Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung : Wenn Rentner etwas hinzuverdienen
Als Arbeitgeber beurteilen Sie die Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit für Ihre Beschäftigten, berechnen die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und führen diese an die Einzugsstelle (gesetzliche Krankenkasse) ab. Besonderheiten müssen Sie beachten, wenn Sie einen Rentner oder Pensionär als Arbeitnehmer beschäftigen.
Sozialversicherungsfrei sind Beschäftigungsverhältnisse, die nur geringfügig ausgeübt werden. Dies gilt natürlich auch für die Beschäftigung von Rentenbeziehern. Geringfügig ist eine Beschäftigung, wenn das monatliche Entgelt die Grenze von 450 Euro nicht überschreitet. Geringfügig ist auch eine Beschäftigung, die von vornherein auf nicht mehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage im Jahr befristet ist.
Altersgrenze und Altersrente
Die Altersgrenze für die Regelaltersrente wird zwischen 2012 und 2029 schrittweise von 65 Jahren auf 67 Jahre angehoben. Beginnend mit dem Geburtsjahrgang 1947 erfolgt die Anhebung seit dem Jahr 2012 zunächst in Ein-Monats-, ab dem Jahr 2024 in Zwei-Monats-Schritten. Eine Altersrente kann als Vollrente oder als Teilrente bezogen werden.
Krankenversicherung
Vollrentenbezieher haben keinen Krankengeldanspruch. Daher werden die Krankenversicherungsbeiträge paritätisch aus dem ermäßigten Beitragssatz von 14,0 Prozent sowie dem jeweiligen Zusatzbeitrag erhoben. Jede gesetzliche Krankenkasse legt ihren Zusatzbeitrag selbst fest.
Für Teilrentenbezieher findet der allgemeine Beitragssatz Anwendung. Teilrentenbezieher können im Falle der Arbeitsunfähigkeit ein Krankengeld erhalten. Für solche Beschäftigten müssen Sie paritätisch Krankenversicherungsbeiträge aus dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent sowie dem jeweiligen Zusatzbeitrag entrichten.
Rentenversicherung (mit Flexirentengesetz)
Bezieher von Vollrenten sind seit dem 01.01.2017 rentenversicherungspflichtig, bis sie die Regelaltersgrenze erreichen. Ab Erreichen der Regelaltersgrenze müssen Sie für diese Beschäftigten lediglich den Arbeitgeberanteil an den Rentenversicherungsträger abführen. Ihr Arbeitnehmer kann sich aber dafür entscheiden, seine Rentenansprüche zu erhöhen, und es kann nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze weiterhin uneingeschränkt hinzuverdient werden. Er verzichtet insofern auf seine Rentenversicherungsfreiheit. In diesem Fall führen Sie weiterhin die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile ab. Bezieher einer Altersteilrente bleiben dagegen in vollem Umfang rentenversicherungspflichtig.
Ausnahme bei berufsständisch Versorgten
Mit Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ist der Beschäftigte nicht mehr von der Rentenversicherungspflicht befreit, sondern rentenversicherungsfrei.
Für berufsständisch Versorgte, wie beispielsweise Architekten, Ärzte, Rechtsanwälte oder Steuerberater, deren Regelaltersgrenze für die Altersrente aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung jedoch noch nicht erreicht ist, zahlen Sie weiterhin keine Beiträge zur Rentenversicherung. Stattdessen besteht für Sie unverändert die Verpflichtung, den Beitragszuschuss für den Beitrag zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen.
Erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze für die Altersrente aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung müssen Sie für diese Beschäftigten den Arbeitgeberanteil an den Rentenversicherungsträger abführen.
Arbeitslosenversicherung
Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sind, unabhängig von der Zahlung einer Altersrente, bis zum Ablauf des Monats zu zahlen, in dem der Beschäftigte die Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht hat.
Für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2021 entfällt dieser für Sie aufgrund des Flexirentengesetzes.
Beispiel:
Ein Arbeitgeber beschäftigt in seinem Betrieb einen Rentner, der noch etwas zur staatlichen Leistung hinzuverdienen will. Die monatliche beitragspflichtige Bruttovergütung beträgt 800 Euro. Der Arbeitnehmer ist 69 Jahre alt und hat damit bereits die Regelaltersgrenze überschritten.
Lösung:
Ein Rentner, der die Regelaltersgrenze überschritten hat und nebenher noch einer Beschäftigung nachgeht, ist versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung, wenn er im Monat mehr als 450 Euro verdient. In der Arbeitslosenversicherung besteht Versicherungsfreiheit. Auch der Arbeitgeber hat bis zum 31.12.2021 keinen Arbeitgeberanteil an die Bundesagentur für Arbeit zu entrichten. Zur gesetzlichen Rentenversicherung muss nur der Arbeitgeber seinen Anteil entrichten. In der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Beiträge aus dem ermäßigten Beitragssatz zu entrichten. Zur Pflegeversicherung sind die Beiträge von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen zu entrichten.
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
Bezieher einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sind in vollem Umfang versicherungspflichtig in der Kranken- und Rentenversicherung. In der Arbeitslosenversicherung besteht grundsätzlich auch Versicherungspflicht, es sei denn, die Arbeitsagentur hat festgestellt, dass der Beschäftigte aufgrund seiner Leistungsminderung der Arbeitsvermittlung auf Dauer nicht zur Verfügung steht.
Rente wegen voller Erwerbsminderung
Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung müssen Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung entrichten. Da sie keinen Anspruch auf Krankengeld haben, ist in der Krankenversicherung der ermäßigte Beitragssatz zugrunde zu legen. Für die Arbeitslosenversicherung sind keine Beiträge zu entrichten, auch nicht der Arbeitgeberanteil.
Ulrich Frank, Sozialversicherungsfachwirt und Wirtschaftsjournalist