Im Blick: Sozialversicherungsrecht
Achtung Märzklausel!
Einmalzahlungen werden in der Sozialversicherung anders bewertet als das laufende Arbeitsentgelt. Damit soll verhindert werden, dass einmalige Zuwendungen aufgrund des Überschreitens der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze nur zu einem geringen Teil beitragspflichtig sind. Daher gelten die bekannten Regelungen zur Bildung einer anteiligen Jahresbeitragsbemessungsgrenze. So ist sichergestellt, dass die Beitragsbemessungsgrenze im Laufe eines Jahres durch Einmalzahlungen immer weiter „aufgefüllt“ wird.
Um zu verhindern, dass schlaue Entgeltabrechner alle Einmalzahlungen im Januar eines Jahres auszahlen und so nur die Beitragsbemessungsgrenze für diesen einen Monat nutzen, hat der Gesetzgeber die Märzklausel eingeführt. Bei Einmalzahlungen, die in der Zeit vom 01.01. bis 31.03. eines Jahres gezahlt werden, ist zunächst zu prüfen, ob sie zusammen mit dem laufenden Entgelt in die jeweilige anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze passen. Falls nicht, wird die Einmalzahlung dem Vorjahr zugerechnet und ist entsprechend abzurechnen.
Die Rückrechnung auf das Vorjahr bleibt auch dann bestehen, wenn dadurch der beitragspflichtige Anteil der Einmalzahlung geringer sein sollte als bei einer Berechnung im laufenden Kalenderjahr. Für die Berechnung werden die im Vorjahr gültigen Beitragssätze herangezogen.
Wichtig: Die Einmalzahlung im Rahmen der Märzklausel ist durch eine gesonderte Meldung nachzumelden (Abgabegrund 54, Meldezeitraum 01.12.2022 bis 31.12.2022), der Beitragsnachweis für Dezember wird korrigiert.
Nun ist sie da: die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung
Seit Januar 2023 für alle Arbeitgeber verpflichtend: die Teilnahme an der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung (euBP). Ganz neu ist das Verfahren nicht, auf freiwilliger Basis besteht schon seit geraumer Zeit die Möglichkeit, die zu prüfenden Entgelt- und Abrechnungsunterlagen digital an die Rentenversicherung zu übermitteln und so die Prüfung vor Ort deutlich zu verkürzen. Mitunter wird auf Letzteres sogar ganz darauf verzichtet.
Vor diesem Hintergrund wurde bereits ab 2022 die Pflicht eingeführt, dass die Entgeltunterlagen von den Arbeitgebern in digitaler Form zu dokumentieren sind, sodass sie auf Anforderung der Rentenversicherung für die Prüfung übermittelt werden können.
Von beiden Verpflichtungen (digitale Führung der Entgeltunterlagen und Teilnahme an der euBP) können sich Arbeitgeber auf Antrag befreien lassen. Allerdings kann diese Befreiung bis längstens 2026 erfolgen. Danach gibt es keine Möglichkeit mehr. Ein entsprechender Antrag ist an den Prüfdienst der Rentenversicherung zu richten.
Serviceportal der gesetzlichen Unfallversicherung
Ein neues Webportal erleichtert den Zugang zu den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt für Unternehmen und betroffene Versicherte. Einen Arbeitsunfall anzeigen, ein Unternehmen an- oder abmelden – seit dem Jahreswechsel stehen mehr als 30 Serviceleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auch online zur Verfügung.
Unter www.serviceportal-unfallversicherung.dguv.de können Unternehmen und Versicherte Anliegen zeit- und ortsunabhängig erledigen. Auch über den Portalverbund von Bund und Ländern (www.bund.de) können die Serviceleistungen abgerufen werden.
Je nach Serviceleistung und gewähltem Kommunikationsweg müssen sich die Nutzerinnen und Nutzer identifizieren oder elektronisch ausweisen. Dies können sie über die sicheren Angebote des Bundes erledigen: Versicherte über das sogenannte Nutzerkonto Bund (BundID), Unternehmen über „Mein Unternehmenskonto“. Auch die Bundesländer bieten eigene Länderkonten an, die ebenfalls im Serviceportal genutzt werden können.
Die Nutzer können sich über die Konten einmalig ausweisen und auf diese Authentifizierung bei jedem weiteren Behördenkontakt zurückgreifen. Zudem können Daten hinterlegt, diese in verschiedene Formulare übernommen sowie Bescheide und Mitteilungen im Postfach digital empfangen werden.
Hintergrund für die Digitalisierung ist die Umsetzung der Anforderungen aus dem Onlinezugangsgesetz (OZG). Das OZG verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, ihre Verwaltungsleistungen ab 2023 auch elektronisch anzubieten und zu einem Portalverbund zu verknüpfen. Ziel des OZG ist es, möglichst viele Behördenleistungen mit wenigen Klicks online zugänglich zu machen. Die digitalen Services sind ein zusätzliches Angebot, die bisherigen Kommunikationswege für Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung bleiben erhalten.
