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Haftungsrisiken in der Entgeltabrechnung : Alles anders?

Während ich diese Zeilen schreibe, befinden wir uns alle noch mitten in den Corona- bzw. Covid-19-bedingten neuesten Herausforderungen. Auch was unseren Entgeltabrechnungsjob betrifft. Wenn Sie diesen Artikel lesen, ist möglicherweise das Schlimmste hinsichtlich dieser Pandemie überwunden oder wendet sich hoffentlich aussichtsreich zum Besseren, zum wieder normaleren Leben in all seinen Facetten. Und möglicherweise ist vieles oder alles anders. Man weiß es eben nicht.

Werner MocheFokus
Lesezeit 4 Min.
Ein schwarzer Ordner mit der Aufschrift „Haftung“ auf einem Schreibtisch mit blauem Paragraphensymbol und goldener Waage als Symbol für rechtliche Verantwortung und Recht.

Als Mitarbeitende in der Entgeltabrechnung waren Sie wahrscheinlich wohl doch nicht von den viel zitierten Segnungen des Homeoffice betroffen, sondern haben sich brav mit allen Vorsichtsmaßnahmen und Sicherheitsabständen in Ihrem Büro aufgehalten, um letztlich dem Computer mitzuteilen, was er denn so alles neu und verändert abzurechnen hat. Denn in außergewöhnlichen Situationen sind in der Regel die Entgeltabrechner die letzten Mohikaner oder, im schlimmsten Fall, diejenigen, die das Licht ausmachen. Wollen wir es nicht hoffen. Und möglicherweise mussten Sie das auch im neuen Zwei-Schicht-System absolvieren, damit man nicht so eng beieinander hockt und sich anstecken könnte. Auch eine neue persönliche Erfahrung – arbeiten im Schichtbetrieb.

Da wird einem doch am eigenen Leib schnell klar, was es heißt, frühmorgens um 6 Uhr, oder noch früher, mit der Arbeit zu beginnen, um dann ab 14 Uhr bei absolut eingeengten weiteren Lebensbedingungen den Rest des Tages zu verbringen. Dann kann man auch früh schlafen gehen, um am nächsten Morgen um 6 Uhr wieder frisch zu beginnen.

Oder Sie durften doch erst um 14 Uhr beginnen und mussten mangels anderer Erlebnismöglichkeiten den Vormittag zwangsweise rumgammeln und halbwegs sinnfrei auf den Abmarsch ins Büro warten. Nach Schichtende um 21 Uhr, oder auch noch später, war dann auch keine Entspannung mehr in der Kneipe um die Ecke mittels eines Absackers zu finden. Also ab nach Hause.

Aber möglicherweise war die Schichtarbeit bei Ihnen ja hilfreich im Zusammenhang mit der notwendigen Betreuung Ihrer bei geschlossener Kita oder Schule unzufrieden zu Hause rummaulender Kinder, denen Sie vor oder nach Ihrer Schichtarbeit noch die erwünschte und erforderliche Bespaßung zukommen lassen konnten. Womit Ihre sonst bespaßende Partnerin oder Partner ein wenig Zeit zur eigenen Lebensgestaltung ergattern konnte.

Und? Haben Sie sich für die Schichtarbeit auch die tariflich oder gesetzlich zustehenden Schicht- und ggf. anteiligen Nachtarbeitszuschläge abrechnen können? Das war rechtlich und zeitlich hoffentlich alles einwandfrei und die dafür notwendigen Eingaben hat Ihr Zeitwirtschaftssystem oder doch jemand von den Kollegen im Sinne des Vier-Augen-Prinzips vorgenommen.

Es ist ja nicht so viel mehr Geld, angesichts der insbesondere zeitlich ungewohnten Arbeitsbelastungen, aber der schichtarbeitende Mensch freut sich am Ende doch. Ein bisschen. Wenigstens.

