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Wandel im Blick – Arbeitswelten der Zukunft : Entsendebescheinigung A1 und deren Auswirkungen

Die weitere Globalisierung führt zu einem Anstieg grenzüberschreitender Unternehmensaktivitäten und dem Einsatz von Fach- und Führungskräften. Die gesetzlichen Vorgaben zur rechtssicheren Gestaltung dieser Global Mobility sind oft unter Zeitdruck betrieblich umzusetzen. Wenn nun vom Personalmanagement, dem Lohnbüro (Payroll) oder den involvierten Beratern Fehler gemacht werden, treffen den Arbeitgeber enorme Haftungsrisiken in Form von Steuer- und Beitragsnachforderungen bis hin zu Schadenersatzforderungen der entsendeten Mitarbeiter.

Lesezeit 12 Min.
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Risikofelder für Compliance im Überblick

Der Arbeitgeber ist gesetzlicher Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge. Er ist daher verpflichtet, die versicherungs- und beitragsrechtliche Beurteilung der Mitarbeiter durchzuführen, und haftet uneingeschränkt für die Einbehaltung und Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge (GSV).

Tabelle mit drei Spalten und drei Zeilen mit deutschen Wörtern zu rechtlichen und finanziellen Begriffen wie Genehmigungen, Steuern, Haftung, Aufenthaltstitel, Sozialversicherungsbeiträge, Löhne, Arbeitserlaubnisse und Versicherungsschutz
Tabelle Entsendebescheinigung A1

 

In Zweifelsfällen wendet er sich gem. § 28h Abs. 2 SGB IV an die zuständige Einzugsstelle (z. B. gesetzliche Krankenkasse) sowie bei Auslandssachverhalten, die mehrere Staaten innerhalb der Europäischen Union oder Vertragsstaaten betreffen, an die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA). Das vorsätzliche Nichtbefolgen dieser gesetzlichen Vorschriften ist gem. § 266a StGB strafrechtlich relevant.

Sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen

Arbeitgeber, die einen Beschäftigten vom Inland (dem Entsendestaat) in einen anderen Staat (den Beschäftigungsstaat) entsenden, müssen sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten beachten. So gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht der Beschäftigten in der deutschen Sozialversicherung grundsätzlich nur für Personen, die ihre Beschäftigung in Deutschland ausüben. Ausnahmen bestehen dann, wenn ein Arbeitnehmer nur vorübergehend in einem anderen Land arbeitet (Entsendung). Die Abweichungen bei Entsendungen aus und nach Deutschland sind im über- und zwischenstaatlichen Recht (Europäisches Gemeinschaftsrecht, Sozialversicherungsabkommen) und im Sozialgesetzbuch (SGB) geregelt. Die Regelungen sind mit wenigen Ausnahmen für die Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung einheitlich anzuwenden. Die Sozialversicherungspflicht in einem anderen EU-Staat besteht grundsätzlich ab dem ersten Tag, wenn in der vorausschauenden Betrachtung erkennbar ist, dass dort im folgenden Jahr eine mehr als unbedeutende Tätigkeit ausgeübt wird. In der praktischen Umsetzung werden zwei Varianten unterschieden: die Entsendung (befristeter Einsatz in einem anderen Staat) gem. Art. 12 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und die gleichzeitige Tätigkeit in mehreren (mindestens zwei) Staaten gem. Art. 13 Verordnung (EG) Nr. 883/2004. Der entsandte Arbeitnehmer unterliegt unter den folgenden Voraussetzungen allen oben genannten Zweigen der Sozialversicherung. Der entsendende Arbeitgeber muss gewöhnlich in einem EU-Staat tätig sein und einen EU-Bürger, Flüchtling oder Staatenlosen für max. 24 Monate entsenden.

Umfang der Entsendungen innerhalb der EU

Die Zahl der entsandten Arbeitnehmer ist in der EU zwischen 2010 und 2015 um fast 41 Prozent gestiegen. Im Jahr 2015 gab es 2,05 Mio. Entsendungen, und die durchschnittliche Entsendungsdauer betrug vier Monate. Es gibt eine starke Konzentration von Entsendungen in einigen Branchen und Mitgliedstaaten. Auf das Baugewerbe allein entfallen 41,5 Prozent aller Entsendungen; jedoch spielen sie auch in der verarbeitenden Industrie (24,6 Prozent), in der Bildung, im Gesundheits- und Sozialwesen (14,2 Prozent) sowie im Bereich der Unternehmensdienstleistungen (10,4 Prozent) eine wichtige Rolle. Deutschland, Frankreich und Belgien sind die drei Mitgliedstaaten mit der höchsten Zahl entsandter Arbeitnehmer. Polen, Deutschland und Frankreich sind die Mitgliedstaaten, aus denen die meisten Arbeitnehmer entsandt werden.

