Ermittlung der Hinzurechnungsbeträge : Die Altersversorgung im öffentlichen Dienst
In der Entgeltabrechnung des öffentlichen Dienstes sind neben arbeits- und tarifvertraglichen Besonderheiten auch spezielle Regelungen im Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht zu beachten. Neben den auch in der Privatwirtschaft allgemeingültigen Vorschriften, wie z. B. der Frage, welche Zahlungen überhaupt zum steuerpflichtigen Arbeitslohn bzw. zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt gehören, können die sogenannten Hinzurechnungsbeträge das Steuer- und das Sozialversicherungsbrutto (SV-Brutto) erhöhen.
Diese Hinzurechnungsbeträge entstehen im Rahmen umlagefinanzierter Pensionskassen, wie sie im öffentlichen Dienst zu finden sind. Dabei kann es sich sowohl um eine ausschließlich umlagefinanzierte (z. B. VBL Abrechnungsverband West) als auch um eine gemischt finanzierte Pensionskasse (z.B. VBL Abrechnungsverband Ost) handeln. Gemischt finanziert bedeutet, dass neben der Umlage auch Beiträge zur Finanzierung erhoben werden. Neben der Erläuterung der unterschiedlichen Begrifflichkeiten wie Umlage, Beitrag, Eigenbeteiligung und Sanierungsgeld beschreibt dieser Artikel Schritt für Schritt die Ermittlung der Hinzurechnungsbeträge.
Umlagen, Beiträge und Eigenbeteiligung
In einem umlagefinanzierten System werden mit den laufenden Einnahmen – den Umlagen – im Wesentlichen die laufenden Rentenleistungen gezahlt. Die geleisteten Umlagen werden nicht für künftige Renten angespart, sondern für die aktuellen Rentenverpflichtungen ausgegeben.
In einem kapitalgedeckten Altersversorgungssystem zahlt der Arbeitgeber Beiträge ein, die dann für die später zu leistenden Renten angespart werden. Durch Beiträge werden also keine laufenden Rentenleistungen finanziert. Zusatzbeiträge können erhoben werden, um einen Kapitalstock zur schrittweisen Umstellung des Finanzierungsverfahrens auf eine Kapitaldeckung aufzubauen.
Eine Eigenbeteiligung des Beschäftigten an den Kosten der Zusatzversorgung kann per Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag vereinbart werden. Schuldner der Eigenbeteiligung des Beschäftigten gegenüber der Zusatzversorgungskasse ist stets der Arbeitgeber.
Sanierungsgelder
Die Zusatzversorgung wurde zum 01.01.2002 durch den Altersvorsorgeplan sowie den Altersvorsorgetarifvertrag (ATV) und den Altersvorsorgetarifvertrag-Kommunal (ATV-K) grundlegend neu gestaltet. Die im alten System (Gesamtversorgungssystem) erworbenen Anwartschaften wurden nach dem bisherigen Recht unter Anwendung von Übergangsregelungen ermittelt. Die so festgestellten Anwartschaften wurden in Versorgungspunkte umgerechnet (deshalb Punktesystem) und dem Versorgungskonto gutgeschrieben (Startgutschrift). Das Sanierungsgeld dient der Finanzierung der ungedeckten Versorgungsversprechen aus dem „alten“ Gesamtversorgungssystem.