Und vielleicht lohnt sich der durch die Corona-Pandemie bedingte nicht ganz freiwillige zusätzliche (Schicht-) Arbeitseinsatz letztlich ja doch noch ein wenig mehr, wenn Ihr Arbeitgeber für die so bedingten Arbeitsbelastungen zusätzlich noch etwas drauflegt und Sie sich bis zu insgesamt 1.500 Euro über die neue Steuerfreiheit für solche Boni, Zulagen oder Ähnliches freuen dürfen. Ob das dann auch in Ihrem Fall zu Recht steuerfrei bleiben durfte, entnehmen Sie natürlich den vom Bundesministerium der Finanzen mit den Bundesländern speziell dazu abgestimmten Steuerfreistellungsregeln zu diesem besonderen Ereignis. Und Sie handeln bitte auch wirklich nur steuerfrei in diesem eindeutig eingegrenzten Rahmen. Sonst kann es irgendwann unerwartet und ungewollt dann doch noch teuer werden. Erst für Ihren Arbeitgeber und dann möglicherweise auch für Sie.

Womöglich haben Sie zu diesem Zeitpunkt dann auch schon die erste Kurzarbeitsabrechnung Ihres Abrechnerlebens hinter sich und dabei einige völlig neue Abrechnungserfahrungen gemacht. Sie wissen jetzt alles über Volllohn und Kurzlohn, Soll- und Ist-Stunden, Zuschuss zum Kurzarbeitergeld (KUG), Steuerfreiheit bei KUG und auch über die Sache mit den zunächst zu verauslagenden und dann rückzufordernden Sozialversicherungsbeiträgen, natürlich nur KUG-anteilig, und vieles mehr. Sie wissen jetzt auch, dass trotz angeordneter und genehmigter Kurzarbeit an gesetzlichen Feiertagen voller Entgeltanspruch besteht und man dafür kein KUG bekommt. Und wegen der Kurzarbeit sind nun auch alle alten Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr abgebaut und für die durfte man auch kein KUG abrechnen. Und, und, und.

Möglicherweise durften Sie auch lernen, dass vor der Kurzarbeit bereits mit Entgeltfortzahlung erkrankte Kolleginnen und Kollegen keinen Anspruch auf KUG haben, man aber u. U. recht kompliziert dafür per gesonderte Abrechnungsliste von der zuständigen Krankenkasse eine Art KUG-Krankengeld beantragen und erhalten kann. Und vor allen Dingen haben Sie insgesamt wieder gelernt, dass man als Abrechner gerade in und für solche besonderen Abrechnungssituationen gut beraten ist, immer auch einen Blick für die sich dazu manchmal im Stundenabstand verändernde Rechtslage und Auslegungen von gemeinsamen Grundsätzen und anderen Regelungen haben sollte. Diesen Blick sollten Sie von nun an immer beibehalten.

Übrigens – sind Sie eigentlich sicher, dass Ihre KUG-Abrechnung auf Ihrem Abrechnungssystem überhaupt als solche im Bereich der Sozialversicherung zur automatisierten Abrechnung und den daraus folgenden Entgeltmeldungen zugelassen war? Liegt Ihnen eine Bestätigung Ihres Software-Herstellers vor, dass der Bestandteil KUG-Abrechnung systemgeprüft ist? Falls nein – bitte unbedingt nachholen. Irgendwann wird die ganze KUG-Arie doch nochmal von der Rentenversicherung mitgeprüft und dann sollte es, vielleicht Jahre später, nicht zu einem bösen und teuren Erwachen kommen.

Aber wahrscheinlich werden die Corona-Reglementierungen im Mai 2020 noch nicht vorbei sein und Sie und uns noch eine ganze Weile begleiten. Dann besteht mit zunehmender Zeitdauer eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Sie weiter dazulernen dürfen. Insofern ist natürlich nicht alles anders. Ist ja auch nicht schlecht. Bleiben Sie gesund!

Werner Moche

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