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Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten : Saisonbeschäftigte – was Arbeitgeber wissen müssen

Jedes Jahr kommen viele Saisonbeschäftigte aus dem Ausland nach Deutschland. Daneben gibt es aber auch Saisonbeschäftigte aus dem Inland. Sie arbeiten für eine befristete Zeit z.B. in der Landwirtschaft, in Eiscafés oder in der Feriensaison in Hotels. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit wichtigen sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten dieser Beschäftigten.

Lesezeit 5 Min.

Bei einem Saisonbeschäftigten handelt es sich nach § 188 Abs. 4 Satz 6 Sozialgesetzbuch (SGB) V um einen Arbeitnehmer, der vorübergehend für eine versicherungspflichtige auf bis zu acht Monate befristete Beschäftigung nach Deutschland gekommen ist, um einen

  • jahreszeitlich bedingten,
  • jährlich wiederkehrenden,
  • erhöhten Arbeitskräftebedarf

des Arbeitgebers abzudecken.

Neben den im SGB V erwähnten versicherungspflichtigen Saisonbeschäftigten aus dem Ausland gibt es in Deutschland aber auch ausländische Mitarbeiter, die versicherungsfrei sind oder dem Sozialversicherungsrecht ihres Heimatstaats unterliegen, sowie deutsche Saisonbeschäftigte, die versicherungspflichtig oder versicherungsfrei sein können.

Kurzfristige Beschäftigung von Saisonbeschäftigten

Werden Saisonbeschäftigte kurzfristig beschäftigt, sind sie sozialversicherungsfrei und auch beitragsfrei. Arbeitgeber haben ggf. nur die Umlage U1 (Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit) sowie die Umlagen U2 (Ausgleichsverfahren bei Mutterschaft) und die Insolvenzgeldumlage zu entrichten. Die Umlage U1 entfällt allerdings, wenn das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf vier Wochen begrenzt ist.

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV liegt eine kurzfristige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung auf maximal drei Monate oder 70 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres nach ihrer Eigenart oder im Voraus vertraglich begrenzt ist. Übersteigt das regelmäßige Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung die Geringfügigkeitsgrenze – diese beträgt seit dem 01.10.2023 520 Euro pro Monat –, darf die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt werden.

Eine Beschäftigung wird berufsmäßig ausgeübt, wenn sie für den Betroffenen nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.10.1960, 3 RK 31/56, SozR Nr. 1 zu § 166 Reichsversicherungsordnung (RVO)).

Saisonbeschäftigte
Saisonbeschäftigte

Aufgrund ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können Arbeitgeber davon ausgehen, dass Berufsmäßigkeit z. B.

  • neben einer versicherungspflichtigen (Haupt-)Beschäftigung regelmäßig ausgeschlossen werden kann
  • sich aufgrund des Erwerbsverhaltens des Arbeitnehmers ergeben kann, z. B. ist eine Beschäftigung zwischen Schulentlassung und Beginn einer Berufsausbildung oder bei Überschreitung der Zeitgrenzen einer kurzfristigen Beschäftigung berufsmäßig;
  • oder bereits im Status des Arbeitnehmers begründet sein kann, so ist

– eine befristete Beschäftigung neben der Elternzeit oder während eines unbezahlten Urlaubs mit einem Arbeitsentgelt über 520 Euro pro Monat berufsmäßig

– bei Beschäftigungslosen, die bei der Arbeitsagentur für eine mehr als kurzfristige Beschäftigung als Ausbildungs- oder Arbeitssuchend gemeldet sind, ist eine befristete Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt über 520 Euro pro Monat berufsmäßig

Bei ausländischen Saisonbeschäftigten wird eine Beschäftigung während eines unbezahlten Urlaubs immer als berufsmäßig ausgeübt beurteilt. Dies gilt auch für Arbeitslose aus dem Ausland, wenn diese einer Saisonbeschäftigung in Deutschland nachgehen. Bei hauptberuflich beschäftigten ausländischen Saisonbeschäftigten werden i. d. R. nur bis zu vier Wochen Jahresurlaub als nicht berufsmäßig anerkannt. Längere Zeiten werden ggf. nur gegen einen besonderen Nachweis akzeptiert.

Die Zeiten aus mehreren kurzfristigen Beschäftigungen während eines Kalenderjahres sind zusammenzurechnen. Dabei treten an die Stelle der drei Monate 90 Kalendertage. Volle Kalendermonate werden mit 30 Kalendertagen und Teilmonate mit den tatsächlichen Kalendertagen berücksichtigt. Umfasst ein Zeitraum keinen Kalender-, aber einen Zeitmonat, ist dieser ebenfalls mit 30 Kalendertagen zu berücksichtigen.

Beschäftigungen, die im Vorjahr begonnen haben, werden bei der Zusammenrechnung nur mit der im laufenden Kalenderjahr liegenden Beschäftigungszeit berücksichtigt.

