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Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst

Lesezeit 3 Min.

Auslegung TV-L (Vergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten eines Wachpolizisten, Zeitgutschrift für arbeitsfreie gesetzliche Feiertage)

Orientierungssätze des Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 31.03.2021 – 5 AZR 292/20

  1. Vermindert sich nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TV-L (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder) die regelmäßige Arbeitszeit für einen gesetzlichen Feiertag um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden, sind diese auch bei vollständiger dienstplanmäßiger Freistellung am Feiertag zu bestimmen. Ist die individuell ausgefallene Arbeitszeit aufgrund eines spezifischen Schichtmodells nicht aufklärbar, ist auf einen Referenzzeitraum abzustellen, der geeignet ist, die regelmäßige Arbeitszeit im Schichtmodell abzubilden (Rn. 32 f.).
  2. Legt ein angestellter Wachpolizist Uniform und Dienstwaffe im häuslichen Bereich an, obwohl er die Möglichkeit hat, einen Spind am Einsatzort zu beantragen und ein dienstliches Waffenschließfach zu nutzen, ist die dafür aufgewendete Zeit keine vergütungspflichtige Arbeitszeit. Diese Tätigkeiten liegen nicht im alleinigen Interesse des Arbeitgebers (Rn. 24 f.).

Stufenzuordnung nach Wechsel der Entgelttabelle; keine Anwendung von § 17 Abs. 4 TV-L; Unterbrechung der Tätigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 3 TV-L

Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 18.02.2021 – 6 AZR 702/19

  1. Verändert sich aufgrund einer neuen Tätigkeit die Eingruppierung dergestalt, dass ein Wechsel der Entgelttabelle stattfindet (sog. Tabellenwechsel), bestimmt sich die Stufenzuordnung nicht nach § 17 Abs. 4 TV-L. Es handelt sich nicht um eine Höher- oder Herabgruppierung im Tarifsinn (Rn. 18 ff.).
  2. Nach dem Tabellenwechsel erfolgt vielmehr eine Zuordnung zur Stufe 1 der neuen    Entgeltgruppe, weil keine Einstellung i. S. v. § 16 Abs. 2 TV-L vorliegt und in der neuen Entgeltgruppe bislang keine Stufenlaufzeit i. S. v. § 16 Abs. 3 TV-L zurückgelegt wurde. Eine entgeltgruppenübergreifende Berufserfahrung ist dem Entgeltsystem des TV-L fremd (Rn. 23).
  3. Nimmt ein Beschäftigter eine Tätigkeit in einer neuen Entgeltgruppe auf und kehrt er anschließend nach einer erneuten Veränderung der Tätigkeit in seine ursprüngliche Entgeltgruppe zurück, so liegt bezogen auf die ursprüngliche Entgeltgruppe eine Unterbrechung vor. Hat diese mehr als drei Jahre angedauert, bestimmt sich die Stufenzuordnung nach § 17 Abs. 3 Satz 3 TV-L. Demnach erfolgt eine Zuordnung zu der Stufe, die der vor der Unterbrechung erreichten Stufe vorangeht, jedoch nicht niedriger als bei einer Neueinstellung. Die Stufenlaufzeit beginnt mit dem Tag der Arbeitsaufnahme (Rn. 28 ff.).
  4. Eine individuelle Endstufe kann nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 TV-L nicht als „erreichte Stufe“ angesehen werden, denn das „Erreichen“ setzt nach § 16 Abs. 3 TV-L den Ablauf der Stufenlaufzeit voraus. Eine individuelle Endstufe wurde als Bestandteil der Besitzstandssicherung im Rahmen der Überleitung in den TV-L gebildet und nicht nach § 16 Abs. 3 TV-L erreicht (Rn. 33).
  5. Die Vorgabe des § 17 Abs. 3 Satz 3 TV-L, wonach die Stufenzuordnung nach der Unterbrechung nicht niedriger sein darf als bei einer Neueinstellung, erfordert bezogen auf die vor der Unterbrechung bei demselben Arbeitgeber erlangte Berufserfahrung grds. eine fiktive Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L (Rn. 35).
Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst
Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst

Entgeltordnung (VKA); Überleitung aus der Entgeltgruppe 9 TVöD; Grundsatz der Tarifautomatik; Höhergruppierung

Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 22.10.2020 – 6 AZR 74/19

  1. Die §§ 29 ff. TVÜ-VKA (Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts) dienen dem Schutz des Besitzstandes der Beschäftigten anlässlich ihrer Überleitung in die Entgeltordnung (VKA) als Anlage 1 zum TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) (im Folgenden EGO). Darum erfolgte die Überleitung unter Beibehaltung der bisherigen Eingruppierung. Maßgeblich war insoweit die tarifmäßige Eingruppierung, d. h. die Entgeltgruppe, die sich nach dem die Tarifwerke des öffentlichen Dienstes beherrschenden Grundsatz der Tarifautomatik unmittelbar aus dem Erfüllen der tariflichen Tätigkeitsmerkmale ergab (Rn. 15, 17 f.).
  2. Ein schutzwürdiger Besitzstand lag ausgehend vom Grundsatz der Tarifautomatik nicht vor, wenn der Beschäftigte am für die Überleitung maßgeblichen Stichtag 31.12.2016 unter Verkennung des maßgeblichen Tarifrechts eingruppiert war (Rn. 18 f.).
  3. Ist ein Beschäftigter aus einer nicht dem Grundsatz der Tarifautomatik entsprechenden Entgeltgruppe in die EGO übergeleitet worden, steht § 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA der Korrektur der damit fehlerhaften Überleitung nicht entgegen (Rn. 16, 19).
  4. 29c Abs. 2 und Abs. 3 TVÜ-VKA enthalten besondere Überleitungsregelungen für die Beschäftigten der bisherigen Entgeltgruppe 9 TVöD. Auch insoweit erfolgte die Überleitung auf der Grundlage der bisherigen tarifmäßigen Eingruppierung, so dass Korrekturen fehlerhafter Überleitungen möglich sind (Rn. 22).
  5. Übersieht der Arbeitgeber die Stufenbegrenzung in der sog. „kleinen“ Entgeltgruppe 9 TVöD und zahlt daher versehentlich ein Entgelt aus der Stufe 6 dieser Entgeltgruppe, so führt dies mangels der erforderlichen gedanklichen Zuordnung der Tätigkeit zu einer höheren Entgeltgruppe nicht zu einer Höhergruppierung.

Der Beschäftigte ist daher auch in einem solchen Fall tarifautomatisch nach § 29c Abs. 3 Satz 1 TVÜ-VKA in die Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) übergeleitet (Rn. 25 bis 28)..

Claudia Czingon

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