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Vom Scheitern zum Neustart : „Versager“ sind nicht die Schlechtesten!

Wer sein Studium abbricht, weil er feststellt, dass er es sich anders vorgestellt hat, dass ihm der Beruf doch nicht zusagt, oder weil er mit den Anforderungen an ein solches Studium nicht klarkommt – ist das ein Versager? Oder nur jemand, der klug genug ist, sich ein Scheitern einzugestehen und einen Neustart zu wagen?

AbrechnungspraxisPraxis
Lesezeit 3 Min.
Eine Person hält für Humanressourcen-Zwecke ein leeres Spiralblock vor ihrem Gesicht vor einem schlichten Hintergrund.

Gründe für einen Abbruch des Hochschulstudiums gibt es viele. Immerhin rund 130.000 junge Leute brechen ihr Studium vorzeitig ab. Klar, einige wechseln auch „nur“ den Studiengang, aber viele suchen sich dann etwas völlig anderes. Eine Chance für Ausbildungsbetriebe, diese Kandidaten für eine duale Ausbildung oder ggf. ein duales Studium zu gewinnen. Die Erfahrungen von Ausbildungsbetrieben, die genau solche Azubis gesucht haben, sind durchweg positiv.

Rund 30 Prozent der Studienabbrecher fühlen sich überfordert, immerhin 15 Prozent wünschen sich lieber praktische Arbeit. Trotz aller Analysen – den typischen Studienabbrecher gibt es nicht. Oft ist es auch nicht ein Grund allein, sondern es kommen mehrere Faktoren zusammen. Gerade mit Blick auf Corona wird deutlich, dass es sich oft um ein finanzielles Problem handelt. Auch hier kann die duale Ausbildung punkten, denn da wird vom ersten Tag an bezahlt. Weil die Gründe so individuell sind, ist es auch der Zeitpunkt, zu dem abgebrochen wird. Deshalb ist die Suche und Ansprache von Studienabbrechern für die Unternehmen nicht ganz so einfach – aber es lohnt sich.

Die Vorteile für das Unternehmen

Studienabbrecher verfügen grundsätzlich über eine gute Schulbildung. Zudem sind sie in der Ausbildung hoch motiviert – schließlich hat man ihnen eine zweite Chance gegeben. Was sie darüber hinaus durch eine hohe Bindung an den Ausbildungsbetrieb honorieren. Welcher Ausbildungsbetrieb kennt nicht das Problem, dass insbesondere Abiturienten nach dem Ausbildungsabschluss dann doch noch ein Studium anschließen und für das Unternehmen – zumindest vorübergehend, oft aber auf Dauer – verloren sind. Diese Gefahr besteht bei den Studienabbrechern kaum. Sie haben ihre Erfahrungen mit der Hochschule bereits gemacht und werden nur im Ausnahmefall erneut einen Versuch wagen.

Für belastbare und gut organisierte Studienabbrecher kann ein duales Studium eine Alternative sein. Durch die Verbindung von praktischer Tätigkeit im Unternehmen und der Unterstützung von dort kann dieser ja durchaus harte Weg erfolgreich sein.

Was tun?

Sie haben Interesse bekommen? Aber wo finden Sie geeignete Kandidaten? Das ist das erste Problem. Natürlich am ehesten an Hochschulstandorten. Wobei Sie nur in wenigen Fällen auf die Unterstützung der Universitäten rechnen können. Denn das Thema Studienabbrecher ist an vielen Hochschulen ein Tabu. Schließlich bringt jeder Student Geld in die Kasse – Abbrecher verringern das Budget und könnten zu einem schlechten Ruf führen. Trotzdem lohnt sich ein Versuch. Sprechen Sie die Studienberatung und/oder den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) an. Hilfreich kann auch der Kontakt zur Sozialbetreuung sein, die es an vielen größeren Standorten als Anlaufstelle für die Studierenden gibt.

Einige Kammern haben den Wert dieser Personengruppe erkannt und bieten entsprechende Unterstützung und Plattformen im Internet an. Einfach mal fragen.

Vieles können Sie selbst tun: Nehmen Sie den Betroffenen das Gefühl des Gescheitertseins. Machen Sie in Ihren Ausbildungsplatzausschreibungen deutlich, dass Sie großes Interesse an Studienabbrechern haben und ihnen gern eine neue Chance geben möchten. Anzeigen in Studentenmedien mit gleicher Botschaft können ebenfalls unterstützen. Und unterschätzen Sie nicht die Möglichkeiten des internen Marketings über Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden. Fast jeder kennt in seinem Bekanntenkreis einen Fall von Studienabbruch – dann sollte man sich an Ihr Angebot erinnern.

Studenten sind onlineaffin und in den sozialen Medien unterwegs. Nutzen Sie diese Recruitingwege und machen Sie auch dort – wie in den „klassischen“ Anzeigen oder Angeboten auf den einschlägigen Internetportalen – deutlich, dass Ihnen diese „Gescheiterten“ am Herzen liegen und sie ihnen gern eine Chance im Rahmen einer dualen Ausbildung geben möchten. Natürlich gehört auch auf der Karriereseite des Unternehmens eine solche Aussage dazu.

Eine Reihe von eher organisatorischen Maßnahmen kann das Interesse der Zielgruppe fördern:

Ein Mann mit nachdenklichem Gesichtsausdruck, dessen Gesicht künstlerisch verändert wurde und einen surrealen quadratischen Ausschnitt enthält, der eine kleinere, identische Version seines Gesichts darin enthüllt und die komplexen Schichten menschlicher Ressourcen symbolisiert
  • Ermöglichen Sie den Interessierten Praktika in Ihrem Unternehmen.
  • Lassen Sie einen Einstieg im laufenden Ausbildungsjahr zu oder bieten Sie für die Zwischenzeit zumindest eine Arbeitsmöglichkeit an.
  • Bieten Sie – soweit möglich – die Verkürzung der Ausbildungszeit an.
  • Geben Sie eine Garantie für die spätere Übernahme in ein festes Beschäftigungsverhältnis – gute Leistungen natürlich vorausgesetzt.
  • Zeigen Sie die Entwicklungsmöglichkeiten in dem Beruf auf – welche Weiterbildungsmöglichkeiten, welche Karrierechancen gibt es?

Mehr Informationen

Viele Informationen, sowohl für die betroffenen Studienabbrecher (oder solche, die es werden wollen) als auch für die interessierten Ausbildungsbetriebe, hat das Ausbildungsportal AUBI-plus zusammengestellt.

Das Bild zeigt zwei Abschnitte mit deutschem Text, die jeweils über einen QR-Code einen direkten Link bereitstellen. Im oberen Abschnitt steht „Zu den Infos für Betroffene kommen Sie unter:“ und weist auf Informationen für hin

 

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