Werden durch eine Zusammenrechnung mehrerer kurzfristiger Beschäftigungen die o. g. Zeitgrenzen überschritten, handelt es sich um eine regelmäßige und damit nicht mehr um eine kurzfristige Beschäftigung. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob eine geringfügig entlohnte Beschäftigung (Minijob) vorliegt.

Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten

Grundsätzlich gelten für Saisonarbeitskräfte die gleichen versicherungsrechtlichen Regelungen wie für andere Beschäftigte. Allerdings gibt es – je nach Herkunftsland – eine Reihe von sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten.

EWR-Staaten und Schweiz

Nach Artikel 11 der EU-Verordnung 883/2004 ist bei einer Beschäftigung in mehreren EU-Staaten immer nur ein Land für die Sozialversicherung zuständig. Eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt i. d. R. den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

In Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer aus den EU-Mitgliedstaaten, Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz unterliegen damit in allen Sozialversicherungszweigen den deutschen Rechtsvorschriften. Grundsätzlich gelten die deutschen Rechtsvorschriften z. B. auch für geringfügig Beschäftigte, bei denen keine Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung eintritt.

Allerdings gibt es hiervon einige Ausnahmen. Diese betreffen insbesondere ausländische Arbeitnehmer, die

  • von einem ausländischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt werden oder
  • gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten beschäftigt und überwiegend im Wohnmitgliedstaat tätig sind oder
  • selbstständig erwerbstätig sind und einen wesentlichen Teil der selbstständigen Tätigkeit im Wohnmitgliedstaat ausüben oder
  • aufgrund einer Ausnahmevereinbarung den Rechtsvorschriften eines anderen Staates unterliegen.

Für diese Personen gelten nicht die deutschen Rechtsvorschriften. Dies ist allerdings jeweils mit einer A1-Bescheinigung nachzuweisen.

Sind die Saisonbeschäftigten aus den EWR-Staaten oder der Schweiz sowohl in ihrem Heimatstaat als auch in Deutschland tätig, ist daher i. d. R. das Recht des Wohnstaates anzuwenden. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Betroffene während eines bezahlten Urlaubs eine Saisonbeschäftigung in Deutschland ausübt. Die Zuordnung zum Rechtssystem des Wohnstaats ist durch eine A1-Bescheinigung nachzuweisen.

Übt dagegen eine im EWR-Ausland oder in der Schweiz beschäftigte Person während eines unbezahlten Urlaubs eine Saisonarbeit in Deutschland aus, ist davon auszugehen, dass die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit gelten. Gleiches gilt für Nicht-Erwerbstätige (Studenten, Rentner etc.).

Kommen Selbstständige aus dem Ausland, um als Saisonarbeitskräfte zu arbeiten, kann es sich um eine Entsendung handeln. Solange die Beschäftigung keine 24 Monate überschreitet, gilt das Sozialversicherungsrecht des Heimatstaates. Allerdings muss der Selbstständige als Saisonbeschäftigter in derselben Branche arbeiten, in der er auch als Selbstständiger tätig ist. So kann z. B. ein in einem EU-Mitgliedstaat selbstständiger Landwirt eine Saisonbeschäftigung als Erntehelfer in Deutschland aufnehmen. Saisonarbeitskräfte mit einer A1-Bescheinigung sind nicht in das Verfahren zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz eingebunden.

Saisonbeschäftigte 3
Saisonbeschäftigte 3

Abkommensstaaten

Deutschland hat mit verschiedenen Staaten bilaterale Sozialversicherungsabkommen geschlossen. Ist in einem derartigen Abkommen eine Regelung enthalten, nach der immer nur ein Vertragsstaat für bestimmte Sozialversicherungszweige zuständig ist, gelten die für die EWR-Staaten und die Schweiz beschriebenen Regelungen. Dies gilt aber nur für die im Abkommen genannten Sozialversicherungszweige. Für die anderen Versicherungszweige ist ausschließlich das deutsche Recht anzuwenden.

Der ausländische Saisonarbeitnehmer weist die Weitergeltung des ausländischen Rechts in den betroffenen Sozialversicherungszweigen während der Saisonbeschäftigung mit einer Bescheinigung des zuständigen ausländischen Versicherungsträgers nach.

Drittstaaten

Für Saisonarbeitskräfte aus Drittstaaten gilt das deutsche Sozialversicherungsrecht. Sie sind grundsätzlich versicherungspflichtig in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Werden sie kurzfristig beschäftigt, sind sie sozialversicherungsfrei und beitragsfrei.

Meldungen zur Sozialversicherung

Für die Meldungen zur Sozialversicherung gelten für Saisonbeschäftigte, die dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegen, die üblichen Vorschriften. Es gibt jedoch einige Besonderheiten. Arbeitgeber melden sozialversicherungspflichtig beschäftigte Saisonbeschäftigte bei der jeweiligen Krankenkasse mit dem gesetzten Kennzeichen für Saisonbeschäftigte an. Dieses Kennzeichen ist nicht bei der Anmeldung eines kurzfristig beschäftigten Saisonbeschäftigten bei der Minijob-Zentrale zu setzen.

Pamela van den Hövel

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