Payroll der Zukunft : Beschäftigung von Studierenden und Praktikanten
Studierende sind in den Betrieben eine wichtige Ressource zur Gewinnung von Arbeits- und Fachkräften. Die Vielfalt an Beschäftigungsmöglichkeiten (Minijob, Praktikum, Werkstudierende etc.) ist für das Personalmanagement kaum noch zu überschauen. Die Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen ist daher von hoher Bedeutung. Denn eine falsche sozialversicherungsrechtliche Beurteilung birgt erhebliche Beitragsrisiken und kann Nachforderungen für den Arbeitgeber zur Folge haben.
Arbeits- und steuerrechtliche Bestimmungen
Grundsätzlich können Studierende aus arbeitsrechtlicher Sicht wie Arbeitnehmer beschäftigt werden. Sie haben dann Anspruch auf den Mindestlohn (Mindestlohngesetz, Tarifvertrag), den gesetzlichen Mindesturlaub (Bundesurlaubsgesetz) in Verbindung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie den europarechtlichen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs. Ebenso haben sie Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit (Entgeltfortzahlungsgesetz). Daneben gelten die allgemeinen Vorschriften zur individuellen (ELStAM) und pauschalen Besteuerung von Arbeitslohn. Somit sind die gesetzlichen Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts zu beachten.
Absolventen zur Erstellung der Abschlussarbeit
Arbeitgeber stellen im Rahmen der Erstellung von Abschlussarbeiten neben Diplomanden zunehmend auch Absolventen der Bachelor- und Masterstudiengänge ein. Sofern die Absolventen eines Studiengangs (Bacheloranden, Diplomanden, Masteranden) während der Zeit im Betrieb neben ihrer Abschlussarbeit keine für den Betrieb verwertbare Arbeitsleistung erbringen, gehören sie daher nicht zu den Beschäftigten; Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht kommt deshalb für sie nicht in Betracht. Zu einer anderen Beurteilung gelangt man in den Fällen, wo der Absolvent in den betrieblichen Ablauf (z.B.: Projektgruppe) eingebunden ist und die Ergebnisse der Abschlussarbeit relevant für ein betriebliches Projekt sind.
Doktoranden
Personen, die bereits über einen Hochschulabschluss verfügen und dann zur Promotion weiterhin an einer Hochschule eingeschrieben sind, befinden sich jedenfalls in diesem Studiengang nicht mehr in der wissenschaftlichen Ausbildung. Nehmen diese Doktoranden sodann eine Beschäftigung auf, sind die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit von beschäftigten Studierenden nicht anzuwenden, sodass grundsätzlich Versicherungspflicht als Arbeitnehmer in allen Zweigen der Sozialversicherung besteht (vgl. Bundessozialgericht, 23.03.1993 – 12 RK 45/92).
Dual Studierende
Das duale Studium verbindet die betriebliche Aus- und Weiterbildung oder bisherige Berufstätigkeit mit einem theoretischen Hochschulstudium. Dual Studierende werden daher aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht regelmäßig wie betriebliche Auszubildende beurteilt.
Geringfügig entlohnte Beschäftigung (Minijob)
Wird regelmäßig gearbeitet und beträgt das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt nicht mehr als 520 Euro, dann liegt eine sogenannte „geringfügig entlohnte Beschäftigung“ bzw. ein Minijob vor. Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber Pauschalabgaben zur Sozialversicherung an die Knappschaft entrichtet. Dies sind 15 Prozent des Arbeitsentgelts für die gesetzliche Rentenversicherung und 13 Prozent für die gesetzliche Krankenversicherung. Die Pauschale zur Krankenversicherung entfällt, sofern eine private Krankenversicherung des Beschäftigten besteht und hierüber ein Nachweis vorliegt. Geringfügig Beschäftigte sind zwar pflichtversichert zur gesetzlichen Rentenversicherung und müssen folglich als Eigenbetrag die Differenz zum gesetzlichen Pflichtbeitrag zahlen. Sie haben aber die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) befreien zu lassen. Dies gilt dann einheitlich für alle ausgeübten Minijobs.
Kurzfristig beschäftigte Studierende
Ist das Arbeitsverhältnis eines Studierenden auf Grundlage eines Rahmenvertrags von vornherein auf drei Monate bzw. 70 Arbeitstage pro Kalender- oder Zeitjahr befristet, dann ist der Studierende unabhängig von der Höhe der Vergütung und der Arbeitszeit frei von der Sozialversicherung und es fallen keinerlei gesetzlichen Sozialabgaben an. Im Rahmen einer kurzfristigen Beschäftigung kann ein Studierender also auch während des Semesters 30 oder 40 Stunden pro Woche arbeiten, ohne seinen Status als „ordentlich“ Studierender zu verlieren und sozialversicherungspflichtig zu werden. Wird diese Grenze überschritten, weil zum Beispiel im Laufe des Jahres mehrere kurzfristige Beschäftigungen ausgeübt werden oder weil ein Ferienjob verlängert wird, tritt ab diesem Zeitpunkt Rentenversicherungspflicht ein. Es ist daher schon bei Beginn einer neuen Beschäftigung regelmäßig zu prüfen, ob diese zusammen mit den bereits im laufenden Kalenderjahr ausgeübten kurzfristigen Beschäftigungen die oben genannten Zeitgrenzen überschreitet. Kurzfristige Beschäftigungen sind ausgeschlossen, wenn die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird. Bei Studierenden entfällt die diesbezügliche Prüfung, da sie – noch – nicht zum Personenkreis der Erwerbstätigen zählen bzw. dem Arbeitsmarkt noch nicht dauerhaft zur Verfügung stehen.