Rechtssichere Entsendungen aus Osteuropa

Dienstleister aus osteuropäischen Ländern genießen einen guten Ruf. Gleichwohl ist deren Beauftragung in Verruf geraten, was die rechtliche Situation der Beschäftigung betrifft. Meldungen über Schwarzarbeit oder über Beschäftigungsverhältnisse außerhalb der Sozialversicherungspflicht erscheinen gehäuft als Folge auch der Prüfungen durch den Zoll. Die Entsendung ist daher auf Grundlage der Entsenderichtlinie 96/71/EG bzw. der Verordnung 883/2004 durchzuführen. Dies erfordert die Beantragung einer A1-Bescheinigung (vormals E 101) bereits vor der Entsendung nach Deutschland. Im Gegensatz zu den Vorschriften nach Art. 12 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 unterliegt die Entsendedauer nach Art. 13 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 keiner zeitlichen Beschränkung. In der Vergangenheit wurde die A1-Bescheinigung regelmäßig für eine Entsendedauer von bis zu 12 Monaten vom polnischen Sozialversicherungsträger (ZUS) ausgestellt. Voraussetzung hierfür ist eine andauernde Beauftragung in beiden Einsatzländern. Die selbstständigen Dienstleister sind demnach sowohl in Deutschland als auch in Polen tätig, können dies entsprechend nachweisen und werden auch vom polnischen Sozialversicherungsträger überprüft.

Entsendebescheinigung A1 für legale Auftragsvergabe

Dienstleister, die in Deutschland arbeiten, müssen die durch den polnischen Versicherungsträger erstellte Entsendebescheinigung A1 vorweisen können. Sie dient als Nachweis, dass während der Entsendung von Selbstständigen nach Deutschland weiterhin das heimische System für soziale Sicherheit angewendet und somit die Anwendung des deutschen Sozialversicherungsrechts ausgeschlossen wird. Bei Vorliegen einer Entsendebescheinigung A1 ist der entsendete Mitarbeiter in Deutschland also nicht sozialversicherungspflichtig. Eine Inanspruchnahme von Leistungen aus der deutschen Sozialversicherung scheidet damit aus. Nicht zuletzt verpflichtet die Entsendebescheinigung A1 den Arbeitgeber, die Sozialversicherung nach den im Heimatland geltenden Regelungen durchzuführen, damit Mitarbeiter entsprechend abgesichert sind. Es ist daher zu empfehlen, vor der Entsendung den Antrag auf Erteilung der Entsendebescheinigung A1 formgebunden zu stellen. Im Übrigen ist eine rückwirkende Beantragung der Entsendebescheinigung A1 jederzeit und ohne zeitliche Begrenzung möglich.

Großzügige Übergangsregelungen

Die Verordnung (EG) 883/2004 ist für die EU-Staaten seit dem 01.05.2010, für die Schweiz seit dem 01.04.2012 und für die EWR-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) seit dem 01.06.2012 anwendbar und ersetzt die vormalige Verordnung (EWG) 1408/1971.

Vor diesem Zeitpunkt ausgestellte Bescheinigungen über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften (Vordruck E 101) bleiben grundsätzlich weiter gültig und sind nicht durch die Entsendebescheinigung A1 zu ersetzen. Auch Sachverhalte, die bereits vor dem jeweiligen Anwendbarkeitsbeginn begonnen haben und für die bislang noch keine Bescheinigung ausgestellt wurde, sind unter den Bestimmungen der Verordnung (EWG) 1408/1971 mit Vordruck E 101 zu bescheinigen.

Die Regelungen der Verordnung (EG) 883/2004 führen bei einigen Sachverhalten zu einem anderen Ergebnis, als dies bei der Verordnung (EWG) 1408/1971 der Fall war. Aktuell ist dies nur noch für Sachverhalte relevant, bei denen gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten Erwerbstätigkeiten ausgeübt werden. So gelten beispielsweise nach der Verordnung (EG) 883/2004 in der Regel nur dann die Rechtsvorschriften des Wohnstaats der betreffenden Person, wenn sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit dort ausübt. Zuvor führte jede auch im zeitlichen Umfang noch so begrenzte Tätigkeit im Wohnstaat zu diesem Ergebnis.

