Sozialversicherung : Rentenreform und Grundrente im Blick
Demografische Rentenreform
In Kraft | Geplant |
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Alterseinkünftegesetz (nachgelagerte Besteuerung) | Grundrente |
Regelaltersrenten-Anpassungsgesetz (Rente mit 67) | Online-Rentencheck |
Neue Grundrente ab 2021 geplant
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Wahlperiode sieht die Einführung einer „Grundrente“ vor. Der Vertragstext von 2017 bis 2021 führt aus: „Die Lebensleistung von Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt haben, soll honoriert und ihnen ein regelmäßiges Alterseinkommen 10 Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs zugesichert werden. Die Grundrente gilt für bestehende und zukünftige Grundsicherungsbezieher, die 35 Jahre an Beitragszeiten oder Zeiten der Kindererziehung bzw. Pflegezeiten aufweisen. Voraussetzung für den Bezug der ‚Grundrente‘ ist eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung. Die Abwicklung der Grundrente erfolgt durch die Rentenversicherung. Bei der Bedürftigkeitsprüfung arbeitet die Rentenversicherung mit den Grundsicherungsämtern zusammen.“
Modell Grundrente im Blick
Im Modell der Grundrente soll die Lebensleistung durch eine Aufstockung auf 10 Prozent oberhalb des Grundsicherungsniveaus (Sozialhilfe) anerkannt werden. Strittig ist, ob dies mit oder ohne Bedürftigkeitsprüfung erfolgen soll. Hier werden die traditionellen Grenzen der Parteien wieder sichtbar. Die sozialdemokratische Seite favorisiert einen gesetzlichen Anspruch (Rente) ohne Bedürftigkeitsprüfung, wie das im System der sozialen Sicherung (Arbeitslosengeld, Krankengeld) typisch ist. Die christlich-demokratische Seite begreift die Thematik im Sinne einer Fürsorgeleistung, deren Gewährung an den Nachweis der individuellen Bedürftigkeit geknüpft ist.
Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung (Versicherung)
Dagegen bereitet die technische Umsetzung geringe Probleme, denn die Deutsche Rentenversicherung verfügt im erstgenannten Sinne bereits heute über alle Daten, um die Versicherten mit einem grundsätzlichen Anspruch eindeutig zu identifizieren. Sie kennt entsprechend den Vorgaben des Rentenrechts (§ 36 Satz 1 Nr. 2, § 236 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI), dass für eine Altersrente für langjährig Versicherte 35 Jahre (das sind 420 Monate) an versicherungsrechtlichen Mindestversicherungszeiten (sog. Wartezeiten) erfüllt sein müssen. Hierunter fallen Beitragszeiten (Arbeitnehmer, pflichtversicherte Selbständige etc.), beitragsfreie Zeiten (Arbeitsunfähigkeit, Mutterschutz etc.) und Berücksichtigungszeiten (Kindererziehung, Pflege etc.).
Grundrente mit Bedürftigkeitsprüfung (Fürsorge)
Der Leistungsbezug im Sozialrecht beinhaltet eine Bedürftigkeitsprüfung. Leistungen der Grundsicherung im Alter setzen das Erreichen der Regelaltersgrenze voraus (2019: 65 Jahre und acht Monate, ab 2031: 67 Jahre für Geburtsjahrgänge ab 1964). Sofern am Ende nicht auch die Grundrentenberechtigung an das Erreichen der Regelaltersgrenze gebunden wird, wäre eine entsprechende Freibetragsregelung auch für die Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII) sowie im Rahmen des SGB II erforderlich.
Wodurch entstehen niedrige gesetzliche Renten?
Ursächlich für niedrige Renten sind neben fehlenden Versicherungsjahren die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Hierunter fallen die Arbeitslosigkeit, der Niedriglohnsektor sowie die Teilzeitarbeit. In der Diskussion wird deutlich, dass künftig auch die individuelle Arbeitszeit berücksichtigt werden muss und nicht nur die Höhe der Arbeitseinkünfte. So wird bei der Grundrente gefordert, den zeitlichen Umfang der Leistung genauso zu berücksichtigen wie die Jahre der Beitragsleistung. Dies könnte etwa dadurch erfolgen, dass die Arbeitgeber künftig in die Jahresmeldung (DEÜV) nicht nur das beitragspflichtige Entgelt (=Bemessungsgrundlage für Rentenbeiträge), sondern zusätzlich eine Information zur Arbeitszeit übermitteln sollten.
Rente 4.0
Derzeit findet deutschlandweit eine Diskussion in allen Bereichen darüber statt, ob eine von der Mehrheit der Bürger gewünschte Grundrente mit oder ohne Bedürftigkeitsprüfung gewährt werden soll. In dieser Situation plant die Bundesregierung einen Renten-Check im Internet. Mit wenigen Klicks soll jeder erfahren können, wie viel Geld ihm aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge im Alter zur Verfügung steht, und die Rentenlücke soll sich dort berechnen lassen. Derzeit entwickeln die zuständigen Referate im Bundesarbeitsministerium und im Bundesfinanzministerium die konzeptionellen Grundlagen für dieses Portal. Aktuell sind noch viele Fragen zu klären, unter anderem zum Datenschutz. Vielen Bürgern wird beim Betrachten der Zahlen hoffentlich nicht schwarz vor Augen werden.