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#digitaltransformation – Zukunftstreiber Payroll : Einsatz von Fremdpersonal – Risiken steuern

Unternehmen nutzen zunehmend die Möglichkeit der Fremdvergabe von Aufträgen (Outsourcing) an selbstständige Dienstleister. Dies geschieht entweder direkt über Werk- bzw. Dienstverträge bzw. durch Verträge mit Serviceprovidern (Agenturen, Vermittlern Zeitarbeitsunternehmen etc.) hinsichtlich des Einsatzes von Fremdpersonal.

Lesezeit 7 Min.

Die bestehenden Chancen zur Flexibilisierung gehen einher mit Risiken von nicht unerheblichem Ausmaß. Diese beinhalten hohe Nachforderungen an Umsatzsteuer, Lohnsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträgen, und es drohen weitere strafrechtliche Folgen gem.

§ 266a Strafgesetzbuch (StGB) wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt.

Haftungsrisiken für den Auftraggeber (Arbeitgeber)

Der Auftraggeber (Arbeitgeber) haftet im Grunde immer für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag bestehend aus Pflichtbeiträgen, Umlagen sowie den Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung und zur Künstlersozialkasse. Das „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ gem. § 266a StGB steht hier im Mittelpunkt. Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle (= gesetzliche Krankenkasse) Sozialversicherungsbeiträge vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber gegenüber der Einzugsstelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder diese pflichtwidrig über erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und ihr dadurch Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung vorenthält. All dies gilt grundsätzlich und unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird. Gerade dieser letzte Punkt greift, wenn etwa Unsicherheit darüber besteht, ob es sich bei einem Vertrag mit selbstständigen Dienstleistern möglicherweise um eine sogenannte Scheinselbstständigkeit handelt.

Risiko Scheinselbstständigkeit

Eine solche Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn eine erwerbstätige Person als selbstständiger Unternehmer auftritt, obwohl sie von der Art ihrer Tätigkeit her zu den abhängig Beschäftigten zählt. Es wird also ein Arbeitsverhältnis verschleiert und als Tätigkeit eines freien, selbstständigen Auftragnehmers deklariert.

Einsatz von Fremdpersonal
Einsatz von Fremdpersonal

Zahlreiche Praxisbeispiele zeigen, dass das Thema Scheinselbstständigkeit aktuell ist. Am 18.07.2019 trat das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (GIBS; BGBl. I S. 1066) in Kraft. Da Scheinselbstständigkeit zu fehlender sozialer Absicherung bei den vermeintlichen Selbstständigen führt und die Sozialsysteme belastet, wurden die Prüfungs- und Ermittlungsbefugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls erweitert. Bei Verdacht auf Scheinselbstständigkeit ist eine Prüfung beim Scheinselbstständigen an der gemeldeten Betriebsstätte oder an Amtsstelle möglich.

Tabelle Einsatz von Fremdpersonal
Tabelle Einsatz von Fremdpersonal

Fokus: Arbeitnehmerüberlassung

Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) bringt IT-Unternehmen in große Schwierigkeiten und kann den Erfolg von IT-Projekten gefährden. Insbesondere das „Aus“ der sogenannten Vorratserlaubnis erzwingt hier ein Umdenken. Der Einsatz von Fremdpersonal im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung muss angesichts der gesetzlichen Vorgaben rechtssicher gestaltet werden. Die Arbeitnehmerüberlassung muss als solche transparent gegenüber den zum Einsatz kommenden Arbeitnehmern erfolgen. Ein Verstoß führt dazu, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher entsteht.

Die Höchstdauer darf 18 Monate nicht überschreiten. Kettenüberlassungen verstoßen gegen geltendes Recht, d. h. Unternehmen tragen das Risiko der fehlerhaften Einordnung eines Vertragstyps. Equal Pay ist nach neun Monaten zu gewährleisten. Aus diesen und weiteren Gründen ist es umso wichtiger, dass Unternehmen sich mit der Thematik befassen. Die Verträge müssen rechtlich korrekt gestaltet sein, und die tatsächliche Ausführung der Tätigkeiten bzw. die Behandlung vor Ort muss dem entsprechen. Der Einsatz von Interim Managern ist somit strikt von der Arbeitnehmerüberlassung zu trennen, da sie weit weniger respektive völlig andere Risiken für die Entleihunternehmen bergen.

