Corona macht es möglich : Neues beim Kurzarbeitergeld
Vorübergehende Engpässe durch Auftragsmangel oder andere Einflüsse sollen von den Unternehmen möglichst ohne die Entlassung von Mitarbeitern überstanden werden, damit diese beim Wiederanlaufen der (vollen) Produktion zur Verfügung stehen und nicht neu gesucht und eingestellt werden müssen. Um die Unternehmen dabei zu unterstützen, gibt es das Kurzarbeitergeld.
Das Coronavirus macht besonders deutlich, wie schnell die Betriebe in die Lage kommen, vorübergehend ihre Mitarbeiter nicht mehr angemessen beschäftigen und damit bezahlen zu können. Das Kurzarbeitergeld hilft. Gezahlt wird es von der Bundesagentur für Arbeit, finanziert durch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Zielführend, weil durch die Zahlung des Kurzarbeitergeldes Arbeitslosengeld – und damit die Zahlung anderer Leistungen – vermieden werden kann.
Die Voraussetzungen
Die Zahlung ist an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft, die sowohl vom Unternehmen als auch vom betroffenen Mitarbeiter erfüllt werden müssen. Die allgemeinen Voraussetzungen in Kürze:
- Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn
- ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
- die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind, • die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
- der Arbeitsausfall angezeigt worden ist.
Erheblich ist ein Arbeitsausfall, wenn er vorübergehend ist, nicht vermeidbar ist und auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Das dürfte im Falle von Einschränkungen durch das Coronavirus unzweifelhaft erfüllt sein.
Im jeweiligen Kalendermonat muss mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoarbeitsentgelts betroffen sein. Das ist der Grundsatz. NEU: Mit Blick auf die Corona-Auswirkungen hat die Bundesregierung mittels Rechtsverordnung den Anteil der betroffenen Arbeitnehmer auf 10 Prozent gesenkt. NEU: Außerdem wird auf die sonst vorgeschriebene Nutzung von negativen Arbeitszeitsalden vor Bezug von Kurzarbeitergeld verzichtet.
Die betrieblichen Voraussetzungen bestehen im Wesentlichen darin, dass Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Bei den persönlichen Voraussetzungen des Beschäftigten geht es darum, dass sich dieser in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis befindet und die Beschäftigung nach Beendigung des Arbeitsausfalls fortsetzt. Krankengeldbezieher können kein Kurzarbeitergeld erhalten.
Der Arbeitsausfall muss der Bundesagentur schriftlich (oder elektronisch) angezeigt werden. Diese prüft dann die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld. Wichtig: Vor der Anzeige kann keine Leistung gewährt werden.
Das Verfahren
Nach der erfolgten Anzeige des Arbeitsausfalls kann grundsätzlich Kurzarbeitergeld gewährt werden. Der Arbeitgeber berechnet die Leistung und zahlt diese an die Beschäftigten aus. Im Anschluss kann er die Aufwendungen bei der Arbeitsagentur geltend machen. Dazu müssen entsprechende Unterlagen eingereicht werden:
So müssen unter anderem die Gründe für die geplante Kurzarbeit, also die Ursachen und die vorübergehende Natur des Arbeitsausfalls ausführlich dargelegt werden.
- Nachweis über die Ankündigung der Kurzarbeit sowie
- Vereinbarungen über die Einführung von Kurzarbeit mit dem Betriebsrat oder den Arbeitnehmern, ggf. Änderungskündigungen.
- Die Arbeitsagentur kann die Vorlage von Nachweisen über die Arbeitszeit, wie z. B. Stundenzettel, Schichtpläne, Fahrtenbücher etc., zur Prüfung des Anspruchs verlangen.
Wichtig: Der Antrag auf Kurzarbeitergeld ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten zu stellen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats, für den das Kurzarbeitergeld beantragt wird.
Die Höhe des Kurzarbeitergeldes
Das Kurzarbeitergeld richtet sich nach dem Umfang des Arbeits- bzw. Einkommensausfalls. Dabei werden nicht die tatsächlichen, sondern pauschalierte Nettoentgelte zugrunde gelegt. Das entgangene Entgelt ist die Differenz zwischen dem (pauschalierten) Soll-Entgelt (also das eigentlich – ohne den Arbeitsausfall – zustehende Entgelt) und dem (pauschalierten) Ist-Entgelt (also dem tatsächlich für die erbrachte Arbeitsleistung zu zahlendem Entgelt). Von dieser Differenz werden 60 bzw. 67 Prozent als Kurzarbeitergeld gezahlt. Der höhere Betrag gilt für Arbeitnehmer mit Kindern.
Die Sozialversicherung
Während der Zahlung von Kurzarbeitergeld bleibt die Mitgliedschaft in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung erhalten. Beiträge werden wie folgt gezahlt:
Für das tatsächlich erzielte Entgelt (Ist-Entgelt) gelten die üblichen Regelungen. Von dem Differenzbetrag zwischen Soll-Entgelt und Ist-Entgelt sind 80 Prozent beitragspflichtig in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung (fiktives Entgelt). Die darauf entfallenden Beiträge zahlt der Arbeitgeber allein, auch den Arbeitnehmeranteil und den Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung. Der Beitragszuschlag zur Pflegeversicherung wird vom fiktiven Entgelt nicht erhoben.
Die vom Arbeitgeber für das Kurzarbeitergeld zu zahlenden Beiträge kann der Arbeitgeber in voller Höhe (NEU!) von der Arbeitsagentur erstattet bekommen. Bisher wurden im Regelfall nur 50 Prozent der Beiträge erstattet.
Jürgen Heidenreich
Das pauschalierte Nettoentgelt
Das tatsächliche Bruttoentgelt wird auf den nächsten durch 20 teilbaren Euro-Betrag gerundet. Dieser Betrag wird gekürzt um
- eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 20 v. H.,
- die Lohnsteuer nach der individuellen Lohnsteuerklasse (elektronische Lohnsteuerkarte),
- den Solidaritätszuschlag.
Daraus ergibt sich dann das pauschalierte Nettoentgelt.
Die Neuerungen auf einen Blick
- Es müssen nur noch 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein, statt bisher ein Drittel der Beschäftigten.
- Die vom Arbeitgeber zu zahlende Sozialversicherungsbeiträge für das Kurzarbeitergeld werden in voller Höhe erstattet.
- Kurzarbeitergeld kann auch für Beschäftigte in Zeitarbeit gezahlt werden.
- Bei Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen bestehen, wird auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichtet.
- Kurzarbeitergeld kann für maximal 24 Monate (statt normalerweise 12 Monate) gewährt werden.
Diese Änderungen sind im Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13. März 2020 enthalten bzw. in der dazu ergangenen Rechtsverordnung. Das Gesetz wurde am 14. März im Bundesgesetzblatt verkündet und ist am Folgetag in Kraft getreten. Es soll aber nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums rückwirkend zum 1. März angewandt werden.