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Corona-Arbeitsschutzverordnung : Testpflicht in Betrieben

Werden Arbeitgeber hier arbeitsrechtlich ausgebremst?

Ein negativer SARS-COV-2-Antigen-Schnelltest mit einer klaren einzelnen Linie neben dem „C“, die ein negatives Ergebnis anzeigt, vor einem verschwommenen Hintergrund mit medizinischen Hilfsgütern und Personalmanagement-Materialien.

Deutschland befindet sich mitten in der dritten Welle der Corona-Pandemie. Eine betriebliche Testpflicht könnte ein politisches Instrument im Kampf gegen die Pandemie sein. Aber auch ohne politischen Druck hatten viele Arbeitgeber bereits die Idee, Corona-Schnelltests im Betrieb anzubieten. Oftmals handelt es sich dabei – bis jetzt – um ein freiwilliges Testangebot. Aktuell berichten mehrere Dax-Unternehmen, dass die freiwillige Testkampagne aufgrund von Lieferschwierigkeiten verzögert anläuft.

Die Infektionsschutzverordnung regelt, dass Arbeitgeber zwei Mal pro Kalenderwoche Coronatests anbieten müssen, Arbeitnehmer aber nicht verpflichtet sind, diese auch durchzuführen. Auch das Infektionsschutzgesetz wurde geändert, sodass Arbeitnehmer das Homeoffice-Angebot anzunehmen haben, „soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen“. Was aktuell arbeitsrechtlich zu beachten ist, erklären Dr. Michaela Felisiak und Dr. Dominik Sorber.

Ausgangslage und Corona-Arbeitsschutzverordnung

Die aktuelle Infektionslage in Deutschland ist überaus dynamisch und wird von Experten als kritisch bewertet. Aus diesem Grund sind Arbeitgeber verpflichtet, Schnelltests anzubieten. Derzeit wird diskutiert, ob Geimpfte und Getestete bei „Öffnungen“ gleichzustellen sind. Damit erfüllen Tests mehrfach positive Zwecke. Desto häufiger getestet wird, umso wirkungsvoller kann das Virus eingedämmt werden. Aus diesem Grund wurde die Corona-ArbSchV um einen § 5 ergänzt, der eine „Testpflicht“ für Arbeitgeber regelt. Danach gilt, dass Arbeitgeber Beschäftigten, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, mindestens zweimal pro Kalenderwoche einen Corona-Test anzubieten hat. Unabhängig davon gelten die bisher bekannten Regelungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung bis zum 30.06.2021 weiter. Hiervon ausgenommen ist die Homeoffice-Pflicht, die nicht mehr in der Corona-ArbSchV, sondern in § 28 b Abs. 7 IfSG geregelt ist.

Betriebliche Tests sollen – vor dem Hintergrund der Virusmutationen und der noch geringen Impfquote – flächendeckend Teil der Pandemiebekämpfung werden.

Auch wenn die Bundesländer in den jeweiligen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen auf Landesebene Arbeitgebern eine Testpflicht vorschreiben können, haben dies bislang nur wenige getan. Beispielhaft können die Corona-Schutzverordnungen aus Sachsen, Berlin und Bremen genannt werden.

Weiterhin regelt der neue § 5 Abs. 2 der Corona-ArbSchV auch eine Nachweispflicht über die Beschaffung von Tests oder Vereinbarungen mit Dritten über die Testung der Beschäftigten. Diese Nachweise sind mindestens bis zum 30.06.2021 aufzubewahren. Bei den Änderungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung handelt es sich nicht um eine Testpflicht im eigentlichen Sinne, sondern um ein verpflichtendes Testangebot für Arbeitgeber. Arbeitnehmern steht es grundsätzlich frei, dieses Testangebot anzunehmen.

Handelt es sich bei der Testzeit um Arbeitszeit?