§ 65 der VBL-Satzung führt aus: „Infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels vom Gesamtversorgungssystem zum Punktemodell erhebt die VBL entsprechend dem periodischen Bedarf von den Beteiligten mit Pflichtversicherten im Abrechnungsverband West ab 01.01.2002 pauschale Sanierungsgelder zur Deckung eines zusätzlichen Finanzierungsbedarfs … der zur Finanzierung der vor dem 01.01.2002 begründeten Anwartschaften und Ansprüche (Altbestand) dient.“
Es gibt auch Zusatzversorgungskassen, die keine Sanierungsgelder erheben. So schreibt die BVK Zusatzversorgung (wird von der Bayerischen Versorgungskammer BVK verwaltet) in ihrem Rundschreiben vom August 2016 Folgendes: „Nach dem Systemwechsel im Jahr 2002 wurden die damaligen Umlagesätze der Zusatzversorgungseinrichtungen auf dem Stand von November 2001 eingefroren. Soweit die Kassen nicht in eine (teilweise) Kapitaldeckung eingestiegen sind, konnten sie für einen eventuellen zusätzlichen Finanzierungsbedarf infolge der Systemumstellung sog. Sanierungsgelder erheben. Da die BVK Zusatzversorgung nach dem Systemwechsel alsbald einen Umstieg in eine teilweise Kapitaldeckung vollzogen hat, ist ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf zu keinem Zeitpunkt eingetreten. Vielmehr wurde neben einer abgesenkten Umlage ein sog. Zusatzbeitrag erhoben, durch die neu entstehenden Anwartschaften kapitalgedeckt angespart wurden.
Steuerliche Behandlung umlagefinanzierter Pensionskassen (§ 3 Nr. 56 EStG)
Zuwendungen des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten (= umlagefinanzierten) betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans vorgesehen ist, sind nach § 3 Nr. 56 EStG steuerfrei, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr drei Prozent (bis 2019 zwei Prozent) der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) West der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.
Vorrang der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG
Die steuerfreien Beträge nach § 3 Nr. 56 EStG für eine umlagefinanzierte Pensionskasse sind um die Beiträge zu mindern, die bereits in eine kapitalgedeckte Versorgungseinrichtung nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei gezahlt werden.
Die Steuerfreibeträge nach § 3 Nr. 56 EStG stehen somit nur so weit zur Verfügung, als nicht bereits nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei geleistete Zahlungen auf die Höchstbeträge angerechnet werden (§ 3 Nr. 56 Satz 3 EStG). Dies gilt unabhängig davon, ob die nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei gestellten Beiträge rein arbeitgeberfinanziert sind oder auf einer Entgeltumwandlung beruhen.
Die Rechengrößen in der Zusatzversorgung der VBL West
Reihenfolge der Versteuerung der Umlage am Beispiel der VBL
- Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 56 EStG
Achtung: Es ist zu prüfen, ob der Freibetrag nicht bereits ganz oder teilweise durch Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG aufgebraucht wurde (z. B. durch eine Entgeltumwandlung).
- Pauschalversteuerung der Umlage nach § 40b EStG
Bei Tarifbindung maximal monatlich 92,03 Euro (VBL West)
Ohne Tarifbindung maximal 146 Euro monatlich
- Individuelle Versteuerung nach den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM)
Aufgrund tariflicher Regelung ist stets zuerst die Pauschalversteuerung anzuwenden. Ist diese „aufgebraucht“, erfolgt die individuelle Versteuerung.
Und was sagt die Sozialversicherung?
Die Umlage des Arbeitgebers erhöht auch das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt. Zum einen zählt der vom Arbeitnehmer zu versteuernde Teil der Umlage in voller Höhe zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt. Des Weiteren kann ein zusätzlicher Hinzurechnungsbetrag das SV-Brutto erhöhen. Die genaue Berechnungsweise wird an entsprechender Stelle in dem nachfolgenden Beispiel erläutert. Um die Darstellung bzw. das Nachvollziehen zu vereinfachen, wird dieser SV-Hinzurechnungsbetrag in zwei Teile „gesplittet“.
Siehe Beispiel oben.
Verteil- und Aufzehrmodell
Beim Verteilmodell (auch Verteilermodell genannt) wird, wie in unserem Beispiel, der steuerfreie Betrag in gleichen Teilen auf die zur Verfügung stehenden Monate verteilt. Beim Aufzehrmodell hingegen werden die tatsächlichen Umlagen in den ersten Monaten so lange steuerfrei gestellt, bis der Freibetrag vollständig aufgebraucht (aufgezehrt) ist.
Frank Müller, Betriebswirt (VWA) Beratung/Training Entgeltabrechnung www.frag-den-mueller.de