Phantomlohn : Entgeltfortzahlung: Berücksichtigung von lohnsteuer- und beitragsfreien SFN-Zuschlägen
Arbeitgeber können Arbeitnehmern, die an Sonn- und Feiertagen oder nachts tatsächlich arbeiten, nach § 3b Einkommenssteuergesetz (EStG) lohnsteuer- und beitragsfreie Zuschläge gewähren (SFN-Zuschläge). Doch was passiert, wenn die Arbeit wegen Arbeitsunfähigkeit, im Urlaub oder an Feiertagen ausfällt und der Lohn fortgezahlt wird? Müssen die Zuschläge in diesen Fällen auch gewährt werden? Fraglich ist zudem, ob auch pauschale Zuschläge steuerfrei gewährt werden dürfen.
Nach § 3b EStG sind Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, wenn sie neben dem Grundlohn gezahlt werden, lohnsteuer- und beitragsfrei.
Das gilt für
- geleistete Nachtarbeit in der Zeit von 20.00 Uhr bis 0.00 Uhr,
- wenn der Zuschlag nicht mehr als 25 Prozent beträgt.
Urteil: Pauschal gezahlte Zuschläge sind nicht steuerfrei
Eine Arbeitgeberin hat ein Kino betrieben. Sie zahlte an einige Arbeitnehmer neben dem Grundlohn eine monatliche Pauschale für Nacht- und/ oder Sonntagsarbeit. Diese Pauschale gewährte die Arbeitgeberin lohnsteuerfrei. Im Betrieb wurde durch das zuständige Finanzamt eine Lohnsteuer-Außenprüfung durchgeführt. Das Finanzamt forderte für die Pauschalzuschläge Steuern nach. Das Finanzamt begründete die Nachforderung damit, dass die gezahlten Zuschläge nicht für tatsächlich geleistete Arbeit, sondern pauschal gezahlt worden seien. Das Finanzgericht Düsseldorf gab mit Urteil vom 27.11.2020 (Az.: 10 K 410/17 H (L)) der Klage der Arbeitgeberin nicht statt. Um die Voraussetzung für die Steuerfreiheit zu erfüllen, hätte die Klägerin, so die Richter, eine Einzelabrechnung über die geleisteten Stunden erstellen müssen. Bloße Kontrollrechnungen reichen nicht aus (siehe auch Beitrag ab Seite 64).
Urlaub steht an
Was passiert mit den Zuschlägen, wenn ein Arbeitnehmer in den Urlaub geht und Urlaubslohn erhält? Die lohnsteuer- und beitragsfreien Zuschläge fließen in den Urlaubslohn ein, wenn diese in den letzten 13 Wochen vor Antritt des Urlaubs gewährt wurden.
Tatsächlich arbeiten
Zu beachten ist, dass sich ein Anspruch auf einen Sonn-, Feiertags- oder Nachtzuschlag aus einem Tarifvertrag, einem Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben kann. Die Lohnsteuer- und Beitragsfreiheit kommt nur dann zum Zug, wenn ein Arbeitnehmer zu den nach § 3b Abs. 2 und 3 EStG begünstigten Zeiten auch tatsächlich gearbeitet hat.
Entstehungsprinzip maßgeblich
In der Sozialversicherung gilt bei der Berechnung von Beiträgen aus laufendem Arbeitsentgelt das sogenannte Entstehungsprinzip (§ 22 Sozialgesetzbuch – SGB – IV). Danach sind die Beiträge aus dem Arbeitsentgelt zu berechnen, auf das der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat, unabhängig davon, ob der Lohn gezahlt wurde oder nicht. Für die Lohnsteuer gilt, dass nur aus dem tatsächlich zugeflossenen Arbeitsentgelt die Abgaben an den Fiskus zu entrichten sind. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Zuflussprinzip.
Entgeltfortzahlungsanspruch an Feiertagen, bei Krankheit und Urlaub
Nach den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) haben Arbeitnehmer für Feiertage und im Krankheitsfall, also für eine Arbeitszeit, die ausfällt, einen Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes. Gemäß § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer pro Kalenderjahr einen Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub.
Entgeltfortzahlung an Feiertagen:
Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, hat der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (§ 2 EFZG).
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit an seiner Arbeitsleistung gehindert, so hat dieser einen Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes bis zur Dauer von sechs Wochen (§ 3 Abs. 1 EFZG). Nach § 4 EFZG ist der Lohn in der Höhe zu gewähren, der ohne die eingetretene Arbeitsunfähigkeit zu gewähren gewesen wäre.
Entgeltfortzahlung während des Urlaubs: Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer pro Kalenderjahr einen Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub. Gemäß § 11 BUrlG bemisst sich der Urlaubslohn nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Allerdings fließen geleistete Überstunden nicht in die Berechnung ein.
Zuschläge können auch ausfallen
Für die Entgeltfortzahlung gilt, dass die Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung nach dem Lohnausfallprinzip haben. Das bedeutet, der einzelne Mitarbeiter ist so zu bezahlen, als hätte er gearbeitet. Auch die Zuschläge für geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtstunden können ausfallen. Bei der Entgeltfortzahlung an Feiertagen und bei Krankheit müssen auch die vorher gewährten lohnsteuer- und beitragsfreien Zuschläge für die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit einberechnet werden, wenn in der Vergangenheit solche Arbeit geleistet wurde und ohne Erkrankung oder an Feiertagen hätte geleistet werden müssen. Das Gleiche gilt auch für die Berechnung des Urlaubslohnes.
Gesetzliche Regelungen beachten
Bei der Berechnung des Arbeitsentgeltanspruchs müssen vom Arbeitgeber zunächst die gesetzlichen Regelungen beachtet werden. Tarifverträge dürfen bei Krankheit und Urlaub von den gesetzlichen Regelungen abweichen. Arbeitsvertragliche Regelungen sind dann ausschlaggebend, wenn sie für den einzelnen Arbeitnehmer günstiger sind.
Aus Phantomlohn werden Beiträge fällig
Anlässlich von Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung werden seit Jahren aus SFN-Zuschlägen, die nicht in die Berechnung des Krankheits-, Urlaubs- oder Feiertagslohnes eingeflossen sind, Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert.
Ulrich Frank, Sozialversicherungsfachwirt und Wirtschaftsjournalist