Da der Gesetzgeber die Testpflicht allein für Arbeitgeber verbindlich in die Corona-Arbeitsschutzverordnung ohne weitere arbeitsrechtliche Regelungen eingeführt hat, stellen sich Folgefragen. Zum Beispiel, ob es sich bei der Testzeit um Arbeitszeit handelt. Für Arbeitnehmer sind die Corona-Tests freiwillig. Damit handelt es sich für Arbeitnehmer nicht um Arbeitszeit, da die Schnelltests nicht verpflichtend und als Voraussetzung dafür, den Arbeitsplatz aufzusuchen, eingeführt wurden. Sollten weitere Bundesländer eine verschärfte Testpflicht für Arbeitnehmer begründen, handelt es sich auch dann nicht um Arbeitszeit, wenn der Gesetzgeber einen verpflichtenden Test angeordnet hat. Denn die Corona-Schnelltests werden sowohl im persönlichen Interesse des Mitarbeiters als auch im Interesse des Unternehmens durchgeführt. Aus diesem Grund ist hier davon auszugehen, dass es sich nicht um Arbeitszeit handelt.

Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Einführung von Schnelltests?

Weiterhin stellt sich die Frage, ob der Betriebsrat bei der Einführung von Corona-Schnelltests ein Mitbestimmungsrecht hat. Grundsätzlich besteht ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei Fragen des Gesundheitsschutzes. Allerdings besteht ein Mitbestimmungsrecht nur, wenn der Gesetzgeber einen Regelungsspielraum belässt. Das heißt, je konkreter eine gesetzliche Regelung, desto weniger Spielraum verbleibt für die Mitbestimmung. Da die aktuelle Corona-Arbeitsschutzverordnung keine Testpflicht für Arbeitnehmer in dem Sinne vorsieht, dass sie das Angebot des Arbeitgebers anzunehmen haben, handelt es sich vielmehr um eine freiwillige Maßnahme, so dass eine Mitbestimmung des Betriebsrats grundsätzlich ausscheiden dürfte. Außerdem werden die Tests weit überwiegend zu Hause durchgeführt, sodass auch hier kein Raum für Mitbestimmung verbleibt.

Führen Unternehmen die Testpflicht für sämtliche Mitarbeiter verpflichtend ein, dürfte ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehen.

Eine Person, die einen schnellen Antigen-Covid-19-Selbsttest für Humanressourcen-Zwecke durchführt, hält in der einen Hand eine Testkassette und in der anderen Hand eine Pipette mit einer Probe, mit verschwommenem Bild

Unternehmen sollten Procedere wie Testort, Mitteilungspflichten, Speicherung und Löschung von Testergebnissen regeln

Unternehmen sind gut beraten, wenn sie die Testdurchführung unter das Motto „Vertraulichkeit“ stellen. Es ist zu empfehlen, die Schnelltests zu Hause durchführen zu lassen. Die Mitarbeiter sollten verpflichtet werden, positive Ergebnisse dem Arbeitgeber mitzuteilen. Hier gilt – wie bei der Testdurchführung – das Motto, je weniger Personen im Unternehmen von einem positiven Test Kenntnis erlangen, umso besser (für den Beschäftigtendatenschutz). Das bedeutet für Unternehmen: Positive Testergebnisse sollten von Mitarbeitern zentralisiert an eine bestimmte Stelle im Unternehmen nachweisbar (per E-Mail oder Test-App) gemeldet werden. Diese Daten sind vertraulich zu speichern, zum Beispiel durch technische und organisatorische Maßnahmen (Zugriffs- und Berechtigungskonzept). Die Daten sind nicht in der Personalakte zu speichern, sondern separat und besonders geschützt. Die zentrale Stelle im Unternehmen sollte bei positive Testergebnissen den Vorgesetzten nur informieren, dass der Mitarbeiter seine Arbeit nicht antreten wird, ohne den Grund zu nennen. Die Speicherdauer sollte vier Monate nicht übersteigen (Ergänzung des datenschutzrechtlichen Löschkonzeptes).