Rekordjahr 2022 – beim Krankenstand
Ein Rekord, wenn auch kein schöner: Der Krankenstand im Jahr 2022 zeigte sich auf einem Allzeithoch. Das zeigen übereinstimmend die Berichte der einzelnen Krankenkasse, aber auch die bundesweite Statistik des Bundesgesundheitsministeriums (sogenannte KM1-Statistik). Selbst diese Zahlen sind im Ergebnis zu niedrig, denn die kurzfristigen Krankheitszeiten ohne ärztliche Bescheinigung können hier nicht einfließen.
Schwerpunkt waren nach Angaben der Krankenkassen (die KM1-Statistik weist keine Diagnosen aus) die unterschiedlichen Viruserkrankungen (Corona, Grippe) und andere Atemwegserkrankungen. Auch die psychischen Erkrankungen haben weiter zugenommen.
Die Entwicklung über das Kalenderjahr 2022 zeigt die folgende Grafik:
Beitrags- und Umlagesätze online
Natürlich sind die Beitrags- und Umlagesätze der einzelnen Krankenkassen in den Entgeltabrechnungsprogrammen hinterlegt. Trotzdem kann es mitunter sinnvoll sein, eine gezielte Einzelabfrage vorzunehmen. Insbesondere dann, wenn es um die Frage geht, welcher Erstattungs- und Umlagesatz bei der einzelnen Krankenkasse für das Unternehmen am vorteilhaftesten ist. Gerade zum Jahreswechsel haben viele Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag anheben müssen.
Abgeltung von Zeitguthaben
Wenn Zeitguthaben nicht mehr „abgebummelt“ werden konnten, sondern ausgezahlt werden mussten, gab es in der Vergangenheit oft Probleme bei der zeitlichen Zuordnung. Jetzt gibt es eine gesetzliche Regelung (§ 23d Sozialgesetzbuch (SGB) IV). Danach wird geregelt, wie Zeitguthaben, die in Arbeitsentgelt abgegolten werden und erst nach Beendigung der Beschäftigung ausgezahlt werden, zeitlich zugeordnet werden.
Bei Entgeltguthaben, die aus Arbeitszeitguthaben abgeleitet sind und nach Beendigung oder bei Ruhen des Beschäftigungsverhältnisses in bar abgegolten werden müssen, wird das ausgezahlte Guthaben auch dann dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum zugeordnet, wenn im laufenden Kalenderjahr gar kein Entgelt mehr gezahlt wurde und dieser Abrechnungszeitraum im Vorjahr liegt.
Die Zuordnung der Abgeltungszahlung zum letzten Entgeltabrechnungszeitraum findet selbst dann statt, wenn dieser nicht mit (laufendem) Arbeitsentgelt belegt ist. Im Ergebnis: Lag vor der Beendigung der Beschäftigung eine Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug vor, besteht keine Beitragspflicht, wenn durch den Krankengeldbezug Beitragsfreiheit im Kalenderjahr der Zuordnung besteht.
Aspekte zu berücksichtigen sind. Für den normalen Arbeitnehmer lässt sich das Endergebnis nur schwer abschätzen.
Jetzt ist Besserung in Sicht. Die digitale Rentenübersicht ist bereits online. Allerdings noch nicht vollständig mit Daten gefüllt – das wird erst im Laufe der Zeit passieren. Noch wird ausgiebig getestet, aber ab Sommer 2023 werden alle Bürger Informationen über ihre individuellen Ansprüche aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Alterssicherung digital abrufen können. So können die Altersvorsorgeansprüche aus verschiedenen Systemen übersichtlich und zentral gebündelt eingesehen werden. Die Nutzung des Online-Portals ist freiwillig, kostenfrei und einfach über das Internet möglich.
Durch das neue Portal sollen alle Ansprüche aus den verschiedenen Sicherungssystemen gebündelt und übersichtlich dargestellt werden. So können insbesondere die Arbeitnehmer frühzeitig erkennen, ob und wie viel sie zusätzlich noch selbst in ihre Altersversorgung investieren müssen, um am Lebensabend einen ausreichenden Lebensstandard sicherstellen zu können.
Statusfeststellung nicht für alle Ewigkeit
Im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens wird abschließend ein Bescheid erlassen. Gibt es keinen Widerspruch, wird dieser nach Ablauf eines Monats bindend. Aber Vorsicht! Das gilt nur, solange sich an den dem Bescheid zugrunde liegenden Verhältnissen nichts ändert. Andernfalls muss eine neue Beurteilung durch die Rentenversicherung herbeigeführt werden, so eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG). In dem Urteil (vom 29.03.2022 – B12 KR 1/20 R) ging es um einen geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH. Die Rentenversicherung erkannte aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschafterversammlung und dem Vorliegen einer Sperrminorität auf eine selbstständige Tätigkeit.
Danach änderten sich durch eine Kapitalerhöhung die Mehrheitsverhältnisse. Im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung stellte die Rentenversicherung rückwirkend (ab der Kapitalerhöhung) Versicherungspflicht als Arbeitnehmer fest und forderte die Beiträge nach. Zu Recht, wie das Gericht befand. Es stellte fest, dass der Verstoß gegen die Mitteilungspflicht im Rahmen der Veränderung der Verhältnisse, die dem ursprünglichen Bescheid zugrunde lagen, den Bestandsschutz des Bescheides aufgelöst hat. Die rückwirkende Änderung des Bescheides und die Nachforderung der Beiträge waren also rechtens.
Jürgen Heidenreich