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Entscheidungshilfen für Unternehmen – Teil 24 – : Von I(nternetauftritt) bis I(nternet-Kunsthandel) : ABC der Künstlersozialabgabe

Joachim ZacherPraxis
Lesezeit 4 Min.
Eine verstreute Auswahl grüner und weißer 3D-Buchstaben auf einem einfachen Hintergrund, die ein abstraktes Konzept einer Buchstabensuppe oder eines Durcheinanders typografischer Elemente erzeugen.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der Urteilsbegründung zum Webdesigner (vgl. BSG, Urteile vom 07.07.2005 – B 3 KR 37/04 R und 29/04 R) dessen Tätigkeiten wie folgt beschrieben: Wer mit Hilfe diverser Softwareprogramme Bildschirmseiten für Internetauftritte unter ästhetischen und funktionalen Gesichtspunkten gestaltet, ist als Webdesigner Künstler im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG). Die Tätigkeit wird durch eigenschöpferisches Gestalten maßgeblich bestimmt und ist daher vergleichbar mit den Tätigkeiten von Grafikdesignern, Fotodesignern oder Layoutern. Während das Ziel von Grafikdesignern die Bearbeitung von Papier, Pappe und Folien ist, Fotografen sich mit Bildern befassen und Layouter Buch- und Zeitungsseiten gestalten, konzipiert der Webdesigner eine Internet- oder Intranetseite nach Kundenwunsch. Es ist gerechtfertigt, das Webdesign wie alle anderen Arten des Designs, die auf speziellen technischen Möglichkeiten und Anwendungsformen beruhen (z. B. Foto-, Licht-, Grafik-, Computer-, Medien- und Sounddesign) als Bestandteil der „Bildenden Kunst“ zu betrachten.

Abzugrenzen von der künstlerischen Tätigkeit eines Webdesigners sind die nicht künstlerischen Tätigkeiten eines Webmasters oder Programmierers (technische Einrichtung und Pflege von Internetseiten, Überprüfung auf Funktionalität und Aktualität, Nutzerfreundlichkeit, Sicherung gegen Viren, Sicherstellung einer stabilen Erreichbarkeit).

Aber daraus den Schluss zu ziehen, in Rechnung gestellte künstlerische und nichtkünstlerische Tätigkeiten eines Auftrags in Abgabepflicht JA oder NEIN aufzuteilen, ist falsch. So urteilte ein Gericht (Sozialgericht (SG) Dortmund, Urteil vom 25.02.2011 – S 34 R 321/08), dass die nicht künstlerischen Leistungen das Schicksal der künstlerischen (Haupt-)Leistung teilen und als Nebenkosten sehr wohl der Abgabepflicht nach dem KSVG unterfallen, vergleichbar dem Steuerrecht.

Internetauftritt

Ein Unternehmen, das pharmazeutische Produkte herstellt und vertreibt und für Werbezwecke einen Internet-Auftritt erstellen und ändern lässt, gehört als Eigenwerbung treibendes Unternehmen zum Kreis der nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG abgabepflichtigen Unternehmen, weil es Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Zwecke des eigenen Unternehmens betreibt. Entgelte, die für die Erstellung und Änderung von Internetseiten an Webdesigner gezahlt werden, unterliegen der Künstlersozialabgabepflicht.

Auch Körperschaften des öffentlichen Rechts (hier: Bundessteuerberaterkammer) unterliegen der Künstlersozialabgabepflicht, wenn sie Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei mehrmals jährlich Aufträge an Pressefotografen und Fotodesigner erteilen, deren Ergebnisse u. a. in den Internetauftritt einfließen (vgl. BSG, Urteil vom 08.10.2014 – B 3 KS 1/13 R).

Im Falle eines Unternehmens, das in der Glasveredelung tätig ist, hatte die Künstlersozialkasse (KSK) Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG festgestellt (sog. Eigenwerber). Grund waren im Wesentlichen Zahlungen des Unternehmens an eine Werbeagentur in der Rechtsform einer GbR, also einer natürlichen Person, für die Erbringung künstlerischer und publizistischer Leistungen. Aus dem Internetauftritt des klagenden Unternehmens ergab sich, dass es seine Produktpalette und die von ihr zu erbringenden Dienstleistungen für potenzielle Kunden ästhetisch ansprechend darbieten wollte. Zu diesem Zweck wurden einer Werbeagentur in regelmäßigen Abständen Aufträge erteilt, die Internetseite zu pflegen. Die Gestaltung der Internetseite wies typische Aspekte der Werbekunst und der Werbepsychologie auf, wenn auch die darin enthaltenen Informationen über das Unternehmen eher knapp gehalten waren. Dennoch ließ sich erkennen, dass der Internetauftritt gestalterische und publizistische Elemente aufwies, die sich das Unternehmen im Sinne der Eigenwerbung zu Nutze machte (vgl. SG Detmold, Urteil vom 25.01.2012 – S 5 KR 156/09).

Ein Haufen verstreuter dreidimensionaler grüner und weißer Buchstaben auf weißem Hintergrund, die ein alphabetisches, sprachliches oder typografisches Thema suggerieren.

Zur Verfassungsmäßigkeit der angesprochenen Regelungen hatte das BSG in seinem Urteil zur Bundessteuerberaterkammer erklärt (s.o.): Die Pflicht von Kunst verwertenden Unternehmen zur Abführung der Künstlersozialabgaben (KSA) ist auch angesichts der durch das Internet erweiterten Möglichkeiten der Künstler zur Selbstvermarktung verfassungsrechtlich unbedenklich. Das BSG beschreibt die festgestellten Tätigkeiten der Kammer: Sie betreibt mit ihrem Internetauftritt, ihren Jahresberichten und dem „KammerReport“ Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen und nutzt dabei die Werke von Künstlern. Sie informiert über ihre Veranstaltungen, ihre Tätigkeit (z. B. Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben) sowie über ihre Pressearbeit. Die Berichte sind vielfach bebildert. Die Jahresberichte und der „KammerReport“ sind im Rahmen des Internetauftritts für jedermann abrufbar und stehen damit – anders als ein Kennwort geschützter Bereich des Internetauftritts – der allgemeinen Öffentlichkeit zur Verfügung, also nicht nur den Steuerberaterkammern der Länder und deren Mitgliedern. Bilderserien von Veranstaltungen, Porträtshootings, die künstlerische Gestaltung von Weihnachtskarten und Einladungsschreiben sind dem Bereich der „Bildenden Kunst“ zuzuordnen.

Internet-Kunsthandel

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 KSVG ist ein Unternehmer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, der mit Werken der „Bildenden Kunst“ Handel treibt. Während der Oberbegriff des Kunsthandels nicht an eine Räumlichkeit gebunden ist und somit zum Beispiel auch den Katalog- und Internethandel mit Werken der „Bildenden Kunst“ umfasst, umschreibt der Galeriebegriff in der genannten Vorschrift den stationären Kunsthandel, bei dem solche Werke in eigens dafür unterhaltenen Räumlichkeiten mit der nach außen erkennbaren Absicht ihres Verkaufs ausgestellt werden. Einen Kunsthandel betreibt, wer künstlerische Werke mit dem Ziel der Weiterveräußerung erwirbt oder sie in Kommission nimmt (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2012 – B 3 KS 2/11 R).

In der nächsten Ausgabe setzen wir das „ABC der Künstlersozialabgabe“ fort, beginnend mit dem Stichwort „Internetwerbung“, und bieten Ihnen weitere Entscheidungshilfen zur Künstlersozialabgabe an.

Joachim Zacher, Dipl.-Verwaltungswirt, Autor und Dozent, Oldenburg

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