Verpflichtende Verhaltensregeln für Mitarbeiter mit positivem Testergebnis

Dass Arbeitnehmer mit einem positiven Testergebnis den Betrieb nicht betreten, verlassen, weiteren Kontakt vermeiden und einen Arzt aufsuchen sollten, dürfte klar sein. Bis zur Bekanntgabe eines PCR-Tests können einige Tage vergehen. Daher sind Arbeitnehmer verpflichtet, sich unverzüglich bei ihrem zuständigen Gesundheitsamt per E-Mail zu melden. Denn nur dann könnte der Arbeitgeber einen Erstattungsanspruch nach § 56 IfSG geltend machen, wenn sich der Arbeitnehmer in einer vorsorglichen Quarantäne befindet und nicht arbeiten kann. Dann stellt sich die Frage nach der Vergütungspflicht. Rechtlich ist die Meldung durch den Arbeitnehmer erforderlich, da nach § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG eine Entschädigung nur gewährt wird, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits eine entsprechende Quarantäne-Anordnung hätte erlassen werden können. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer die Meldung vornimmt und nicht der Arbeitgeber.

Ausweitung der Homeoffice-Pflicht im Infektionsschutzgesetz geregelt

Grundsätzlich gilt nach § 28 b Abs. 7 IfSG eine modifizierte Homeoffice-Regelung. Wörtlich heißt es im Infektionsschutzgesetz: „Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. (…)“ Betriebsbedingte Gründe können, so die ergänzenden Ausführungen der Gesetzesvorlage, vorliegen, wenn die Betriebsabläufe erheblich eingeschränkt würden oder nicht aufrechterhalten werden könnten. Gründe, die dem Homeoffice entgegenstehen, können beispielsweise räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder unzureichende technische Ausstattung sein.

Wie sollten Unternehmen mit Testverweigerern umgehen?

Die Corona-ArbSchV regelt keine Testpflicht für Arbeitnehmer, sodass die Arbeitgeber bei entsprechender Anweisung die arbeitsrechtliche Begründungs- und Durchführungsrisiken tragen. Im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung sind arbeitsrechtliche Sanktionsmaßnahmen gegen Testverweigerer erfolgversprechend durchführbar, wenn die individuellen Umstände des Unternehmens (örtliches und zeitliches Infektionsgeschehen) Schutzmaßnahmen, wie die Durchführung von Schnelltests, erforderlich machen.

Insbesondere bei hohen Inzidenzwerten oder lokalen Infektionsgeschehen haben Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht hinsichtlich ihrer Arbeitnehmer nachzukommen und Ansteckungsrisiken soweit wie möglich zu minimieren. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts Schnelltests anordnen. Testverweigerern kann der Zutritt zum Unternehmen versagt werden mit der Folge, dass sie ihren Anspruch auf Lohnzahlung verlieren, soweit sie ihre Tätigkeit nicht von zu Hause erbringen können. Verhältnismäßig dürfte eine Testanweisung nur so lange sein, bis ausreichend Impfangebote zur Verfügung stehen.

Ein professioneller Geschäftsmann im blauen Anzug und mit einer Aktentasche betritt ein modernes Gebäude durch Glastüren, während er sein Spiegelbild betrachtet und über Personalmanagement-Strategien nachdenkt.

Fazit

Aktuell besteht bislang keine sichere Rechtsgrundlage dafür, dass betriebliche Soforttests auch angeordnet werden können. Die Autoren plädieren dafür, dass der Gesetzgeber hier die Gesetzeslage an die Pandemielage anpasst und entsprechende Rechtsgrundlagen ergänzt. Das derzeitige Anordnungsrestrisiko darf nicht zu Lasten der Arbeitgeber bestehen bleiben. Aus datenschutzrechtlicher Sicht sollte ebenfalls eine Klarstellung durch den Gesetzgeber erfolgen,

dass ein Schnelltest unter den aktuellen Bedingungen und bei Einhalten der datenschutzrechtlichen Grundsätze möglich ist. Verweigern Arbeitnehmer die Durchführung eines Schnelltests, kann ihnen der Zutritt zum Arbeitsplatz verweigert werden, sodass der Vergütungsanspruch entfällt.

Dr. Michaela Felisiak,
Rechtsanwältin, LL.M.
Dr. Dominik Sorber, Rechtsanwalt
BEITEN BURKHARDT
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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