Digitalisierung : Digitalisierung in der Ausbildung
Die Digitalisierung macht auch vor der Ausbildung nicht halt. Neue Formen, neue Möglichkeiten der Ausbildung können von den Unternehmen und Berufsschulen genutzt werden. Nur – was genau ist eigentlich „digitale Ausbildung“? Jeder versteht etwas anderes darunter.
Während einige Unternehmen stolz von „ihrer“ Digitalisierung berichten, die sich auf die Ausstattung der Azubis mit Tablet-Computer und/oder Smartphone beschränkt, sind andere schon weiter und erstellen neue Medien, arbeiten mit neuen Formaten.
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die aktuelle Entwicklung und die schon bestehenden (und kommenden) Möglichkeiten, die neuen Techniken auch für die Ausbildung zu nutzen.
Smartphone und Co.
Als Basis ist ein mobiles Gerät nicht zu verachten. Ein Tablet bietet die Möglichkeit, größere Mengen an Informationen zu speichern und immer dabei zu haben. Hinzu kommt die Möglichkeit, im Internet zu recherchieren und sich so zusätzliche Informationen zu beschaffen. Gerade in bisher „papierlastigen“ Berufen eine große Ersparnis. Zumal die Informationen durch regelmäßige Updates stets aktuell gehalten werden können und das sonst übliche Austauschen von Unterlagen erspart wird.
Die Geräte können aber noch viel mehr. Problem dabei: Die erforderlichen Programme oder Apps müssen zum großen Teil erst entwickelt werden. Zwar gibt es inzwischen einige Angebote am Markt, diese sind aber zum Teil nicht branchenspezifisch und schon gar nicht auf die individuellen Belange des einzelnen Unternehmens abgestimmt. Die Entwicklung solcher Angebote lohnt sich aber! Für kleinere Unternehmen wäre in vielen Fällen der Aufwand zu hoch, hier sind die Kammern und Verbände gefragt.
Lernsoftware
Das Angebot an Lernsoftware ist in einigen, insbesondere kaufmännischen Bereichen schon recht ansehnlich. Der Ausbilder muss bei der Auswahl allerdings selbst prüfen, welches Angebot für seinen Bedarf und seine Azubis am besten ist.
Die Themen und Vorgehensweisen sind vielfältig. Neben klassischen Angeboten, die sich auf Informationsvermittlung durch das Lesen und anschließendes Abfragen oder Übungsaufgaben beschränken, gibt es Angebote mit Lernvideos, Tutorials mit Avataren, Lernspielen und anderen didaktischen Angeboten.
Virtual Reality/Augmented Reality
Recht neu und längst nicht flächendeckend sind Angebote im Bereich VR (Virtual Reality) und AR (Augmented Reality). Dabei wird dem Lernenden mittels einer entsprechenden Brille eine künstliche Realität vorgespielt.
Bei VR handelt es sich in der Regel um komplett künstliche Welten, in die der Nutzer mittels Brille eintaucht und sich dort frei „bewegen“ kann. Mit weiteren Hilfsmitteln wie z. B. Datenhandschuhen kann er innerhalb dieser Welt Manipulationen vornehmen. So kann beispielsweise ein angehender Kfz-Mechatroniker lernen, wie man eine Zylinderkopfdichtung wechselt. Das System zeigt ihm etwa durch Überblendung die Reihenfolge an, in der die entsprechenden Schrauben gelöst werden müssen. So kann er die Abläufe immer wieder üben, ohne an einem „echten“ Motor Schaden anzurichten. Solche Beispiele lassen sich fast beliebig erweitern. Inzwischen üben sogar Medizinstudenten Operationen im VR-Bereich.
Der Unterschied zu AR liegt darin, dass hier das wirkliche Bild überblendet werden kann. So sieht beispielsweise der Azubi durch eine (durchsichtige) Brille den Motor vor sich. Der Ausbilder – an einem beliebigen anderen Ort – sieht auf seinem Bildschirm dasselbe Bild. So kann er dem Azubi entweder über Audio-Verbindung Tipps geben oder Hinweise in Form von Pfeilen oder Markierungen auf dem Bild einblenden. So sieht der Azubi in seiner Brille neben dem realen Bild den entsprechenden Hinweis seines Ausbilders. Diese Technik wird im Übrigen nicht nur in der Ausbildung, sondern inzwischen auch beispielsweise bei Kundendiensttechnikern genutzt, wenn diese mit einem Problem nicht allein zurechtkommen und Unterstützung von einem Spezialisten benötigen. Dieser muss dann nicht extra mit zum Kunden fahren, sondern kann aus seinem Büro die benötigte Unterstützung leisten.
