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Weitere Klarstellungen bei Gutscheinen und Geldkarten : Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) aktualisierte das Anwendungsschreiben zur Abgrenzung von Geldleistung und Sachbezug, welches erstmals im April 2021 veröffentlicht wurde (LOHN+GEHALT 2/2021 und LOHN+GEHALT 3/2021). Die Frage, welche Gutscheine bzw. Geldkarten unter welchen Voraussetzungen steuerfrei gewährt werden können, ist komplex und relevant für den Lohnsteuerabzug sowie für Vergütungsstrukturen. Aktualisierte Passagen des Anwendungsschreibens markiert das BMF in Fettschrift. Dieser Beitrag widmet sich erneut diesem komplexen Themengebiet und geht auf die Aktualisierungen aus dem BMF-Schreiben vom 15.03.2022 (IV C – 5 S 2334/19/10007 :007) ein.

Lesezeit 9 Min.

Mit dem Jahressteuergesetz 2019 (BGBl 2019 Teil I Nr. 48 vom 17.12.2019 Seite 2451) beschlossen Bundestag und Bundesrat, die Abgrenzung zwischen einer Geldleistung und einem steuerfreien Sachbezug gesetzlich neu festzulegen. Seit dem 01.01.2020 regelt § 8 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerpflichtige Geldleistungen (beispielsweise zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate), während § 8 Abs. 1 Satz 3 EStG Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, als steuerfreie Sachbezüge definiert. Um den Unternehmen Anwendungshinweise zu dieser Neuregelung zu geben, veröffentlichte das BMF erstmals ein entsprechendes Schreiben am 13.04.2021.

In der Praxis führt die Abgrenzung der ausgegebenen System- oder Sachbezugskarten als Barleistungen oder weiterhin Sachleistungen auch nach dem Jahressteuergesetz 2019 zu Problemen. Dabei waren gerade Open-Loop-Karten, deren Guthaben durch Bezahldienste uneingeschränkt zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen eingesetzt werden konnten, für viele Arbeitgeber fraglich.

Allerdings sorgte auch das Vorgehen bei den Closed-Loop-Karten, deren Einsatz zwar auf das Inland begrenzt ist, bei denen aber die Möglichkeit zum Einlösen nicht auf bestimmte Akzeptanzstellen begrenzt ist, für Verunsicherung.

Das aktualisierte BMF-Schreiben vom 15.03.2022 wurde an einigen Stellen ergänzt. Eine grundsätzliche Änderung der Rechtsauffassung gegenüber dem BMF-Schreiben vom 13.04.2021 erfolgt hingegen nicht. Vielmehr wurden Klarstellungen zu den Akzeptanzstellen eines Gutscheins (Rz. 10) eingefügt. Eine Voraussetzung für die Steuerfreiheit eines Sachbezugs ist nämlich auch die Akzeptanzstelle des Gutscheins oder der Geldkarte. D. h. Gutscheine oder Geldkarten müssen sich für die Steuerfreiheit zum Beispiel auf Einkaufs- und Dienstleistungsverbünde einer bestimmten inländischen Region (z. B. mehrere benachbarte Städte und Gemeinden im ländlichen Raum) erstrecken.

Weitere Klarstellungen bei Gutscheinen und Geldkarten
Weitere Klarstellungen bei Gutscheinen und Geldkarten

Für die Einordnung eines Gutscheins oder einer Geldkarte ist deren Verwendung und Einsatzmöglichkeit entscheidend. Ein Sachbezug sind demnach Gutscheine oder Geldkarten, die unabhängig von einer Betragsangabe dazu berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die vom Aussteller des Gutscheins, aus dessen Produktpalette bezogen werden können (Closed-Loop-Karten). Der Aussteller sowie dessen Produktpalette müssen sich nicht zwingend im Inland befinden.