Pflichtpraktikum
Vorgeschriebene Praktika vor oder nach dem Studium sind wie Ausbildungsverhältnisse zu behandeln und damit sozialversicherungspflichtig in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Wird ein Zwischenpraktikum absolviert, besteht Versicherungsfreiheit in allen vier Zweigen.
Freiwilliges Praktikum
Freiwillige Praktika vor oder nach dem Studium sind nach den allgemeinen Vorschriften zu beurteilen, hier gibt es keine besonderen Bestimmungen. Sie sind wie Minijobs zu behandeln, wenn die Vergütung nicht über der Geringfügigkeitsgrenze von 520 Euro liegt. Alternativ kann eine kurzfristige Beschäftigung vorliegen, wenn die Zeitgrenzen (drei Monate und 70 Tage) im Kalenderjahr eingehalten werden. Werden diese Grenzen überschritten, besteht Sozialversicherungspflicht wie bei einer normalen Beschäftigung. Absolviert ein Studierender ein freiwilliges Zwischenpraktikum und erhält dafür eine Vergütung, so gelten für die Sozialversicherung die allgemeinen Regelungen für beschäftigte Studierende.
Werkstudierendenprivileg
Liegt weder eine entgeltgeringfügige (Minijob) noch eine zeitgeringfügige (kurzfristige) Beschäftigung vor, sind Studierende als Arbeitnehmer grundsätzlich versicherungspflichtig. Als beschäftigte Studierende (sogenannte Werkstudierende) sind sie allerdings unter bestimmten Voraussetzungen in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei und in der Pflegeversicherung nicht versicherungspflichtig. Damit das Werkstudierendenprivileg anwendbar ist, müssen im Wesentlichen drei Voraussetzungen erfüllt sein:
- der Status als ordentlich Studierender,
- Immatrikulation an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule sowie
- die Beschäftigung „neben“ dem Studium (20-Wochenstunden-Grenze). Die Hochschulausbildung endet mit Ablauf des Monats, in dem die Studierenden vom Gesamtergebnis der Prüfungsleistung schriftlich unterrichtet worden sind.
Beispiel
Ein Unternehmen beschäftigt eine Studierende, die ihre letzte schriftliche Prüfung am 30.04.2023 absolviert. Sie erhält das Prüfungsergebnis am 15.06.2023. Die Studierende gilt nach den Vorgaben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung bis zum 30.06.2023 als „Werkstudierende“.
Wöchentlich mehr als 20 Stunden nur bei Befristung!
Bei Beschäftigungen am Wochenende sowie in den Abend- und Nachtstunden kann Versicherungsfreiheit auch bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden bestehen, wenn Zeit und Arbeitskraft des Studierenden noch überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden. Davon gehen die Spitzenorganisationen aber nicht mehr aus, wenn eine solche Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden ohne zeitliche Befristung ausgeübt wird oder auf einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen befristet ist. Ein Studierender darf seine Beschäftigung auf mehr als 20 Stunden in der vorlesungsfreien Zeit (Semesterferien) ausweiten. Die Beschäftigungsdauer bei demselben oder verschiedenen Arbeitgebern darf aber nicht über 182 Kalendertage bzw. 26 Wochen im Zeitjahr hinausgehen.
Beispiel
Ein Studierender nimmt am 01.04.2023 eine unbefristete Beschäftigung (25 Std. pro Woche) auf. Davon werden 7 Stunden nur am Wochenende abgeleistet.
Die Versicherungsfreiheit ist ausgeschlossen, weil bei Aufnahme der unbefristeten Beschäftigung absehbar ist, dass sie über einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen im Umfang von mehr als 20 Std./Woche ausgeübt werden wird.
Studierende effizient beschäftigen
Studierende stellen eine wichtige Zielgruppe dar, um den immensen Fach- und Führungskräftebedarf auch künftig zu befriedigen. Die Kenntnis der Vielzahl an Beschäftigungsmöglichkeiten ist daher wichtig, um dieser Gruppe attraktive Einstiegsmöglichkeiten zu bieten, und sie ist notwendig für eine rechtssichere Anwendung in der betrieblichen Praxis. Das Personalmanagement muss die gesetzlichen Bestimmungen im Rahmen der Compliance beherrschen und diese in der Praxis kostenschonend anwenden. Damit werden für den Arbeitgeber Haftungsrisiken reduziert, zudem werden die drohende Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie eine mögliche Versteuerung im Rahmen von Betriebsprüfungen vermieden.
Raschid Bouabba, MCGB GmbH