Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht
Auszubildende in praxisintegrierten schulischen Ausbildungsgängen
Hinter diesem komplizierten Begriff verbergen sich Personen, die sich in einer schulischen Ausbildung für einen Beruf befinden. Dazu gehören unter anderem Auszubildende in mehreren Gesundheitsberufen, deren Ausbildung weitgehend schulisch organisiert ist. Das hat zur Folge, dass keine Sozialversicherungspflicht besteht wie bei anderen – betrieblichen – Auszubildenden. Das gilt (bisher), obwohl sie in vielen Fällen beispielsweise von Krankenhäusern oder Universitätskliniken ein tarifliches Entgelt erhalten. Das soll nun durch eine Gesetzesinitiative geändert werden. Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger haben in einer gemeinsamen Verlautbarung vom 02.04.2020 empfohlen, im Vorgriff auf die Gesetzesänderung bereits jetzt entsprechend zu verfahren und die Betroffenen als Auszubildende anzumelden.
Künstlersozialabgabe – Erleichterungen für 2020
Betriebe, die künstlerische Leistungen beauftragen, müssen die Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse entrichten. Üblicherweise muss die entsprechende Meldung bis zum 31.03. eines Kalenderjahres für das Vorjahr abgegeben werden. Mit der Meldung für 2019 können sich die Betriebe ausnahmsweise länger Zeit lassen, nämlich bis zum 30.06.2020. Dafür ist nur ein formloser Antrag an die Künstlersozialkasse zu richten. Kommt es durch die Corona-Krise zu Zahlungsschwierigkeiten, kann das Unternehmen einen formlosen, aber schriftlichen Antrag auf Stundung oder Ratenzahlung stellen (ist auch per E-Mail zulässig: abgabe@kuenstlersozialkasse.de).
Ebenso können die monatlichen Vorauszahlungen ggf. verringert werden. Auch hierfür ist lediglich ein formloser Antrag erforderlich.
Für alle Anträge ist eine kurze Begründung (z. B. Auswirkungen der Corona-Krise) abzugeben.
Sozialgericht: Bauleiter ist versicherungspflichtiger Arbeitnehmer
Zum ewigen Streit um Scheinselbstständigkeit gibt es ein neues Urteil des Sozialgerichts Dortmund (Urteil v. 10.03.2020, S 34 BA 4/19). Das Gericht erklärte einen als freiberuflich tätigen Bauleiter zum abhängigen Beschäftigten und stimmte damit der Auffassung im Rahmen der Betriebsprüfung der Rentenversicherung zu.
Einmal mehr wiesen die Richter darauf hin, dass es nicht so sehr auf die vertragliche Gestaltung und den erklärten Willen der Beteiligten ankomme, sondern stets auf die tatsächlichen Verhältnisse. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es empfiehlt sich in der Praxis, in solchen Fällen ein Statusfeststellungsverfahren über die Rentenversicherung einzuleiten, um Rechtsnachteile und insbesondere Beitragsnachforderungen durch die Betriebsprüfer zu vermeiden. Vordrucke stehen auf den Seiten der Deutschen Rentenversicherung (www.deutsche-rentenversicherung.de) zur Verfügung und können auch elektronisch abgesandt werden (Bundesweite-Clearingstelle@drv-bund.de).
Neue Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter
Arbeitnehmer: Die Verlautbarung wurde zuletzt im Jahr 2015 veröffentlicht. Mit Datum vom 18. März 2020 haben die Spitzenverbände der Sozialversicherung nun eine neue, aktualisierte Fassung herausgegeben.
Eine wesentliche Änderung betrifft Besonderheiten bei Entsendungen innerhalb verbundener Unternehmen. Verändert wurde, dass die Stellung als wirtschaftlicher Arbeitgeber innerhalb eines Konzernverbundes künftig erst dann verloren geht, wenn das Arbeitsentgelt ganz oder überwiegend (bislang: ganz oder teilweise) an das im Ausland ansässige Unternehmen weiterbelastet oder von diesem unmittelbar getragen wird. Darüber hinaus wird erstmals beschrieben, dass es sich selbst bei Auslandseinsätzen von außerhalb Deutschlands wohnenden Personen ohne vorhergehende Beschäftigung in Deutschland im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen um eine Entsendung handeln kann, wenn eine anschließende Weiterbeschäftigung bei dem entsendenden Unternehmen in Deutschland vorgesehen ist.
Die Übersicht über die Staaten mit bilateralen Sozialversicherungsabkommen wurde aktualisiert und das Antragsmuster auf Feststellung einer Entsendung im Sinne der Ausstrahlung wurde überarbeitet.

Versicherungsrechtliche Beurteilung von beruflichen Bildungsmaßnahmen
Mit dem Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung wurde eine Mindestausbildungsvergütung auch für außerbetriebliche Ausbildungen eingeführt.
Dadurch entfällt die alleinige Tragung der Beiträge durch den Träger der Einrichtung. Die Beiträge werden daher nun wie bei den Auszubildenden in der betrieblichen Berufsausbildung je zur Hälfte von den Auszubildenden und den Arbeitgebern bzw. den Trägern der Einrichtung aufgebracht.
Für vor dem 1. Januar 2020 begonnene außerbetriebliche Ausbildungen bleibt die bisherige Regelung bestehen. Zudem wurden die besonderen Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht bei außerbetrieblicher Berufsausbildung in der Rentenversicherung in die rentenversicherungsrechtlichen Regelungen zur betrieblichen Berufsausbildung integriert.
Die aktualisierte gemeinsame Verlautbarung vom 18.03.2020 ersetzt die bisherige Verlautbarung von 2017. Sie gilt für berufliche Bildungsmaßnahmen sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die ab dem 01.05.2020 begonnen haben.
Statusfeststellungsverfahren
Um Unsicherheiten und spätere Beitragsnachforderungen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber das obligatorische Statusfeststellungsverfahren für einige Personenkreise (GmbH-Gesellschafter, Familienangehörige) eingeführt.
Das Bundessozialgericht hatte festgestellt, dass auch bei einem Wechsel der Krankenkasse in der Anmeldung des Beschäftigten bei der neuen Krankenkasse ein entsprechendes Kennzeichen zu setzen und ein Statusfeststellungsverfahren durch die Deutsche Rentenversicherung Bund durchzuführen ist (Urteile vom 16.07.2019 – B 12 KR 5/18 R und B 12 KR 6/18 R).
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung sind hingegen übereinstimmend der Auffassung, dass die Urteile des Bundessozialgerichts über die entschiedenen Einzelfälle hinaus keine Anwendung finden. Dementsprechend ist für die betreffenden Beschäftigten (weiterhin) lediglich bei der erstmaligen Aufnahme der Beschäftigung, nicht jedoch bei einem späteren Wechsel der Krankenkasse ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Voraussetzung ist aber, dass zwischenzeitlich in den zugrunde liegenden Verhältnissen keine Veränderung eingetreten ist.
Quelle: Besprechung der Spitzenverbände vom 18.03.2020
Weitere Änderungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie finden Sie im folgenden Beitrag
Jürgen Heidenreich, Fachautor und Fachjournalist