Der Aussteller muss auch nicht über ein klassisches Ladengeschäft verfügen, somit können die Waren und Dienstleistungen auch über einen Onlinehandel angeboten werden. Die v. g. Regelung gilt aber nicht, wenn die Gutscheine oder Geldkarten eines Onlinehändlers auch für Produkte von Fremdanbietern eingelöst werden können (z. B. Marketplaces).

Nach den Regelungen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) sind Gutscheine oder Geldkarten auch dann noch ein Sachbezug, wenn diese unabhängig von einer Betragsangabe zum Kauf von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, die aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen dem Aussteller/Emittenten des Gutscheins und Akzeptanzstellen zum Kauf aus einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland berechtigt (Controlled-Loop-Karten). Der Unterschied zum v. g. Absatz ist hierbei, dass der Kreis der Geschäfte, bei denen der Gutschein oder die Geldkarte eingelöst werden können, begrenzt ist und die Geschäfte sich im Inland befinden müssen.

Weitere Klarstellungen bei Gutscheinen und Geldkarten 2
Weitere Klarstellungen bei Gutscheinen und Geldkarten 2

Zur besseren Klarstellung nennt das BMF-Scheiben den begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen und wurde durch die Aktualisierung im Bereich der Einkaufs- und Dienstleistungsverbünde ergänzt. Ein begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen ist erfüllt, wenn folgende Zwecke erfüllt sind:

  • städtische Einkaufs- oder Dienstleistungsverbünde im Inland (z. B. Werbegemeinschaft der Stadt XY) oder im Internetshop der jeweiligen Akzeptanzstelle,
  • Einkauf- oder Dienstleistungsverbünde, die sich auf eine bestimmte inländische Region erstreckt (z. B. Citycard Bochum-Essen) oder im Internetshop der jeweiligen Akzeptanzstelle,
  • Einkaufs- oder Dienstleistungsverbünde, im Sinne der v. g. Aufzählung, die auf einen unmittelbar räumlich abgrenzbaren zweistelligen Postleitzahlenbezirk begrenzt sind. Diese Vorgabe ist im BMF-Schreiben aktualisiert und gibt die Regelungen aus einem Merkblatt des ZAG wieder. Es bestehen zudem keine Bedenken, wenn die Auswahl dieser Postleitzahlenbezirke durch den Arbeitgeber erfolgt;
  • aus Vereinfachungsgründen bei von einer bestimmten Ladenkette (ein bestimmter Aussteller) ausgegebene Kundenkarten, die zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Geschäften im Inland oder im Internetshop dieser Ladenkette mit einheitlichem Markenauftritt berechtigen. Auch hier ergänzt das neue BMF-Schreiben, das dies auch gilt, wenn sich der Arbeitnehmer vor der Hingabe des Gutscheins oder vor Aufladen des Guthabens auf die Geldkarte aus verschiedenen Ladenketten jeweils eine auswählen kann. Es gilt hierbei der Zeitpunkt des Zuflusses.

Im Gegensatz zum Schreiben vom 13.04.2021 ist das aktuelle Schreiben um die Punkte der Internetshops als Akzeptanzstellen und der Abgrenzung im Bereich der Postleitzahlenbezirke ergänzt.

Im weiteren Verlauf zählt das Schreiben unverändert Beispiele für die v. g. Gutscheine oder Kundenkarten auf. Danach ist eine wiederaufladbare Geschenkkarte für den Einzelhandel oder eine Tankkarte eines einzelnen Tankstellenbetreibers, die zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in seiner Tankstelle berechtigt, weiterhin ein Sachbezug. Allerdings sollte bei Onlinehändlern zwingend geprüft werden, ob deren Gutscheine noch die Voraussetzungen erfüllen.

