Serie Corona – Teil 1 : Herausforderung für HR
Die Pandemie und die daraus resultierenden Einschränkungen stellen die Unternehmen vor große Herausforderungen. Eine gute Gelegenheit für HR, Kompetenz zu zeigen und die eigene Bedeutung für das Gesamtunternehmen zu unterstreichen. Wir geben Hinweise, welche Themen relevant sind.
Entgeltfortzahlung, ja oder nein? Hier gibt es verschiedene Grundlagen: Es besteht Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Erkrankung an Corona. In diesem Fall gibt es keine Besonderheiten. Der Arbeitgeber ist zur Fortzahlung des Entgelts für maximal sechs Wochen verpflichtet, danach tritt die Krankenkasse mit Krankengeld ein. Kleinere Arbeitgeber (bis zu 30 Beschäftigte) können ihre Kosten zum Teil über die Entgeltfortzahlungsversicherung geltend machen.
Besteht keine Arbeitsunfähigkeit, aber die Verpflichtung zur Quarantäne (häuslich oder in einer entsprechenden Einrichtung), gibt es keine Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung. Zahlen muss der Arbeitgeber dennoch. Denn in diesen Fällen greift § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) (siehe Kasten).
Nicht krank, keine Quarantäne, aber Geschäft geschlossen?
Durch die verordneten Einschränkungen wie die Schließung vieler Geschäfte kommt es dazu, dass der Beschäftigte vorübergehend nicht gebraucht wird. Gleichwohl bietet er ja – zumindest theoretisch – seine Arbeitskraft an. Der Arbeitgeber kommt dadurch in den Annahmeverzug. In den Fällen muss er das Entgelt auch ohne Arbeitsleistung zahlen. Das gehört zum sogenannten Betriebsrisiko, das vom Unternehmer zu tragen ist. In einigen Fällen kann eine Betriebsausfallversicherung zum Tragen kommen, das hängt aber von den jeweiligen Versicherungsbedingungen ab.
Um eine Kündigung zu vermeiden (bis zum Ablauf der Kündigungsfrist müsste der Arbeitgeber das Entgelt noch weiterzahlen), sollte nach Möglichkeit Kurzarbeit beantragt werden.
Die Zahlung nach dem IfSG
Ist der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig, steht aber wegen des Corona-Verdachts (z. B. wegen der Rückkehr aus einem entsprechenden Gebiet oder wegen des Kontakts mit einem Infizierten) unter Quarantäne (gleichgültig ob zu Hause oder in einer entsprechenden Einrichtung), gibt es keine Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Sein Geld bekommt er aber trotzdem, und zwar vom Arbeitgeber. Dieser ist verpflichtet, die Entschädigungszahlung für die zuständige Behörde vorzunehmen. Er kann diese dann von dort zurückfordern. Nach Ablauf von sechs Wochen (oder nach Ende der Beschäftigung) bekommt der Beschäftigte das Geld dann direkt von der Behörde. In der Praxis wird dies aber kaum vorkommen, da er bis dahin entweder virenfrei oder arbeitsunfähig sein wird.
Auf Antrag kann der Arbeitgeber auch einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrags erhalten. Erste Anlaufstelle ist grundsätzlich das jeweilige Gesundheitsamt (der Stadt oder des Kreises). Ist dieses wegen landesspezifischer Regelungen nicht zuständig, muss es dem Arbeitgeber mitteilen, an welche Stelle er sich wegen der Erstattung wenden muss. Wichtig: Die Frist für die Erstattung der vom Arbeitgeber verauslagten Entschädigung beträgt drei Monate nach dem Ende der Quarantäne. Tipp: Welches Gesundheitsamt für den Wohnsitz des Beschäftigten zuständig ist, kann einer Datenbank des Robert Koch-Instituts entnommen werden: tools.rki.de/PLZTool/
Zuständig ist das Gesundheitsamt des Wohnsitzes des Beschäftigten.
Keine Kinderbetreuung möglich
Sind Schulen und Kitas geschlossen, müssen die Eltern die Betreuung der Kinder anders organisieren. Bei kurzfristigen Arbeitsverhinderungen, deren Gründe in der Person des Beschäftigten liegen, an denen er aber keine Schuld trägt, ist der Arbeitgeber nach § 616 BGB zur Weiterzahlung des Entgelts verpflichtet. Diese Regelung ist allerdings in vielen Tarif- oder Arbeitsverträgen (zulässigerweise) ausgeschlossen. Bei Tarifverträgen sind unter Umständen andere, meist aber genauer spezifizierte Ausfallgründe benannt.
Eine kurzfristige Freistellung zur Organisation einer alternativen Kinderbetreuung sollte eigentlich problemlos möglich sein, da dies ja auch im wohlverstandenen Interesse des Arbeitgebers liegt. Eine längerfristige Abwesenheit des Beschäftigten kann (und sollte) im Rahmen einer Vereinbarung geregelt werden. Das kann dann ohne Entgeltzahlung, unter Anrechnung von Zeitguthaben und Urlaubsansprüchen oder mit der Verpflichtung, die ausgefallene Arbeitszeit nachzuarbeiten, erfolgen.
Eine Kündigung aus einem solchen Grund ist nicht unproblematisch, da der Beschäftigte ja objektiv an der Arbeitsleistung gehindert ist, das Versäumnis also nicht in seinem Einflussbereich liegt. Zumindest, wenn er alles Mögliche unternommen hat, um eine Betreuung der Kinder sicherzustellen, dies aber trotzdem nicht möglich war.
Wichtig ist, dass für solche Fälle einheitliche Regelungen festgelegt werden, damit die Gleichbehandlung aller betroffenen Mitarbeiter sichergestellt ist. Soweit ein Betriebsrat besteht, ist dieser unbedingt an solchen Regelungen zu beteiligen.
Wer wegen Schul- oder Kitaschließung die eigenen Kinder betreuen muss und nicht zur Arbeit kann, erhält eine Entschädigung von 67 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens (maximal 2016 Euro) für bis zu sechs Wochen. Die Auszahlung übernimmt der Arbeitgeber, der bei der zuständigen Landesbehörde einen Erstattungsantrag stellen kann. Voraussetzung dafür ist, dass die erwerbstätigen Eltern Kinder unter zwölf Jahren zu betreuen haben, weil eine Betreuung anderweitig nicht sichergestellt werden kann und ein Gleitzeit- beziehungsweise Überstundenguthaben ausgeschöpft sind.
Zeichen setzen
Gerade in solch besonderen Zeiten können die Unternehmen Zeichen setzen. Wie sie in dieser Ausnahmesituation reagieren und mit ihren Mitarbeitern und deren Problemen umgehen, kann das Ansehen der Unternehmen für lange Zeit prägen.
Jürgen Heidenreich