauschal versteuert. Das Finanzamt versteuerte nach. Der Arbeitnehmer erhob Einspruch. Zur Begründung trug er vor, dass der Arbeitgeber ihm den Dienstwagen mit der vertraglichen Verpflichtung zur Verfügung gestellt habe, alle damit zusammenhängenden Abgabenlasten zu übernehmen.

Er habe mit seinem Arbeitgeber eine Nettolohnvereinbarung im Hinblick auf die Kfz-Nutzung geschlossen. In Ermangelung einer programmtechnischen Abrechnungsmöglichkeit sei die Kompensation über zwei Komponenten erfolgt: Der Mitarbeiter habe zum einen 60 Prozent des fahrzeugspezifischen Sachbezugswerts als Bruttolohnzulage zusätzlich zum Gehalt erhalten. Darüber hinaus habe der Mitarbeiter vom Arbeitgeber eine pauschalversteuerte Fahrtkostenerstattung für Fahrten Wohnung-Arbeit erhalten.

Im Jahr zuvor habe er in den Monaten Juni bis September einen Fahrtennachweis für den Firmenwagen geführt. Sämtliche Privatfahrten (einschließlich der Fahrten zur Arbeit) habe er in diesem Zeitraum mit seinem privaten Pkw, seinem Motorrad und einem Rennrad durchgeführt. Im Streitjahr habe er den Firmenwagen in den Sommermonaten April bis Juni nicht für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt. Der Wagen habe teilweise technische Probleme gehabt und er sei mit dem Motorrad gefahren. Der Wagen habe überwiegend bei ihm zu Hause gestanden. Im Jahr 2015 sei zudem ein Wechsel des Firmenwagens erfolgt, sodass er im Juli eine Zeit ohne Firmenwagen habe überbrücken müssen.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Finanzamt recht. Gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 15 Prozent für Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erheben, soweit diese Bezüge den Betrag nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend machen könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal besteuert würden.

Lohnsteuer kompakt für die Personalpraxis 3
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Nach der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) kann dabei aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen werden, dass monatlich an 15 Arbeitstagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erfolgt sind.

Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind nach diesen Grundsätzen 153 Euro (15 Fahrten × 34 km × 0,30 Euro) pro Monat pauschal zu versteuern.

Soweit der Arbeitgeber darüber hinausgehend einen Fahrkostenzuschuss in Höhe von 193,80 Euro für elf Monate im Jahr zuvor der Pauschalbesteuerung unterworfen hat, fehlt es hierfür insoweit an einer gesetzlichen Grundlage. Auch im Folgejahr hat der Arbeitgeber zu wenig Lohn versteuert. Der Arbeitnehmer erhielt einen Dienstwagen zur privaten Nutzung. Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten ist ein geldwerter Vorteil nach der Pauschal- oder Fahrtenbuchmethode zu ermitteln.

Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, erhöht sich der Wert des geldwerten Vorteils für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.

Der Richter am Finanzgericht folgt den Einwendungen des Arbeitnehmers nicht, er habe den Pkw nicht genutzt. Für den Zuschlag für die Nutzung des Wagens für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte reicht zwar die bloße Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens nicht aus. Die Vorschrift kommt vielmehr nur dann zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzt.

Für die tatsächliche Nutzung spricht jedoch nach Ansicht des Richters ein Anscheinsbeweis, wenn das Kfz tatsächlich für solche Fahrten überlassen worden ist. Dieser Anscheinsbeweis kann jedoch dadurch entkräftet werden, so der Richter, dass substantiierte Einwände vorgebracht werden, aus denen sich die ernstliche Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs ergibt.

Diese Entkräftung war nach Ansicht des Richters aber nicht gegeben. Die pauschale Behauptung, dass der Arbeitnehmer in den Sommermonaten April bis Juli mit dem Motorrad bzw. Fahrrad bzw. seinem privaten Pkw gefahren sei, genügt insoweit dem Richter nicht. Die Fahrtenaufstellungen konnte im Klageverfahren nicht vorgelegt werden. Auch die Behauptung, dass er im Juli eine Zeit ohne Firmenwagen habe überbrücken müssen, wurde nicht weiter belegt.

Das Finanzamt hat die Höhe des Sachbezugs auch zutreffend mit 461,04 Euro (45.200 Euro × 34 km × 0,03 Prozent) berechnet und insoweit den pauschal besteuerten Anteil in Höhe von 153 Euro in Abzug gebracht.

Praxishinweis

Bei fehlgeschlagener Pauschalierung ist der Arbeitslohn in die Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers einzubeziehen, ohne dass die vom Arbeitgeber abgeführte pauschale Lohnsteuer auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen ist.

Daniela Karbe-Geßler

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