Denn im BMF-Schreiben wird ausdrücklich als Voraussetzung genannt (Rz. 11), dass Karten eines Onlinehändlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette berechtigen, einen Sachbezug darstellen. Das setzt voraus, dass der Onlinehändler die Waren oder Dienstleistungen selbst verkauft und auch versendet. Wird die Ware oder Dienstleistung von Fremdanbietern verkauft und versendet und tritt der Onlinehändler als Vermittler auf (sog. Marketplaces), liegt kein Sachbezug vor. Gerade im Fall der Gutscheincodes der großen Onlinehändler ist hier von keinem Sachbezug mehr auszugehen, da diese als Marketplace auch Fremdanbieter zulassen. Dies wird bereits aus der gesetzlichen Regelung erkennbar, ist aber auch deutlich im BMF-Schreiben dargestellt.

Von einem Sachbezug bei Gutscheinen oder Geldkarten ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b ZAG seit dem 01.01.2022 zudem auszugehen, wenn unabhängig von einer Betragsangabe Waren oder Dienstleistungen ausschließlich zum Bezug aus einem sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungskontingent berechtigen. Dabei kommt es nicht auf die Anzahl der einzelnen Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland an.

Auch hier wurde das BMF-Schreiben in der Fassung vom 15.03.2022 ergänzt. Es ist für die v. g. Gutscheine und Geldkarten nicht ausreichend, wenn hierfür alleinig auf die Bezugnahme auf eine Händlerkategorie abgestellt wird. Schädlich ist in diesem Fall, wenn Waren oder Dienstleistungen einer anderen Produktpalette angeboten werden. Die Eingrenzung auf ein geringes Maß an anderen Paletten ändert die Einordnung ebenfalls nicht.

Hilfreich ist daher die Aufzählung im BMF-Schreiben (Rz. 13). Danach liegen die Voraussetzungen bei Fahrberechtigungen im Personennah- und –fernverkehr vor und bei Leistungen für das Zugrestaurant. Aber auch Mobilitätsdienstleistungen wie z. B. Car-Sharing sind. Davon erfasst, ebenso wie Kraftstoff und Ladestrom, Fitnessleistungen, Streamingdienste, Printmedien und Bücher. Auch Behandlungen der Person (Hautpflege, Friseur) und Bekleidung (Schuhe, Schmuck, Düfte) erfüllen demnach die Voraussetzungen. Somit findet § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b ZAG nur Anwendung, wenn der Gutschein oder die Geldkarte für einen fest vorgeschriebenen Verwendungszweck zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigt.

Gutscheine oder Geldkarten, die unabhängig von einer Betragsangabe nur berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen dem Aussteller/ Emittenten und der jeweiligen Akzeptanzstelle Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen, fallen unter die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe c ZAG. Zu diesen sog. Zweckkarten gehören Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, wie z. B. Essensgutscheine. Dazu gehören auch Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen und Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen.

Mit den Klarstellungen im BMF-Schreiben werden die gesetzlichen Regelungen des § 8 EStG für die praktischen Fälle besser dargestellt. Eine Einordnung der jeweiligen Zuwendung als Sachbezug oder Geldleistung fällt nun leichter. Dennoch zeigt auch das aktualisierte Schreiben, dass die Finanzverwaltung mit immer neuen Fragestellungen konfrontiert wird, die in der Anwendung der Regelungen, aus dem ZAG nicht einfach abzuleiten sind.

Weitere Klarstellungen bei Gutscheinen und Geldkarten 3
Weitere Klarstellungen bei Gutscheinen und Geldkarten 3

Das BMF-Schreiben benennt (Rz. 18 ff.), welche Leistungen von Arbeitgebern als Geld- und nicht als Sachleistung einzuordnen sind. Demnach sind Geldleistungen:

  • Zahlungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer bei Abschluss einer Krankenversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer, wenn die Zahlung des Arbeitgebers mit der Auflage verbunden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Versicherungsunternehmen den Vertrag abschließt (Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 04.07.2018);
  • ein im Inland gültiges gesetzliches Zahlungsmittel oder Zahlungen in einer gängigen frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung;
  • eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anstelle der geschuldeten Waren oder Dienstleistung (zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen);
  • durchlaufende Gelder oder
  • Auslagenersatz.

