Steuerberater empfiehlt : Bei Fragen frage ich meinen Ansprechpartner für den Lohn
Lohnabrechnung zwischen Mandantenanfragen und unzulässiger Rechtsberatung.
Im Rahmen der laufenden Lohnabrechnungen müssen sich Entgeltabrechner mit einer Vielzahl von Fragen beschäftigen. Häufig wird erwartet, dass man neben detailliertem Wissen zu Lohnsteuer und Sozialversicherung zumindest grundlegende Kenntnisse im Arbeitsrecht und dem gesamten Personalwesen hat; und natürlich möchte man Kollegen unterstützen und Hilfestellung geben. Neben Fragen zur lohnsteuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von einzelnen Gehaltsbestandteilen, der Abrechnung von Firmenwagen und der Übersendung von Bescheinigungen jeglicher Art kommen auch immer wieder Telefonate oder E-Mails mit der Bitte um Auskunft zu Themen wie Künstlersozialabgabe oder ganz aktuell Kurzarbeitergeld beim Mitarbeiter/bei der Mitarbeiterin an. Was darf man denn noch beantworten und was nicht? Hierzu möchten wir im Folgenden aus unserer Praxis ein paar Gedanken und Vorgehensweisen teilen.
Gerade im Bereich der Lohnabrechnung werden oft Fragen an den einzelnen Sachbearbeiter/die einzelne Sachbearbeiterin herangetragen, die weit über die eigentlichen Aufgaben und Kompetenzen hinausgehen. Rechtliche Beratung ist gerade nicht Teil des Aufgabenfeldes eines Entgeltabrechners – und auch nicht eines mandatsverantwortlichen Steuerberaters!
Vielmehr ist u. a. bei sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen zunächst ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für die grundlegende rechtliche Prüfung einzuschalten. Hierfür muss in der Praxis häufig der Sachverhalt genau eruiert und geprüft werden. Auch wenn Mandanten die Kosten hierfür zum Teil scheuen, sollte sich der einzelne Sachbearbeiter nicht zu einer unzulässigen Beratung in diesen Bereichen hinreißen lassen, da solche Fragen zumeist sehr komplex und eine unzulässige Auskunft auch nicht von der Haftpflichtversicherung gedeckt ist.
Die Umsetzung der erhaltenen Würdigung in der monatlichen Abrechnung erfolgt dann wieder zulässigerweise und sachgerecht durch den Lohnbereich. Im Folgenden stellen wir einen typischen Praxisfall vor, dem in der Lohnabrechnung Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Die „Bunt und Lustig GmbH“ besteht aus den Gesellschaftern Herbert Bunt und Sabine Lustig. Beide sind im Bereich Marketing/Verfassen von redaktionellen Texten tätig. Der Zusammenschluss und die Gründung einer GmbH erfolgte nach der Auskunft von Herrn Bunt Anfang April 2020 auf Bitten vieler Kunden, da diese keine Zahlungen an die Künstlersozialkasse (KSK) leisten wollen. Kanzleiintern ist Frau Genau für die Lohnabrechnung zuständig. Sie erhält nun einen Anruf von Herrn Bunt, der gehört hat, er selbst oder seine GmbH müsse nun Künstlersozialabgaben zahlen – aber das könne ja nicht sein, er ist ja schließlich Geschäftsführer.
Die KSK ist ein Geschäftsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn und kümmert sich um die praktische Durchführung des Künstlersozialversicherungsgesetzes. Somit können Künstler und Publizisten einen ähnlichen Schutz in der gesetzlichen Sozialversicherung erreichen wie Arbeitnehmer. Selbstständige Künstler und Publizisten zahlen dann vergleichbar nur die Hälfte der jeweils fälligen Beiträge aus eigener Tasche, die KSK stockt die Beträge auf aus einem Zuschuss des Bundes und aus Sozialabgaben von Unternehmen, die Kunst und Publizistik verwerten.
Die Frage von Herrn Bunt (die ebenso natürlich auch Frau Lustig betrifft) ist vielschichtig und kann erst nach einer rechtlichen Prüfung beantwortet werden. In diesem Zusammenhang ist die Übersendung eines ausgefüllten Fragebogens zur Prüfung der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz an die KSK erforderlich (wobei Unterstützung beim Ausfüllen optimalerweise auch wieder ein Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin erbringt). Liegt von dieser eine entsprechende Rückmeldung und Einordnung vor, können die notwendigen Berechnungen von der Lohnabteilung vorgenommen werden.
Dank der Corona-Krise ist bei vielen Steuerberatern das Thema „Kurzarbeitergeld“ ganz oben auf der To-do-Liste erschienen. Was darf man hierbei beraten und was nicht? Die Bundessteuerberaterkammer informiert auch in solchen „Krisenzeiten“ und in einem FAQ-Katalog wird (Stand Ende März) ausgeführt, dass bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, ob Steuerberater bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld vertreten dürfen oder nicht.
Lohnabrechnungen und die damit verbundenen Leistungen sind an sich schon komplex und von vielen Einzelregelungen geprägt. Über die Zeit entwickelt sich auch in diesem Bereich oft eine Vertrauensposition. Nichtsdestotrotz sollte nicht jede Anfrage von Mandanten „mal eben“ beantwortet werden, sondern im Zweifel ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin eingebunden werden. Wie so oft im Leben gilt: lieber einmal zu oft als einmal zu wenig gefragt.
Dr. Simone Wick