Aufgrund einer Übergangsregelung in der Verordnung (EG) 883/2004 bleiben die vor Inkrafttreten dieser Verordnung geltenden Rechtsvorschriften weiterhin anwendbar, sofern sich der bislang vorherrschende Sachverhalt, der zur Ausstellung des Vordrucks E 101 geführt hat, nicht ändert. Dies gilt für einen maximalen Zeitraum von zehn Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) 883/2004: für Sachverhalte, bei denen ausschließlich EU-Staaten beteiligt sind, somit bis maximal 30.04.2020, für Sachverhalte mit der Schweiz bis maximal 31.03.2022 und für Sachverhalte mit den EWR-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) bis maximal 31.05.2022. Der zuständige Träger des Mitgliedstaats, der zuletzt gemäß der Verordnung (EWG) 1408/1971 den Vordruck E 101 ausgestellt hat, prüft, ob der vorherrschende Sachverhalt nach wie vor unverändert ist, und stellt gegebenenfalls eine neue Bescheinigung über die anwendbaren Rechtsvorschriften aus.

Die betroffenen Personen können daher beantragen, den Rechtsvorschriften unterstellt zu werden, die nach den allgemeinen Regelungen der Verordnung (EG) 883/2004 für sie gelten. Diese Rechtsvorschriften sind in diesem Fall ab dem ersten Tag des auf die Antragstellung folgenden Monats anwendbar.

Arbeitsrechtliche Bestimmungen der Entsendung

Derzeit enthält das EU-Recht eine Reihe verbindlicher Bestimmungen hinsichtlich der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die auf entsandte Arbeitnehmer anzuwenden sind. Diese Vorschriften sind in der Richtlinie 96/71/EG (sogenannte EU-Entsenderichtlinie bzw. Posted Workers Directive“) festgelegt, die im Jahr 1996 erlassen wurde.

Im Jahr 2014 wurde die Richtlinie 2014/67/EU („Durchsetzungsrichtlinie“) angenommen. Sie dient der Verbesserung der praktischen Anwendung der Entsendevorschriften durch Information und Verfolgung von Betrugsdelikten und Umgehungsversuchen. Daneben besteht eine gewisse Diskrepanz zwischen der geltenden Richtlinie für die Beschäftigungsbedingungen (Tariflohn, Zuschläge etc.) und anderen EU-Rechtsvorschriften, wie etwa der oben erwähnten Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der Richtlinie über Leiharbeit.

Seit Bestehen der Entsenderichtlinie wurde ständig über deren Bindungskraft gestritten. Nachdem sich dies in den letzten Jahren auch aufgrund der sehr restriktiven Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) weiter verschärft hatte, fanden zahlreiche Anhörungen in den EU-Staaten statt. Im EU-Parlament gelang der politische Durchbruch bereits im Oktober 2017. Die seither laufenden Verhandlungen zwischen den beteiligten drei Institutionen (EU-Parlament, EU-Kommission sowie Europäischer Rat) führten am 28.02.2018 zu einer Einigung.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort

Langzeitentsendungen sollen maximal 12 Monate dauern. Danach soll für den entsandten Arbeitnehmer das komplette Arbeitsrecht des Entsendestaats zur Anwendung kommen, soweit die arbeitsvertraglichen Regelungen des Arbeitnehmers keine günstigeren Regelungen enthalten. Darüber hinaus kann ein Unternehmen diese Entsendedauer durch eine Notifizierung („Notification“) an die zuständige Behörde des Tätigkeitsstaats auf 18 Monate ausdehnen. Bei der Entlohnung soll zukünftig der entsandte Arbeitnehmer ab dem ersten Tag Anspruch auf den „gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ haben.

Dies beinhaltet die gesamte Entlohnung gemäß dem allgemein verbindlichen Tarifvertrag. Die zur korrekten Feststellung und Einhaltung der Entlohnung notwendigen Informationen sollen auf einer zentralen nationalen Webseite bereitgestellt werden. Reise- und Übernachtungskosten sowie Verpflegungspauschalen, die im Rahmen der Entsendung anfallen, dürfen nicht als Lohnbestandteile betrachtet werden. Die Umsetzungsfrist für die revidierte Entsenderichtlinie soll zwei Jahre betragen.

