Abo

Blog „Entgelt & Co.“ – Menschlichkeit versus Effizienz : Die Schattenseiten der Digitalisierung im HR-Bereich

Zweifellos hat die Digitalisierung viele Bereiche unseres Lebens transformiert und erhebliche Vorteile mit sich gebracht. Im Bereich Human Resources (HR) beispielsweise haben digitale Technologien den Rekrutierungsprozess beschleunigt, die Verwaltung von Mitarbeiterdaten vereinfacht sowie die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Managern verbessert. Doch wie bei jedem technologischen Fortschritt gibt es auch Schattenseiten, insbesondere im HR-Bereich. Die Virtualität birgt Risiken und kann zu Verlusten führen, wenn sie nicht mit Bedacht eingesetzt wird.

Lesezeit 3 Min.

Die Hauptgefahr der Digitalisierung im HR-Bereich ist meines Erachtens die Entfremdung der Mitarbeiter:in. Da viele Prozesse automatisiert oder digitalisiert werden, nimmt der persönliche Kontakt zwischen Mitarbeitern und Personalverantwortlichen ab. Die Interaktion wird auf E-Mails, Onlineplattformen oder Chatrooms beschränkt, was zu einer verringerten persönlichen Bindung und einem Mangel an Empathie führen kann. Ebenso führt es zu eine geringeren Mitarbeiterzufriedenheit, einem geringeren Engagement und letztendlich zu einer höheren Fluktuation.

Überbetonung der Daten und Metriken

Blog Entgelt und Co.
Blog Entgelt und Co.

Durch Digitalisierung können ausführliche und umfangreiche Daten über die Mitarbeiter:innen gesammelt und natürlich analysiert werden. Diese Informationen nutzen dann die Unternehmen, um Leistungsbewertungen durchzuführen und demnach Entscheidungen über beispielsweise Beförderungen zu treffen oder sogar Kündigungen zu begründen. Solch einen Herangehensweise führt klar zu einer Verzerrung der tatsächlichen Realität. Daten und Metriken sollten als Werkzeuge zur Unterstützung von Entscheidungen und zur Messung des Fortschritts verwendet werden, aber nicht das alleinige Kriterium sein. Also keine Verschiebung von subjektiven Einschätzungen zu reinen Zahlen. Die individuellen Stärken und Schwächen der Mitarbeiter:innen müssen berücksichtigt werden, ansonsten können Talente übersehen und potenzielle Probleme nicht erkannt werden. Doch viele Unternehmen verkennen gerade diese Problematik.

Daher mein Apell: Eine ausgewogene Berücksichtigung qualitativer Aspekte und menschlicher Einschätzungen ist entscheidend, um ein umfassendes Verständnis einer Situation zu entwickeln und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Diskriminierung und Voreingenommenheit im Bewerbungsprozess

Mit der Einführung von Bewerbungsportalen und automatisierten Auswahlverfahren haben sich die traditionellen Bewerbungsprozesse stark verändert. Algorithmen und KI-Systeme werden häufig für die Vorabauswahl von Bewerberinnen und Bewerbern eingesetzt, um den Rekrutierungsprozess effizienter zu gestalten. Dadurch geht oft die persönliche Note verloren. Bewerber:innen müssen sich nun an Algorithmen anpassen, um überhaupt eine Chance auf ein Vorstellungsgespräch zu erhalten. Das hat zur Folge, dass qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten aussortiert werden, die nicht den vordefinierten Kriterien entsprechen.

Die Schattenseiten der Digitalisierung-min
Die Schattenseiten der Digitalisierung-min

Hinweis: Solche Systeme können unbewusste Voreingenommenheit und Vorurteile widerspiegeln, die in den Daten eingebettet sind oder von den Entwicklern stammen. Das führt wiederum zu einer Verletzung der Chancengleichheit, wenn beispielsweise bestimmte Gruppen von Bewerberinnen und Bewerbern aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder anderen geschützten Merkmalen benachteiligt werden.

Informationsüberlastung

Neben direkten Auswirkungen gibt es auch indirekte Auswirkungen, nämlich die Entstehung von Informationsüberlastung. Durch die ständige Verfügbarkeit von Informationen und Kommunikationskanälen werden Mitarbeiter:innen von einer Vielzahl digitaler Tools und Plattformen überwältigt. Die permanente Erreichbarkeit und die Nutzung von Technologien führen zu einer Überlastung.

Mitarbeiter:innen haben teilweise Schwierigkeiten, Arbeit und Privatleben voneinander zu trennen. Denn diese ständige Verfügbarkeit von E-Mails und die Möglichkeit, jederzeit online zu sein, verschlechtert die Work-Life-Balance.

Um dem entgegenzuwirken, könnten Unternehmen ganz klare Kommunikationsrichtlinien festlegen und so den Informationsfluss organisieren. Oder hilfreich wäre auch eine „digitale Entgiftungsphase“. Das heißt, regelmäßig bewusst auf digitale Medien und Kommunikation zu verzichten, zum Beispiel in Form von festgelegten Pausen während des Arbeitstages.

Fazit

Vorteile bietet die Digitalisierung im HR-Bereich zweifellos, aber wir dürfen nicht die Kehrseite übersehen. Die Entmenschlichung von Bewerbungsprozessen, mangelnde Transparenz bei algorithmischen Entscheidungen oder der Verlust persönlicher Interaktion und nicht zu vergessen die Datenschutzrisiken sind ernstzunehmende Aspekte, die angegangen werden müssen. Es ist wichtig, dass Unternehmen weiterhin den Menschen in den Mittelpunkt stellen und sicherstellen, dass die digitale Transformation im HR-Management nicht zulasten der Mitarbeiter:innen geht.

 

Janette Rosenberg

Diesen Beitrag teilen: