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Corona-Regeln beachten : Die Payroll krisenfit machen

Kurzfristige rechtliche Änderungen rund um die Corona-Pandemie sind auch ein Belastungstest für die Softwarehersteller.

Alexander TrappePraxis
Lesezeit 5 Min.
Navigieren im digitalen Wirbel: eine Visualisierung von Streaming-Code und Daten im Cyberspace.

Die Auswirkungen des Corona-bedingten Shutdowns in Deutschland wird die Wirtschaft noch lange spüren, das steht außer Zweifel. Um die größten Härten abzumildern, hat die Politik sehr schnell reagiert und parallel zu den Einschränkungen auch Hilfspakete für die betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmer auf den Weg gebracht. Doch der politische Wille und die bereitgestellten Milliarden sorgen allein noch nicht dafür, dass die Maßnahmen die Betroffenen auch erreichen. Dazu bedarf es einer Menge Arbeit und Koordination an unterschiedlichen Stellen. Allein die Liste der kurzfristigen Beschlüsse, die Änderungen in der Lohn- und Gehaltssoftware nötig machen, ist lang (s. Kasten).

Relevante rechtliche Änderungen müssen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung immer mit Priorität A umgesetzt werden. Dabei sind in der Software zahlreiche Abhängigkeiten zu bedenken – auch im Zusammenspiel zum Beispiel mit den Programmen im Zahlungsverkehr oder bei den Sozialversicherungsträgern. Zudem ist Schnelligkeit gefragt: Häufig taucht bereits kurz nach Verabschiedung eines Gesetzes die Frage auf, ab wann die Programmanpassungen verfügbar sein werden. Ausschließlich auf Basis der Verabschiedung durch Bundestag/ Bundesrat können aber in der Regel noch keine Programmlösungen entwickelt werden. Zum Zeitpunkt der Gesetzesverabschiedung sind nämlich die genauen Umsetzungsvorgaben oder Verordnungen von Behörden und Institutionen oft noch gar nicht ausgearbeitet. Dennoch haben die Softwarehersteller natürlich den Anspruch, ihren Anwendern die neuen Programmversionen schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen.

Vom Gesetz zum Programmfeature

Welche Abläufe nötig sind, bis die Softwareentwicklung überhaupt auf eine Gesetzesänderung reagieren kann, zeigt das Beispiel der Erstattung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (SV) beim Kurzarbeitergeld auf Basis des „Gesetzes zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelung für das Kurzarbeitergeld“ sehr anschaulich: Am 13. März 2020 verkündete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier das oben genannte Gesetz, einen Tag später wurde es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und trat zum 15. März 2020 in Kraft. Weitere acht Tage vergingen, bis das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) den Referentenentwurf zur „Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit“ (Kurzarbeitergeldverordnung) vorlegte. Am 25. März wurde dann die Verordnung über die Erleichterung der Kurzarbeit durch das BMAS erlassen.

Diese Bekanntgabe, bzw. die Klarstellung an die Softwarehersteller über die Durchführungsbestimmungen der Verordnung am 3. April, waren der Startschuss für die Umsetzung in den Programmen, da erst zu diesem Zeitpunkt die neuen Formulare zum Kurzarbeitergeld (KUG) sowie die konkreten Berechnungsmodalitäten der SV-Erstattung vorlagen. Nach Verkündung des Gesetzes vergingen also ca. zwei Wochen, bis die Hersteller letztendliche Gewissheit über Details hatten. Bis dahin basierten die Programmanpassungen teilweise auf Annahmen. Einige der Anpassungen mussten so aufgrund der Klarstellung nochmals geändert werden. Eine weitere Woche später waren die Änderungen dann bereits im ersten Lohnprogramm der DATEV eG umgesetzt. Dass das so schnell geschehen kann, dafür sorgt in der Softwareentwicklung eine bewährte Maschinerie, die in der kurzfristigen Umsetzung von Gesetzesänderungen geübt ist.

Eingespieltes Teamwork

So beobachten bei DATEV Juristen permanent alle gesetzlichen Änderungen, bewerten die rechtliche Grundlage und extrahieren die Änderungen, welche Auswirkungen auf die personalwirtschaftlichen Programme haben. Diese Juristen stehen in permanentem Austausch mit den Entwicklungsteams und übersetzen die identifizierten Neuregelungen in technische Anforderungen für die Entwickler. Parallel nehmen die fachlichen Ansprechpartner Kontakt mit den entsprechenden externen Stellen auf (in diesem Fall mit der Bundesagentur für Arbeit), um Durchführungsfragen zu klären. Sobald in diesem Dialog die wichtigsten Fragen geklärt sind, beginnen die Softwareentwickler mit der Umsetzung in den Programmen.

In dieser Projektphase sind bei DATEV fünf bis acht Entwicklungsteams mit der Umsetzung beschäftigt. Wenn die ersten Programmteile fertiggestellt sind, werden diese ausgiebig getestet, denn neben der Geschwindigkeit ist natürlich die Qualität ein ebenso wichtiger Aspekt. Parallel beginnt die Planung für die Auslieferung von Releases und die Erstellung von Infomaterial für interne Abteilungen wie Außendienst und Service. Im Anschluss daran werden dann noch die Informationen und Hilfen für die Anwender erstellt, bevor die Auslieferung an die Kunden beginnen kann. Nach der Auslieferung leisten die Entwickler nötigenfalls Support bei Rückfragen von Anwendern, die nicht durch den Service oder den Außendienst beantwortet werden können.

Im Prinzip sind diese Arbeitsweisen „Business as usual“. Durch die Vielzahl und Geschwindigkeit der zumeist auch noch rückwirkend geltenden Neuregelungen wurde die Situation ab März 2020 durchaus herausfordernd. DATEV beziffert den außerordentlichen Aufwand auf ca. 30 Prozent der monatlichen Plankapazität, den das Unternehmen in der Softwareentwicklung für die Personalwirtschaftssysteme vorhält. In dieser Kalkulation sind Zeiten und Aufwendungen für zentrale Qualitätssicherung, Service und Ähnliches noch nicht einmal berücksichtigt.

Änderungen schaffen Folgeaufwand

Über die rein gesetzlichen Notwendigkeiten hinaus entstehen durch die Änderungen aber auch zusätzliche Kundenanforderungen mit dem Wunsch nach mehr Komfort und höherem Automatisierungsgrad. Zu diesen Wünschen gehören im Umfeld der Corona-bedingten Änderungen Dinge wie etwa die automatische Berechnung des Arbeitgeberzuschusses zum Kurzarbeitergeld oder die automatische Ermittlung der Höhe und der Bemessungsgrundlage für die vom Arbeitgeber allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge bei den Entschädigungen für Quarantäne oder Kita-/Schulschließung. Sie umzusetzen, ist dann die Kür, wenn die Pflicht erledigt ist. Insofern werden auch die Softwarehersteller noch ein ganze Weile mit den Corona-Änderungen zu tun haben.

Alexander Trappe, Product Owner in der Softwareentwicklung Personalwirtschaftssysteme bei der DATEV eG

Gesetze und Regelungen rund um die CoronaKrise mit Auswirkungen auf die Programme für die Lohn- und Gehaltsabrechnung

Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelung für das Kurzarbeitergeld:

  • Bereitstellung geänderter KUG-Formulare
  • Berechnung der Erstattung der SV-Beiträge
  • automatische Nachberechnung für bereits im März erstellte KUG-Anträge

Entschädigungszahlung nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG), Quarantäneentschädigung:

  • Aufnahme neuer Fehlzeiten (Pflichtenheft der ITSG)
  • neue Lohnarten zur Berechnung der vom Arbeitgeber allein zu tragenden SV-Beiträge und der Nettoentschädigung
  • Auswertung zur Unterstützung bei Antragstellung auf Erstattung der Entschädigung und der SV-Beiträge bei der Behörde
  • Kennung „Q“ für Quarantäne auf KUG-Anträgen

Entschädigungszahlung nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG), Entschädigung bei Kita- und Schulschließung:

  • Unter bestimmten Voraussetzungen werden 67 Prozent des Nettoentgelts als Entschädigung gewährt (bis zu sechs Wochen, max. 2.016 Euro monatlich).
  • Anspruch haben erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern bis zum 12. Lebensjahr oder von Kindern mit Behinderungen, welche auf Hilfe angewiesen sind.
  • Voraussetzung ist, dass diese Betroffenen keine anderweitige zumutbare Betreuung realisieren können (z. B. durch den anderen Elternteil oder Notbetreuung, Risikogruppen wie z. B. die Großeltern müssen nicht herangezogen werden).

Zweites Sozialschutzpaket:

  • stufenweise Anhebung des Kurzarbeitergelds (befristet bis 31.12.2020)
  • ab dem vierten Monat des Bezugs auf 70 bzw. 77 Prozent, ab dem siebten Monate des Bezugs auf 80 bzw. 87 Prozent
  • Hinzuverdienstmöglichkeit mit einer Grenze bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens für alle Berufe (bis 31.12.2020 verlängert)
  • Corona-Steuerhilfegesetz (Stand 19.05.20, noch nicht endgültig verabschiedet):
  • Arbeitgeber-Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld bis 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt steuerfrei.

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