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Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beurteilung : Urlaubs- und Überstundenabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers

Für Urlaubsabgeltungen nach Beendigung der Beschäftigung durch Tod des Arbeitnehmers werden Beiträge fällig. Folgt man einem Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen in der Sozialversicherung vom 20.11.2019, lösen Zahlungen zur Abgeltung verfallener Urlaubsansprüche Beitragspflicht aus.

Lesezeit 3 Min.

Der Tod des Arbeitnehmers beendet aufgrund der persönlichen Leistungsverpflichtung das Arbeitsverhältnis. Schon entstandene, aber noch nicht erfüllte Ansprüche gegen den Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis gehen auf die Erben über (Lohn- und Gehaltsansprüche). Zu den Ansprüchen des Erben gehören auch Aktienoptionen des Unternehmens – die Entscheidung über die Ausübung der Option obliegt dem Erben. Leistungsprämien und Gratifikationen, die als mittelbares Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung gewährt werden, entstehen anteilig auf den Todestag berechnet und gehen ebenfalls auf den Erben über.

Eine Entgeltfortzahlung an die Witwe/den Witwer über den Tod des Arbeitnehmers hinaus ist nicht vorgesehen. Sie lässt sich in aller Regel auch nicht aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers herleiten.

Höchstpersönlicher Anspruch des Arbeitnehmers

Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) handelt es sich bei einem Urlaubsanspruch um einen höchstpersönlichen Anspruch des Arbeitnehmers, der weder übertragbar noch vererblich ist. Daraus folgte, dass Urlaubsansprüche bzw. Abgeltungsansprüche für nicht genommenen Urlaub verfallen, wenn der Arbeitnehmer verstirbt.

Sofern Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen bei Tod des Arbeitnehmers dennoch die Zahlung eines Betrags in Höhe der Urlaubsabgeltung an Ehegatten oder unterhaltsberechtigte Angehörige vorsahen, wurden entsprechende Zahlungen demnach nicht als sozialversicherungsrechtlich relevantes Arbeitsentgelt behandelt, da dieser Anspruch als originärer Anspruch der Ehegatten oder unterhaltsberechtigten Angehörigen gegen den Arbeitgeber angesehen wurde, der nicht mehr dem Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden konnte.

Anspruch auf Urlaubsabgeltung entfällt nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat hingegen im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens die Rechtsauffassung vertreten, dass der arbeitsrechtliche Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Todes des Arbeitnehmers verfällt (Urteil vom 12.06.2014, Az.: C-118/13) und anderslautende einzelstaatliche Rechtsvorschriften über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung entgegenstehen.

Voraussetzung für eine etwaige beitragsrechtliche Neubewertung der betreffenden Urlaubsabgeltungen war jedoch zunächst die unionsrechtskonforme Anpassung der bisherigen Rechtsprechung des BAG vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGHs.

Die unionsrechtskonforme Anpassung der nationalen Rechtsprechung ist u. a. mit dem BAG-Urteil vom 22.01.2019 (Az.: 9 AZR 45/16) erfolgt. Der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub begründet nicht nur einen Freistellungsanspruch, sondern auch einen Anspruch auf Bezahlung, der den Anspruch auf Freistellung und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs behandelt. Die Vergütungskomponente des Anspruchs auf bezahlten Urlaub ist dabei im bestehenden Arbeitsverhältnis fest mit dem Freistellungsanspruch verbunden. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht zwar der Freistellungsanspruch unter, die Vergütungskomponente des Urlaubsanspruchs bleibt jedoch als Abgeltungsanspruch bestehen. Dieser Vergütungsanspruch ist noch während des Arbeitsverhältnisses bei dem Arbeitnehmer entstanden; er ist dementsprechend als (einmalige) Einnahme aus der Beschäftigung anzusehen.

Nicht mehr nach den steuerlichen Merkmalen des verstorbenen Arbeitnehmers

Arbeitslohn, der nach dem Tod des Arbeitnehmers gezahlt wird, darf grundsätzlich unabhängig vom Rechtsgrund der Zahlung nicht mehr nach den steuerlichen Merkmalen des Verstorbenen versteuert werden.

Urlaubs- und Überstundenabgeltung
Urlaubs- und Überstundenabgeltung

Bei laufendem Arbeitslohn, der im Sterbemonat oder für den Sterbemonat gezahlt wird, kann der Steuerabzug aus Vereinfachungsgründen noch nach den steuerlichen Merkmalen des Verstorbenen vorgenommen werden. Die Lohnsteuerbescheinigung ist jedoch auch in einem solchen Fall für den Erben auszustellen und zu übermitteln.

Zahlt der Arbeitgeber beispielsweise eine Urlaubsabgeltung an einen Erben oder einen Hinterbliebenen aus, ist der Lohnsteuerabzug nur nach dessen Besteuerungsmerkmalen durchzuführen. Steuerlich werden diese zu Arbeitnehmern. Gegebenenfalls ist die Steuerklasse VI zu berücksichtigen.

Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung

Vor diesem Hintergrund halten die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung seit dem 20.11.2019 an ihrer bisherigen Auffassung nicht weiter fest. Urlaubsabgeltungen nach Beendigung der Beschäftigung durch Tod des Arbeitnehmers erfüllen einen während der Beschäftigung erworbenen Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers und sind somit als Arbeitsentgelt zu werten.

Diese Urlaubsabgeltungen stellen einmalig gezahltes Arbeitsentgelt dar und unterliegen der Beitragspflicht.

Ulrich Frank, Sozialversicherungsfachwirt und Wirtschaftsjournalist

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