Global Mobility: EU erschwert Mitarbeiterentsendung

Die Einigung grenzt die EU-Dienstleistungsfreiheit ein und behindert den EU-Binnenmarkt. Insbesondere die Begrenzung der Entsendedauer auf 12 plus 6 Monate führt zu einem Auseinanderfallen von Arbeits- und Sozialrecht. Denn so kann es zukünftig sein, dass eine langfristige Entsendung nach dem Arbeitsrecht des Aufnahmestaats zu beurteilen ist, während die sozialrechtliche Beurteilung weiterhin dem Recht des Entsendestaats unterliegt. Hieraus resultiert die Notwendigkeit, die arbeitsrechtlichen Vorgaben mit den sozialrechtlichen Bestimmungen zu synchronisieren. Dies wird den Arbeitsaufwand für die entsendenden Unternehmen erhöhen und längere Auslandseinsätze erschweren.

Entsendete Arbeitnehmer bleiben sozialversichert

Für Arbeitnehmer, die im Rahmen eines deutschen Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitgeber vorübergehend im Ausland eingesetzt werden, können die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unter bestimmten Voraussetzungen weiter gelten. Dadurch sollen ein kurzfristiger und ggf. wiederholter Wechsel zwischen den Sozialsystemen verschiedener Länder sowie aufwendige meldebezogene Verfahren bei An- und Abmeldung und bei späterer Gewährung von Leistungen vermieden werden.

Im Grundsatz gilt: Der deutsche Versicherungsschutz setzt sich bei einer Entsendung ins Ausland fort, wenn die Entsendung im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erfolgt und die Dauer der Beschäftigung im Ausland im Voraus zeitlich begrenzt ist.

Eine Entsendung liegt dabei vor, wenn sich der Beschäftigte auf Weisung seines Arbeitgebers von Deutschland ins Ausland begibt, um auch dort seine Beschäftigung für diesen Arbeitgeber weiter auszuüben. Die erforderliche zeitliche Begrenzung muss vertraglich oder durch die Eigenart der Beschäftigung schon im Voraus bestehen. Für Entsendungen in Staaten der Europäischen Union und der Europäischen Freihandelszone (Island, Norwegen und Liechtenstein) sowie in die Schweiz ist diese Frist auf 24 Monate begrenzt. In den Sozialversicherungsabkommen mit anderen Staaten sind unterschiedliche Entsendezeiträume vorgesehen. Im Zweifelsfall ist hierüber eine Erkundigung bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) einzuholen. Die wesentlichen Grundsätze zur Ausstrahlung (Entsendung ins Ausland) und zum umgekehrten Fall der Einstrahlung (Entsendung aus dem Ausland) sind aus Sicht der betroffenen Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in der Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer vom 18.11.2015 zusammengefasst.

Arbeitgeber müssen die Entsendebescheinigung A1 beantragen

Bevor ein inländischer Arbeitnehmer zum Arbeiten über die Grenze in einem der oben genannten Staaten tätig wird, muss der Arbeitgeber für die Zeit der Entsendung die Entsendebescheinigung A1 beantragen. Denn in zahlreichen Staaten sehen die nationalen Gesetze vor, dass ein Unternehmen von ausländischen Geschäftspartnern und deren Arbeitnehmern vor Betreten des Betriebsgeländes deren Entsendebescheinigung A1 verlangt.

Dies dient dem Schutz der jeweiligen sozialen Sicherungssysteme und der Vermeidung von deren Inanspruchnahme in Leistungsfällen (z. B. Unfall auf dem Betriebsgelände). Die für die Ausstellung zuständigen Stellen sind für die Bundesrepublik Deutschland wie folgt geregelt: Für Arbeitnehmer, die gesetzlich krankenversichert sind, ist die gesetzliche Krankenkasse zuständig. Für Arbeitnehmer, die nicht gesetzlich krankenversichert sind, ist der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig (DRV Bund, DRV Knappschaft-Bahn-See oder der zuständige Regionalträger der DRV). Für Arbeitnehmer, die nicht gesetzlich krankenversichert sind und aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der Rentenversicherungspflicht befreit sind, ist die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in Berlin zuständig.

Digitalisierung der Entsendebescheinigung A1

Das Bild zeigt eine Tabelle mit Einträgen in deutscher Sprache, die Stichtage und entsprechende Umsetzungen für ein elektronisches Antrags- und Meldeverfahren im Bereich Humanressourcen angeben. In der ersten Spalte sind drei Termine aufgeführt: 01.01

 

Seit dem 01.01.2019 ist das elektronische Antragsverfahren zur Ausstellung einer Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften bei einer Beschäftigung nach § 106 SGB IV verpflichtend.