In diesem Bereich sind die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft. Vereinzelt gibt es schon Anwendungen, bei denen das System erkennt, vor welcher Maschine der Monteur steht, und ihm direkt Hinweise für einen Test oder eine Reparatur geben kann. Hier ersetzt künstliche Intelligenz den Spezialisten im Hintergrund.
Prüfungsvorbereitung
Die elektronische Prüfungsvorbereitung ist in einigen Bereichen schon Standard und wird für immer mehr Bereiche erschlossen. Der Vorteil dabei ist, dass zum einen eine Vielzahl von (früheren) Prüfungsaufgaben für jedermann verfügbar ist, zum anderen kann der Azubi lernen, wann und wo er möchte. Einige Systeme lassen zudem eine Überwachung durch den Ausbilder zu, der so die Ergebnisse, die Fortschritte und auch den Fleiß seiner Azubis überprüfen kann.
Besonderer Vorteil ist die unmittelbare Rückmeldung vom System an den Azubi, in einigen Fällen verbunden mit einer gezielten Wiederholung des Stoffes. Auch können die Lernfortschritte dokumentiert und Schwächen gezielt durch Wiederholungen ausgeglichen werden.
Einige Anbieter bieten komplette Videotutorials zu allen prüfungsrelevanten Themen – bisher allerdings eher im kaufmännischen Bereich. Die Nutzung solcher Angebote kann den Ausbilder erheblich entlasten. Er muss allerdings darauf achten, dass die Lernsequenzen von den Azubis auch wirklich absolviert werden.
Organisatorisches
Weitere Entlastung für den Ausbilder – aber auch für den Azubi – bieten weitere elektronische Möglichkeiten. In einigen Bereichen besteht bereits die Möglichkeit, das Berichtsheft elektronisch zu führen. Allerdings gibt es bei einigen Kammern noch Akzeptanzprobleme der elektronischen Lösung. In einigen Fällen müssen die elektronisch geführten Berichtshefte am Ende ausgedruckt und der Kammer doch in Schriftform zur Verfügung gestellt werden. Das dürfte aber hoffentlich ein auslaufendes Modell sein und bald der Vergangenheit angehören.
Wer für die Versetzungsplanung einer größeren Anzahl von Azubis verantwortlich ist, kennt das Problem: Alle Abteilungen sollen oder müssen berücksichtigt werden, Plätze sind aber nicht erweiterbar, Urlaube und Krankheitszeiten müssen beachtet werden und, und, und.
Dafür gibt es inzwischen elektronische Unterstützung. Einmal eingepflegt, beachtet das Programm die verfügbare Zahl an Ausbildungsplätzen, achtet darauf, dass jeder Azubi auch überall einmal hinkommt, macht Änderungen einfach und sorgt insgesamt für einen schnellen Überblick.
Programme können bei der Kommunikation zwischen Ausbilder und Azubis, aber auch der Azubis untereinander helfen. Aufgaben können gestellt und deren pünktliche Abarbeitung ohne Mühe vom Ausbilder überwacht werden (bei Verspätungen erhält er eine E-Mail). Azubis können gemeinsam an einem Projekt arbeiten, selbst wenn sie in verschiedenen Dependancen sitzen.
Ein Zeugnisgenerator, der aus vielfältigen Bausteinen ein rechtssicheres Zeugnis erstellt, rundet die Möglichkeiten ab.
All diese Features erleichtern dem Ausbilder die Arbeit, insbesondere die administrativen Aspekte, und schaffen ihm so Freiraum für seine eigentliche Aufgabe – die Ausbildung.
Lehrfilme
Viele Lerninhalte können am besten visuell vermittelt werden. Dafür stehen inzwischen viele Filme zur Verfügung. Eine mögliche Quelle ist natürlich YouTube, wobei der Ausbilder die Herkunft und Qualität der Filme prüfen sollte, bevor er sie seinen Azubis empfiehlt.
Lehrfilme zu speziellen Themen, etwa zum Arbeitsschutz, finden sich bei den Berufsgenossenschaften und auf entsprechenden Portalen (z. B. www.arbeitsschutzfilm.de).
Fazit/Ausblick
Die duale Ausbildung kommt um die Entwicklung und Nutzung von digitalen Angeboten nicht herum. Für eher allgemeine Anwendungen gibt es bereits zahlreiche Angebote, die auch von kleinen und mittleren Unternehmen genutzt werden können. Spezielle Inhalte für einzelne Ausbildungsberufe sind noch nicht immer in ausreichendem Maße verfügbar. Hier werden Kammern und Verbände noch einige Arbeit leisten müssen, damit auch kleine Unternehmen, die solche Inhalte nicht selbst erstellen können, profitieren können.