Fokus: Interim Management

Ein wesentlicher Vorteil des Instruments Interim Management – im Gegensatz zur Festeinstellung von Arbeitnehmern oder der Arbeitnehmerüberlassung – ist die kurzfristige Verfügbarkeit von Führungskräften und Projektspezialisten.

Hierdurch können personelle Engpässe bei der Neubesetzung freier Positionen zeitnah überbrückt werden. Die Umsetzung schwieriger Restrukturierungsprozesse sowie wichtiger Wachstumsprojekte kann kurzfristig bei auftretenden fachlichen Problemen erfolgen, und die erfolgreiche Durchführung von Projekten kann flexibel beauftragt werden, wenn der Projektstart sich verzögert oder früher beginnt. Betriebsfremde erweisen sich gerade dort als besonders geeignet.

Interim Manager sind regelmäßig umsetzungsorientierte Praktiker, die sich nach Jahren in Management- und Führungsfunktionen ganz bewusst dazu entschieden haben, ihr Wissen für mehrere und neue Kunden in verschiedenen Projekten einzusetzen. Sie verfügen meist über ausgeprägte Erfahrungen und Spezialwissen für die Bewältigung nicht alltäglicher Probleme.

Fokus: Illegale Beschäftigung von Ausländern

Die §§ 8 bis 11 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) stellen einige besonders missbräuchliche Formen der unrechtmäßigen Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte unter Strafe. So wird der Einsatz von Arbeitskräften ohne Aufenthaltstitel oder EU-Arbeitsgenehmigung von der Ordnungswidrigkeit zur Straftat, wenn die Arbeitsbedingungen in auffälligem Missverhältnis zur Situation vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer stehen, die Beschäftigten Opfer von Menschenhandel sind, es um mehr als fünf Ausländer geht oder ein minderjähriger Ausländer beschäftigt wird.

Fokus: Steuerberater haften wie Arbeitgeber

Arbeitgeber im Sinne des Strafrechts können nicht nur Einzelunternehmer, GbR- und GmbH-Geschäftsführer oder AG-Vorstände sein. Gleiches gilt gem. § 14 Abs. 1 StGB für mit der Lohnabrechnung beauftragte Steuerberater und leitende Angestellte mit Personalverantwortung. Deren Verantwortlichkeit hängt allerdings sehr vom Einzelfall ab. Menschen, die mit der (teilweisen) Betriebsleitung oder der eigenverantwortlichen Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut sind, können die strafrechtliche Arbeitgebereigenschaft gewissermaßen erben (§ 14 Abs. 2 StGB) und damit wegen Arbeitgeberstraftaten angeklagt werden.

Arbeitgeberpflichten und Maßnahmen

Der Arbeitgeber sollte seine Pflichten jeweils genau kennen und Maßnahmen steuern, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu sichern. Das optionale Statusverfahren gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) schafft Rechtssicherheit im Hinblick auf den Status (Selbstständigkeit oder Beschäftigung). Die Beitragspflicht entsteht erst mit Rechtskraft des Bescheids, mit den dort getroffenen Feststellungen.

Für beitragsrechtliche Fragen (Beitragspflicht und Beitragshöhe) kann ebenso eine rechtsverbindliche Auskunft bei der zuständigen Einzugsstelle gem. § 28h Abs. 2 SGB IV eingeholt werden. Die ist insbesondere bei gemischten Tätigkeiten unumgänglich. Denn für den Arbeitgeber ist die Beitragspflicht nicht einfach zu beurteilen, wenn ein Auftragnehmer gleichzeitig als Arbeitnehmer und als Selbstständiger am Markt tätig ist.

Tabelle 2 Einsatz von Fremdpersonal
Tabelle 2 Einsatz von Fremdpersonal

Schließlich besteht bei steuerlichen Zweifelsfragen (steuerliche Behandlung von Arbeitgeberleistungen und Zuwendungen) die Möglichkeit, eine Anrufungsauskunft beim Betriebsstättenfinanzamt einzuholen.