Elektronischer Datenaustausch früher als erwartet

Der Datenaustausch zwischen den Sozialversicherungsträgern in der Europäischen Union, den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) und dem Vereinigten Königreich wird durch die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 geregelt (für das Vereinigte Königreich in Verbindung mit dem Austrittsabkommen Art. 34). Bislang wurden Sozialdaten der Bürger innerhalb dieser 32 Staaten postalisch oder nur teilweise elektronisch übermittelt. Das EU-Projekt „Electronic Exchange of Social Security Information“ (EESSI) hat zum Ziel, eine gemeinsame IT-Architektur zu entwickeln, die für alle Sektoren der sozialen Sicherheit den europaweiten gesicherten elektronischen Austausch zwischen den beteiligten ca. 8.500 Institutionen ermöglicht. Durch den papierlosen Datenaustausch können nun Anfragen von Versicherten schneller bearbeitet werden, da die Laufzeit erheblich verkürzt wird. Die Mitgliedstaaten haben hierfür insgesamt 67 Zugangsstellen (sog. Access Points) eingerichtet, die für die Weiterleitung der elektronischen Nachrichten zuständig sind.

Derzeit sind schon 25 Mitgliedstaaten in EESSI involviert, bis Juni 2022 sollen alle 32 Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) voll integriert sein. In Deutschland gibt es fünf solcher Access Points. Eine dieser Zugangsstellen ist bei der Datenstelle der Rentenversicherung (DSRV) in Würzburg angesiedelt. Weitere befinden sich bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA), der Deutschen Verbindungsstelle Unfallversicherung – Ausland (DGUV) sowie zwei bei der Bundesagentur für Arbeit (BA). An den Access Point bei der DSRV Würzburg sind 14 Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung sowie die beiden überregionalen Träger DRV Bund und DRV Knappschaft-Bahn-See, die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. (ABV) sowie die Generalzolldirektion (GZD) angeschlossen.

Der Access Point der DSRV ist zuständig für das Empfangen der Nachrichten von Trägern aus den beteiligten Staaten sowie für die korrekte Weiterleitung und Übermittlung von Nachrichten der angebundenen Institutionen an Access Points und Institutionen der Mitgliedstaaten. Bei der DSRV werden pro Jahr ca. 10.000.000 Nachrichten erwartet. Seit August 2019 werden Entsendebescheinigungen aus dem Ausland elektronisch über das EESSI-System gesendet, verarbeitet und in der A1-Datenbank gespeichert. Das portable Dokument A1 ist – wie das Vorgängermodell E 101 – gerade so konzipiert, dass es durch Abgleich mit dem jeweils innerstaatlichen Formular europaweit verständlich ist, ohne dass es einer Übersetzung bedarf.

Im Übrigen ist nach § 6 SGB IV auch für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit über- und zwischenstaatliches Recht vorrangig zu beachten. Die Einzelheiten wurden in den Gemeinsamen Rechtlichen Anweisungen der Rentenversicherungsträger zu § 19 SGB X festgelegt. Die Einführung des Verfahrens EESSI in der Deutschen Rentenversicherung ist seit Mitte des Jahres 2020 abgeschlossen. Dies ermöglicht einen vollumfänglichen Datenaustausch mittels EESSI.

Globale Vernetzung führt zu mehr Entsendungen

Die globale Vernetzung der Wirtschaft erfordert den grenzüberschreitenden Einsatz von Fach- und Führungskräften. Bei Entsendungen gilt die Entsendebescheinigung A1 (Certificate of Coverage) im EU-Ausland, in EFTA-Staaten sowie in anderen Abkommensstaaten als Nachweis, dass für den Arbeitnehmer in Deutschland ein Sozialversicherungsschutz besteht. Der Arbeitnehmer muss sich dann nicht bei der Sozialversicherung des ausländischen Staats anmelden. Arbeitgeber sowie Auftraggeber müssen die vielfältigen und komplexen gesetzlichen Bestimmungen frühzeitig in den Blick nehmen, um hohe Haftungsrisiken für den Arbeitgeber zu vermeiden und gleichzeitig die Voraussetzungen für eine betrieblich notwendige Flexibilität auf Seiten der Arbeitnehmer zu schaffen.

Raschid Bouabba, MCGB GmbH

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