Durchlaufende Gelder nach § 3 Nr. 50 EStG sind Gelder, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für den Arbeitgeber auszugeben. Auslagenersatz ist der Ersatz von Beträgen, die der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber ausgelegt hat. Auf die v. g. Sachverhalte sind die Regelungen zur Abgrenzung von Barlohn und Sachleistungen nicht anzuwenden. Seit der Veröffentlichung des BMF-Schreibens im April 2021 erreichten die Finanzverwaltungen zur Abgrenzung von durchlaufenden Geldern und Auslagenersatz immer wieder Nachfragen. Im Schreiben am 15.03.2022 wurde daher ein Beispiel aufgenommen.

Darin wird klargestellt, dass es sich bei Kosten, die Arbeitnehmer im Rahmen von Veranstaltungen verauslagen und die dann vom Arbeitgeber anschließend auf Nachweis erstattet werden dürfen, wenn diese als Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG gelten, um Leistungen auf Rechnung des Arbeitgebers handelt.

Seit dem 01.01.2022 ebenfalls nicht als Sach-, sondern als Geldleistung anzusehen, ist die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen. Dazu gehören Geldsurrogate wie Geldkarten oder Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Kreditkarten, die im Rahmen von unabhängigen Systemen des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können (BFH-Urteil vom 04.07.2018).

Dazu enthält das BMF-Schreiben vom 15.03.2022 Ergänzungen, welche Gutscheine oder Geldkarten als Geldleistung im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 EStG zu verstehen sind. Wenn Gutscheine beispielsweise den Erwerb von anderen Gutscheinen oder Geldkarten ermöglichen oder sie für den Erwerb von Devisen (z. B. britisches Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) oder Kryptowährungen (z. B. Bitcoin, Ethereum) verwendet werden können, gelten sie als eine Geldleistung (Rz. 24).

Nach dem BMF-Schreiben sind somit Gutscheine oder Geldkarten als Geldleistung zu behandeln, die

  • über eine Barauszahlungsfunktion verfügen. Wird dabei ein Restguthaben von bis zu einem Euro ausgezahlt oder auf einen anderen Gutschein oder eine andere Geldkarte übertragen, ist dies nicht zu beanstanden. Nach den aktuellen Darstellungen ist dies auch möglich, wenn ein monatlicher Wechsel, z. B. der Ladenkette, im Rahmen einer weiteren Aufladung eines Guthabens auf derselben Geldkarte erfolgt;
  • über eine eigene IBAN-Nummer verfügen,
  • für Überweisungen verwendet werden können (z. B. PayPal oder Western Union),
  • für den Erwerb von Devisen oder Kryptowährungen verwendet werden können oder
  • als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt, werden können.

Die Aufzählung im BMF-Schreiben wurde um einen weiteren Punkt ergänzt.

Geldleistungen liegen auch vor, wenn Gutscheine oder Geldkarten

  • ausschließlich dazu berechtigen, diese gegen andere Gutscheine oder Geldkarten einzulösen (z. B. Gutscheinportale). Ein solcher Gutschein, der zur Einlösung für einen anderen Gutschein oder eine andere Geldkarte dient, stellt keinen Bezug von Waren oder Dienstleistungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 3 EStG dar. Wird hingegen durch technische Vorkehrung und in den zur Verwendung kommenden Vertragsvereinbarungen sichergestellt, dass die Einlösung nur gegen andere Gutscheine oder Geldkarten erfolgen kann, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen beim Arbeitgeber oder einem Dritten berechtigen und die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen, ist es ein Sachbezug. Ein Sachbezug liegt auch dann noch vor, wenn dem Arbeitnehmer das Guthaben erst nach der Auswahl des anderen Gutscheins oder der anderen Geldkarte zur Verfügung steht.

Das BMF-Schreiben vom 15.03.2022 ersetzt das BMF-Schreiben vom 13.04.2021.

Markus Stier

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