Im Gespräch : Im Gespräch mit Prof. Dr. Simon Werther
Die HR Innovation Roadshow ist eine Institution in Deutschland, alljährlich stellen hier HR-Startups an verschiedenen Orten in Deutschland dem Publikum ihre Innovationen vor. Wir haben mit einem der Initiatoren dieses Formates, Professor Dr. Simon Werther, über diese Szene gesprochen.
Die neuen Kräfte der HR-Szene
Herr Prof. Werther, die HR Innovation Roadshow geht in die nächste Runde. Wohin führt der Weg dieses inzwischen fast schon etablierten Formates?
Am Konzept der HR Innovation Roadshow hat sich im Vergleich zum letzten Jahr nicht viel verändert, nachdem die Rückmeldung weiterhin sehr positiv ist. Im Mittelpunkt stehen also wieder digitale Lösungen für Arbeit 4.0, Agilität und New Work, um die Personalarbeit evolutionär und revolutionär weiterzuentwickeln. Wir werden dieses Jahr in fünf Städten in ganz Deutschland Station machen: Frankfurt am 11. April, Düsseldorf am 05. Juni, Berlin am 24. Juni, Hamburg am 21. Oktober und München am 11. November. Im Mittelpunkt stehen auch im vierten Jahr der Roadshow Pitch-Slots innovativer HR-Startups sowie viel Zeit für Austausch und Diskussion. Die Roadshow wird auch dieses Jahr wieder gemeinsam vom Bundesverband Deutsche Startups und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung veranstaltet und steht allen Personalverantwortlichen, -leitern und -referenten offen, die Interesse an einem Austausch haben. Die Anmeldung ist direkt unter www.hr-roadshow.de möglich und bei Rückfragen stehe ich gerne persönlich zur Verfügung.
Die HR-Tec-Startup-Szene bestand initial vor allen Dingen aus Angeboten zum Thema Recruiting. Hat dieser Trend sich fortgesetzt?
Die HR-Startup-Szene wächst weiterhin sehr stark. Ich habe im Rahmen meiner Professur für Innovationsmanagement an der Hochschule der Medien Stuttgart dazu den zweiten HR-Startup-Monitor durchgeführt, um eine systematische Analyse der deutschsprachigen HR-Startup-Szene zu erarbeiten. Dabei hat sich gezeigt, dass die Anzahl von HR-Startups von 69 im Jahr 2015 auf insgesamt 219 in diesem Jahr zugenommen hat. Das ist wirklich ein beachtliches Wachstum! Letztlich zeigt alleine diese Entwicklung, dass HR Innovationen maßgeblich von Startups getrieben werden. Und dass die HR-Innovation Roadshow umso wichtiger als Netzwerkformat ist, um den Austausch mit HR-Startups zu fördern. Gleichzeitig bilden die Lösungen der Startups unterschiedlichste Personalbereiche ab. Recruiting ist weiterhin dominant, aber Lösungen für Personal- und Organisationsentwicklung haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Das Wachstum der HR-Startup-Szene geht also auch mit einer Differenzierung der Schwerpunkte der Jungunternehmen einher.
Startups kommen und viele sterben jung. Welches Erfolgsrezept haben die „Überlebenden“?
Das ist eine sehr spannende Frage, nachdem sie bei Startups letztlich immer über die Existenz entscheidet. Systematische Per- men Erfolgsrezepte gibt es meiner Wahrnehmung Wahrnehmung nach nicht unbedingt, nachdem die Ausgangslage von Startups sehr unterschiedlich ist. Deshalb beantworte ich die Frage gerne mit einem Schwerpunkt auf die Personalszene. Beim Aufbau meines eigenen Startups HRinstruments in München haben die folgenden Erfolgsfaktoren eine zentrale Rolle gespielt: früher Kontakt zu Kunden und Co-Creation bei der Produktentwicklung, permanente Weiterentwicklung der Produkte bzgl. Innovationsführerschaft, extreme Professionalität bei der Kundenbetreuung sowie bei Datenschutz und IT-Sicherheit, solide Liquiditäts- und Finanzplanung sowie kontinuierliche Vernetzung in der HR-Szene. Gerade der frühe Kontakt zu Kunden und Co-Creation bei der Produktentwicklung sind dabei leichter gesagt als getan, da die Personalszene an vielen Stellen doch noch relativ zurückhaltend und risikovermeidend ist. Mein Plädoyer geht deshalb immer in die Richtung, dass Mut für neue Wege erforderlich ist. Jede Reise beginnt bekanntlich mit einem ersten Schritt! Wenn jeder potenzielle Interessent zur Risikovermeidung mehrere Jahre abwartet, bis ein Startup eine lange Referenzliste vorweisen kann, dann wird es das Startup in mehreren Jahren nicht mehr geben. Gemeinsam mutig neue Wege gehen – mit diesem Motto werden Arbeit 4.0, Agilität und New Work bereits heute Wirklichkeit!