Professionelle Kommunikation

Neben der Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen gewinnt zunehmend die Kommunikation der notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung der Regeln (Compliance) an Bedeutung. In allen Phasen ist eine professionelle Kommunikation sowohl mit Beratern und erfahrenen Fachleuten als auch mit Behörden von großem Nutzen. Diese Kommunikation erstreckt sich im Fall von Ermittlungen auch auf die zuständige Staatsanwaltschaft. Die externe Kommunikation muss durch eine interne Kommunikation ergänzt werden. Hier gilt es, die Fachleute in den Compliance-, Grundsatz- und Rechtsabteilungen (Compliance, Legal etc.) sowie das Personalmanagement einzubinden. Dies erfordert eine Sensibilisierung der betroffenen Fach- und Führungskräfte in den Geschäftsbereichen.

Datenschutzkonformer Personaleinsatz

Bislang ist in den meisten Unternehmen die Fremdvergabe von Aufträgen strikt getrennt von der Beschäftigung von Arbeitnehmern. Im Übrigen berührt die Fremdvergabe von Aufträgen den Datenschutz sowie die kundenschutzbezogenen Regelungen. Die Fremdvergabe wird vom Einkauf abgewickelt und im Rechnungswesen von der Kreditorenbuchhaltung verarbeitet. Die Aufgaben im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Arbeitnehmern werden vom Personalmanagement erledigt. Hieraus erwachsen Schnittstellenprobleme, und diese Trennung ist aus heutiger Sicht nicht mehr zeitgemäß. Auch wenn sich diese Erkenntnis erst langsam in den Konzernen durchsetzt, so werden bereits von strategisch agierenden Personalvorständen genau solche Forderungen beschrieben. Damit sind die Grundsatzabteilungen (Policy) und die mit der Mitbestimmung (Industrial Relations) befassten Manager und Mitarbeiter im Personalmanagement gleichermaßen einzubinden.

Vermeiden von Haftungsrisiken

Vorrangig ist zur Vermeidung von Haftungsrisiken auf die Schaffung einer eindeutigen Beauftragungs- und Vertragsbasis zu achten. Es ist von großer Wichtigkeit, dass die Dienstleistung weisungsfrei erbracht wird. Dies bezieht sich auf Breite (Umfang) und Tiefe (Details) des Aufgabengebiets. So sollten selbstständige Dienstleister zwar in die Projektorganisation, aber nicht in die Aufbau- und Ablauforganisation des Kundenunternehmens eingegliedert sein. Beispielhaft seien hier die Nutzung eigener Betriebsmittel (IT) und das Auftreten gegenüber Dritten als Projektpartner genannt. Als schwierig gestaltet sich regelmäßig die Abgrenzung von Aufgaben, die – wie es so schön heißt – typischerweise von Arbeitnehmern ausgeführt werden, denn die Grenzen sind hier fließend. Es ist darauf zu achten, dass keinesfalls eigene Beschäftigte die gleichen Arbeiten erledigen wie selbstständige Dritte. Große Unternehmen sorgen stets für eine räumliche Trennung innerhalb der Betriebsgebäude.

Fazit

Die schier unübersichtliche Regelungsdichte führt unweigerlich zu einer hohen fachlichen Spezialisierung. Wenn nun mehrere Rechtsbereiche (Arbeits-, Sozialversicherungs- und Lohnsteuerrecht, Grundsatz, Compliance etc.) zusammenspielen, werden im Vorfeld Partner eingebunden, die mit Erfahrung und Augenmaß den fachlichen Überblick in ihrem Bereich behalten. Daneben werden zunehmend Moderatoren benötigt, welche in der Lage sind, die Vielfalt der Regelungen auf einfache und verständliche Weise zu kommunizieren. Dies trägt zu einem gemeinsamen Verständnis für die Risiken bei und fördert die Akzeptanz für die notwendigen Maßnahmen und deren Kommunikation.

Raschid Bouabba, MCGB GmbH

Einsatz von Fremdpersonal
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