Sehen wir das Ganze einmal aus Sicht der etablierten Unternehmen der Szene. Spüren Sie hier Reaktionen auf die innovativen Herausforderer?
Es sind auf jeden Fall Reaktionen auf verschiedensten Ebenen spürbar. Auf der einen Seite werden kontinuierlich HR-Startups von etablierten Anbietern übernommen oder es wird zumindest in diese investiert, was natürlich sehr für die Innovationskraft von uns HR-Startups spricht. Außerdem suchen immer mehr etablierte Anbieter den Kontakt mit Startups – ob im Rahmen gemeinsamer Veranstaltungen, bei Kooperationsprojekten oder technischen Schnittstellen. An vielen Stellen erfolgt dies noch aus einer gewissen Überheblichkeit heraus, doch gleichzeitig erlebe ich an immer mehr Stellen einen Kontakt auf Augenhöhe und den Wunsch nach langfristiger Kooperation.
Sie sind auch Sprecher der Plattform HR-Startups im Bundesverband Deutsche Startups (BVDS). Was können Sie in dieser Funktion bewegen?
Mir geht es in meiner Funktion als Initiator und Sprecher der Plattform HR-Startups im BVDS vor allem darum, Impulse zu setzen und relevante Stakeholder miteinander zu vernetzen. Sowohl traditionelle Unternehmen als auch etablierte Anbieter müssen noch viel mehr mit HR-Startups in Kontakt kommen und in den Austausch gehen, um auf noch viel mehr Ebenen gemeinsame Projekte zu initiieren und wichtige Themen voranzutreiben. Arbeit 4.0, New Work und Agilität sind für mich alles andere als Buzzwords, doch wir können sie nur gemeinsam mit Leben füllen. Genau das ist mein Anspruch an die Funktion im BVDS und genau das versuche ich seit 2015 zu bewegen.
Ihre Sprechertätigkeit ist auch eine politische. Gibt es hier Unterstützung oder wenigstens Interesse seitens der Berufspolitik?
Der Bundesverband Deutsche Startups ist auch auf politischer Ebene sehr aktiv, so dass es hier viele Anknüpfungspunkte und viel Austausch mit der Berufspolitik gibt. Die Plattform HR-Startups ist hier für die Bundespolitik und für Berufspolitiker offensichtlich nicht ganz so interessant wie andere Startup-Branchen, nachdem die technologische Innovation hier weniger im Mittelpunkt steht und unsere Lösungen oftmals weniger sichtbar sind als die Angebote anderer Startups. Auch hier bewegt sich allerdings etwas und es ist bekanntlich nie zu spät, insofern bin ich guter Dinge, dass die Offenheit und das Interesse von Seiten der Politik weiter zunehmen werden. Die aktuellen politischen Entscheidungen lassen allerdings leider auch eine gewisse Realitätsferne der Politik gegenüber technologischer Entwicklungen und Interessen von Startups vermuten, so dass es auf jeden Fall noch ein weiter Weg ist.
Sie sind auch Gründer eines eigenen Startups. Wie laufen hier die Geschäfte?
Wir erleben bei HRinstruments seit unserer Gründung Anfang 2015 den Boom der HR-Tech-Szene aus erster Hand mit. Mich persönlich freut es besonders, dass digitale Feedbacklösungen zur Förderung von Partizipation, Wertschätzung und Engagement von Jahr zu Jahr immer stärker nachgefragt werden und wir dadurch kontinuierlich wachsen. Mit Instant Feedback, Pulsbefragungen, Peer Feedback und anderen innovativen Feedbackformaten nutzen vor allem immer mehr mittelständische Unternehmen und Großkonzerne mit tausenden Mitarbeitern digitale Lösungen, was eine tolle Bestätigung für den Einsatz unseres Teams ist. Ich bin als Mitgründer von HRinstruments also sehr zufrieden mit der geschäftlichen Entwicklung – vor allem auch weil wir dadurch einen Beitrag zur Gestaltung der Arbeitswelt 4.0 und zur Umsetzung von New Work leisten.